Bundesliga

Rafalski und Aytekin über Diskriminierung von Unparteiischen

Zwei Spitzen-Schiedsrichter über Diskriminierungen

Aytekin: "Es kann mit 'Kartoffel' losgehen und zur Schlägerei ausarten"

Katrin Rafalski und Deniz Aytekin äußerten sich im kicker-Interview über Diskriminierung von Schiedsrichtern.

Katrin Rafalski und Deniz Aytekin äußerten sich im kicker-Interview über Diskriminierung von Schiedsrichtern. imago

Der Aktionsspieltag der DFL an diesem Wochenende innerhalb der internationalen Wochen gegen Rassismus steht unter dem Motto "Stop racism - Misch Dich ein". Alle 36 Klubs setzten Zeichen im Kampf gegen Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung. An diesem Montag veröffentlicht der DFB ein Video mit den beiden Top-Schiedsrichtern Katrin Rafalski und Deniz Aytekin, die gemeinsam mit Oberliga-Schiedsrichter Kisanet Zekarias erklären, wie die Unparteiischen mit Diskriminierungsvorfällen umgehen sollen.

Hintergrund der Aktion ist auch, dass laut dem Lagebild des deutschen Amateurfußballs in der vergangenen Saison in Deutschland 911 Fußballspiele aufgrund von Gewalt- oder Diskriminierungsvorfällen abgebrochen wurde, so viele wie noch nie. Laut einem Dreistufenplan ist der Spielabbruch jedoch nur das letzte Mittel, zuvor sind Spielunterbrechungen und Stadiondurchsagen angesagt. Aytekin, Rafalski und Zekarias plädieren für ein frühes Einschreiten, gerade in unteren Ligen, wo keine Kameras oder Mikrofone am Spielfeldrand stehen. "Da kann es mit 'Kartoffel' losgehen und leider auch mal zur Schlägerei ausarten", so Aytekin.

Hier muss auch auf jeden Hinweis sensibel reagiert werden, falls wir den Vorfall nicht selbst wahrgenommen haben.

Deniz Aytekin

Bei solchen oder ähnlichen Vorfällen sei Weghören kein Thema. "Hier muss auch auf jeden Hinweis sensibel reagiert werden, falls wir den Vorfall nicht selbst wahrgenommen haben", betont Aytekin. "Sobald es um ein unveränderliches äußerliches Merkmal wie Hautfarbe, Geschlecht, Behinderung oder sexuelle Orientierung geht, sprechen wir von einer Diskriminierung. Dann gibt es keinen Handlungsspielraum", erklärt Rafalski. Die Schiedsrichterin glaubt, "in der Gesellschaft nehmen die Probleme zu, weil dafür viel zu viel Spielraum gelassen wird."

Wie die Reaktionen auf einen Vorfall funktionieren können, zeigte sich 2020 bei Drittligaspiel in Münster gegen Würzburg, als beim Einwurf von Würzburgs Leroy Kwadwo Affenlaute von der Tribüne kamen. "Das Publikum ächtete mit Nazi-raus-Rufen direkt den Täter, der dann vom Ordnungsdienst aus dem Stadion geführt wurde", erinnert sich Rafalski, die damals als Schiedsrichterin fungierte. Ihr Team sei ebenso wie die beiden Mannschaften auf den Betroffenen eingegangen. "Leroy hat sich auch in der Lage gefühlt weiterzuspielen, man merkte ihm aber an, dass es ihn stark mitgenommen hat. Ich glaube, erst wenn es sich gesetzt hat, realisiert man, was wirklich passiert ist", so Rafalski.

Im Amateurbereich sind die Probleme größer als bei den Profis

Im Amateurbereich seien die Probleme größer als bei den Profis. "Wenn wir 36 Erst- und Zweitligaklubs haben, insgesamt aber 24.000 Vereine und insgesamt 127.000 Mannschaften, ist es klar, dass solche Vorfälle im Amateurbereich häufiger vorkommen. Gerade in den unteren Ligen fühlen sich Schiedsrichter oft nicht richtig gesehen, daher ist es umso wichtiger, diese Sichtbarkeit herzustellen und Impulse zum Handeln zu geben. Mit dem "Jahr der Schiris" und dieser Aktion können wir vom Profibereich bis zur Basis alle mitnehmen und für diese Probleme sensibilisieren", sagt Aytekin.

Ein ausführliches Interview mit Katrin Rafalski und Deniz Aytekin lesen Sie in der Printausgabe des kicker am Montag - und im eMagazine. Darin äußern sich die Top-Schiris auch zum Respekt der Offiziellen und Spieler im Männer- und Frauenfußball sowie zur Einbindung der Unparteiischen in die Fußball-Familie, die durch das "Jahr der Schiris" verbessert werden soll.

Michael Ebert, Carsten Schröter-Lorenz