2. Bundesliga

Aus dem Pott in den Pott: Das ist Karel Geraerts

Der neue Schalker Trainer im Portrait

Aus dem Pott in den Pott: Das ist Karel Geraerts

Erfolgreich mit St. Gilloise, erfolgreich mit Victor Boniface und auch erfolgreich mit dem FC Schalke? Karel Geraerts.

Erfolgreich mit St. Gilloise, erfolgreich mit Victor Boniface und auch erfolgreich mit dem FC Schalke? Karel Geraerts. imago images

Als der belgische Fußball-Erstligist Union Saint-Gilloise am Ende der Saison 2021/22 seinen Trainer Felice Mazzu an den RSC Anderlecht verlor, schien dies das Ende eines Märchens. Schließlich war es Mazzu gewesen, der den Verein in die erste Liga und dort als Aufsteiger auf Anhieb zum Vizemeistertitel geführt hatte. Mazzus schweres Erbe trat sein damaliger Assistent an, und nur ganz wenige glaubten daran, dass jener Karel Geraerts dieser Mammutaufgabe gewachsen sein würde.

Geraerts, der als zentraler Mittelfeldspieler auf dem Platz pflichtbewusst, aber eher dröge zu Werke ging? Geraerts, den alle als introvertierten Typen kannten - und als eher erfolgslos?

Klubs erfolgreich nach Geraerts' Abschied und eine düstere Phase

Seine Blütezeit hatte er im Trikot von Club Brügge zwischen 2007 und 2011 (117 Spiele/15 Tore), allerdings reichte es dort ebenso wenig zu nationalen Trophäen wie zuvor bei Standard Lüttich. Die Vereine von Geraerts wurden immer dann erfolgreich, wenn der Blondschopf schon weg war. Und auch seine Zeit in der Nationalmannschaft, für die er zwischen 2005 und 2009 20 Länderspiele absolvierte, gilt im Rückblick als eine düstere Zeit der "Roten Teufel".

Umso überraschender, dass Geraerts bei Union Saint-Gilloise derart reüssierte, dass Mazzu beim Traditionsverein aus der Brüsseler Peripherie schon bald vergessen war. Dabei gelang es dem Neu-Chefcoach sogar, schmerzvolle Abgänge wie die des heutigen Stuttgarters Deniz Undav zu kompensieren.

Leidtragender als Saint-Gilles das Schalke-Trauma wie 2001 erlebte  

Und fast hätte ausgerechnet Geraerts für ein Happy End des von Mazzu begonnenen Märchens gesorgt: Nur wenige Minuten waren am letzten Spieltag der vergangenen Saison noch zu spielen, als Union im spannendsten Titelrennen der belgischen Fußballgeschichte virtuell Meister war. Dann aber traf Royal Antwerpen noch in der Nachspielzeit und schnappte Union den Titel weg.

Fast in Vergessenheit geriet dabei, dass Geraerts seine Union in den Monaten zuvor, dank eines überragenden Victor Boniface (jetzt Leverkusen), auch noch bis ins Viertelfinale der Europa League geführt hatte. Und so wurde er nach 33 Siegen in 51 Pflichtspielen in Belgien zum "Trainer des Jahres" gekürt.

Ich habe kein Gehalt wie in Saudi-Arabien gefordert.

Karel Geraerts

Für Geraerts war dies allerdings gleichzeitig das Ende seiner kurzen, aber ungeahnt erfolgreichen Zeit bei Union Saint-Gilloise. Beide Seiten wollten den laufenden Vertrag verlängern, konnten sich aber nicht auf die Bedingungen einigen. "Ich habe kein Gehalt wie in Saudi-Arabien gefordert", beteuerte Geraerts, nachdem er bei Union trotz der Beinah-Meisterschaft entlassen worden war. Danach, im Sommer 2023, war Geraerts sowohl als neuer Cheftrainer von Club Brügge als auch als Coach der belgischen U-21-Nationalmannschaft im Gespräch - ohne dass es zu einer Einigung kam.

Berüchtigt war Geraerts' Umschaltspiel

Aus taktischer Sicht hat Karel Geraerts in Belgien meist ein 3-5-2 spielen lassen, wie es bereits sein Vorgänger Mazzu praktizieren ließ. Berüchtigt war in dieser Zeit Unions Umschaltspiel. Nach Ballgewinnen im bärenstark spielenden defensiven Mittelfeld ging es schnell über die Flügel, von wo aus die meiste Gefahr entstand.

Besondere Spiele für Karel Geraerts

Geraerts hat Union, was niemand für möglich hielt, sogar noch besser gemacht. Mazzu hatte vor allem davon profitiert, dass Union unterschätzt wurde und so gefährlich kontern konnte. Geraerts aber impfte den Brüsselern mehr Dominanz ein, steigerte den durchschnittlichen Ballbesitz des Teams gleich um mehrere Prozentpunkte. Nach außen wirkte Geraerts immer schon kühl und distanziert, aber in der Kabine hat er seine Spieler stets erreicht - wenn auch weniger väterlich als sein Vorgänger Mazzu.

Geraerts stammt im Übrigen aus der belgischen Region Limburg, die für seine Vergangenheit als Steinkohlerevier bekannt ist - jahrzehntelanger Strukturwandel inklusive. Er selber sagt bis heute: "Ich bin stolz auf meine Herkunft."

Und was könnte zu einem neuen Schalker Trainer wohl besser passen, als in der Kindheit Revierluft geatmet zu haben ...

Boris Cremer

Von 0,4 bis 2,0: Schalker Cheftrainer seit 2003 und ihr Punkteschnitt