Handball

Handball-EM: Auf Heinevetters Heldentat folgt Prokops Rüge

Als Nordmazedonien 2018 erstmals jubelte

Auf Heinevetters Heldentat folgt Prokops Rüge

Eine Heldentat, die am Ende doch zu wenig war: Silvio Heinevetter verwehrt Kreisläufer Stojance Stoilov das womöglich entscheidende Tor.

Eine Heldentat, die am Ende doch zu wenig war: Silvio Heinevetter verwehrt Kreisläufer Stojance Stoilov das womöglich entscheidende Tor. Sascha Klahn

Aus Berlin berichtet Maximilian Schmidt

Fünfmal spielte eine deutsche Handball-Nationalmannschaft bislang gegen Nordmazedonien. Nach vier Siegen gab es vor ziemlich genau sechs Jahren, am 17. Januar 2018, das erste Unentschieden - ein denkwürdiges. Nach einem überzeugenden 32:19-Auftaktsieg gegen Montenegro steht der Titelverteidiger auf Grund eines 25:25 gegen Slowenien im dritten Spiel unter Druck. 

2. Spieltag in Gruppe A

Kurz vor Schluss steht das DHB-Team allerdings mit dem Rücken zur Wand. In der letzten Spielminute haben die Nordmazedonier beim Stand von 25:25 die Chance auf den möglichen Siegtreffer. Bei einem Freiwurf rechnet die deutsche Mannschaft fest mit einem Wurf von Kiril Lazarov, heutiger Nationaltrainer, und vergisst den brandgefährlichen Kreisläufer Stojance Stoilov völlig aus den Augen. Dieser hat die Riesenchance auf den 26. Treffer des Außenseiters, scheitert aber völlig frei am gewohnt spektakulär durch die Lüfte segelnden Silvio Heinevetter.

Nun galt es nur noch, die Heldentat des damaligen Füchse-Keepers zu vergolden und sich als Gruppensieger in die Hauptrunde zu verabschieden. Bundestrainer Christian Prokop nimmt elf Sekunden vor dem Ende eine Auszeit. Als ein Spieler im Timeout zuerst das Wort ergreift, schreit Prokop "Ruhe", um sich Gehör zu verschaffen. Der heutige Coach der TSV Hannover-Burgdorf zeigt klare Optionen auf und sagt abschließend: "Wir gehen volle Pulle auf den Wurf oder das Kreis-Rückanspiel. Wir kriegen keine zweiten Chance, macht das mit 100 Prozent."

Webers Fehlentscheidung sorgt für Unmut

Philipp Weber trifft auf halblinks die Entscheidung, allerdings eine sehr schlechte. Er entscheidet sich für den Diagonalpass auf Rechtsaußen, wo Patrick Groetzki aus dem Nullwinkel zum Wurf abheben will, aber an Dejan Manaskov abprallt. Zeit abgelaufen. Während Groetzki gen Bank humpelt, kracht noch ein direkter Freiwurf aus unmöglichem Winkel von Steffen Fäth in den Block der Nordmazedonier.

Während der Außenseiter gemeinsam mit den enthusiastischen Fans den Gruppensieg in Zagreb feiert, gehen die Köpfe beim DHB-Team nach unten. Prokop nimmt mit versteinerter Miene einen tiefen Schluck aus der Wasserflasche. "Ich bin einfach unglaublich sauer gerade", schimpft Torwart Andreas Wolff. Bob Hanning, damaliger DHB-Vizepräsident, kritisiert: "Die letzte Aktion war einfach nicht gut genug. Da haben wir den Sieg leichtfertig vergeben."

Da sind heute zu viele unter ihren Möglichkeiten geblieben.

Christian Prokop

Prokops Fazit schlägt in die gleiche Kerbe: "Wir spielen zu undiszipliniert die letzte Szene. Da haben wir mit Sicherheit keine glückliche Entscheidung getroffen. Da gibt es andere Lösungen, die besser gewesen wären." Der Angriff des Europameisters von 2016 lässt Tempo und Variabilität vermissen. Prokops unmissverständliche Rüge: "Da sind heute zu viele unter ihren Möglichkeiten geblieben."

Lichtblicke gibt es aber auch. Neben den überzeugenden Torhütern Wolff und Heinvetter macht Steffen Weinhold mit acht Toren ein bärenstarkes Spiel. Und die Nachnominierung von Finn Lemke erweist sich als goldrichtige Entscheidung. "Er hat der Abwehr die erhoffte Sicherheit und Stabilität gegeben", lobt Prokop.

Lemke: "Selten einen Gegenspieler, der mehr Gewicht in den Schuhen hat als ich"

Der 2,10-Meter-Hüne pumpt nach dem Spiel, musste im Deckungszentrum Schwerstarbeit verrichten. "Ich habe selten einen Gegenspieler neben mir stehen, der mehr Gewicht in den Schuhen hat als ich", gesteht Lemke hinterher: "Der Stoilov ist, glaube ich, noch ein bisschen schwerer."

Der Rückkehrer versprüht trotz des zweiten Unentschiedens in Folge Optimismus. "Ich habe richtig Bock auf die Hauptrunde. Das werden coole Spiele", glaubt Lemke. "Dänemark ist geil, Spanien macht immer Spaß und Tschechien ist eine Wundertüte."

Auch Kreisläufer Patrick Wiencek ist weit davon entfernt, den Kopf in den Sand zu stecken: "Vor zwei Jahren hat man gesehen, was mit zwei Punkten in der Hauptrunde möglich ist." Damals wurde Deutschland Europameister, 2018 folgen dem Sieg gegen Tschechien (22:19) knappe Niederlagen gegen Dänemark (25:26) und den späteren Europameister Spanien (27:31). Prokop kann es Vorgänger Dagur Sigurdsson nicht gleichtun und wird nur Neunter.

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