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Antisemitismus-Vorfall beschäftigt Berlin

Zwei A-Jugend-Spieler zwei Jahre gesperrt - CFC Hertha in der Kritik

Antisemitismus-Vorfall beschäftigt Berlin

"Völlig inakzeptabel und nicht mit den in der Satzung verankerten Werten vereinbar": BFV-Präsident Bernd Schultz verurteilte die Geschehnisse.

"Völlig inakzeptabel und nicht mit den in der Satzung verankerten Werten vereinbar": BFV-Präsident Bernd Schultz verurteilte die Geschehnisse. IMAGO/Matthias Koch

Im November 2022 wurde die U 19 des TuS Makkabi Berlin während des Bezirksliga-Gastspiels beim CFC Hertha 06 Opfer antisemitischer Beleidigungen. Es war nicht der erste Vorfall dieser Art für den Klub mit jüdischen Wurzeln. Zwei Spieler der Gastgeber wurden daraufhin für zwei Jahre vom Berliner Fußballverband (BFV) gesperrt. Einer soll den Hitlergruß gezeigt, der andere von außen aufs Spielfeld geschrien haben: "Ich verbrenne euch und eure dreckige Fahne, ihr Bastarde. So wie das die Deutschen mit euch gemacht haben." Zudem muss der Verein eine Geldstrafe von 1500 Euro zahlen und erhielt einen Punktabzug von drei Zählern.

Durch die ARD-Reportage "Judenhass auf Deutschlands Sportplätzen" kochte das Thema in den vergangenen Tagen in der Hauptstadt und über deren Grenzen hinaus wieder hoch. Viel Kritik gab es für den Vorsitzenden des Charlottenburger FC Hertha 06, Ergün Cakir, dessen Sohn einer der beiden gesperrten Akteure ist. Cakir äußerte sich vor laufender Kamera erschreckend. Zwar verurteilte er die Geschehnisse, sprach aber von Provokation durch einen Gäste-Zuschauer, der eine Israel-Flagge bei sich hatte und den mitgereisten Makkabi-Anhang mit Shalom begrüßte: "Da gibt es keinen, mit dem man sich hinsetzen und reden kann, sondern die sagen von vornherein: Wir sind Juden, wir haben das Recht, wir können alles machen, was wir wollen." Über das Fehlverhalten seines Sprösslings, sagte der Leiter einer großen Berliner Baufirma: "Mein Sohn wird in seinem kompletten Leben die Juden hassen." Das wisse er zu 100 Prozent.

Verband leitet Sportgerichtsverfahren ein

Der BFV hat mittlerweile auf Cakirs Aussagen in der Reportage reagiert und ein sportgerichtliches Verfahren eingeleitet. "Die von Ergün Cakir getroffenen Äußerungen sind aus Sicht des Berliner Fußball-Verbands völlig inakzeptabel und nicht mit den in der Satzung verankerten Werten vereinbar", erklärt BFV-Präsident Bernd Schultz in einem Statement des Verbandes. Die Einleitung des Verfahrens sei daher eine folgerichtige Konsequenz. Der BFV nehme den Antisemitismus auf den Berliner Fußballplätzen als ernstes Problem wahr, dem er seit Jahren durch verschiedene Maßnahmen entgegenwirke.

Für Heike Schmitt-Schmelz habe Cakir durch seine Aussagen "die Grenze des Erträglichen überschritten", so die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und Sportstadträtin von Charlottenburg-Wilmersdorf. Sie sei über den Vorfall zutiefst bestürzt gewesen. "Dass das in keiner Weise mit dem vereinbar ist, wofür die Bundesrepublik seit den Verbrechen der Schoah steht, erschüttert nicht nur mich umso mehr", so Schmitt-Schmelz. Sie erwarte nun, dass sich der Verein umgehend in aller Deutlichkeit von seinem Vorsitzenden distanziert und mit seinen Strukturen auseinandersetze.

Laut einer Pressemitteilung der Charlottenburger, in der sich der Verein von jeglicher Art der Diskriminierung und des Antisemitismus distanziert, habe man bereits intern Maßnahmen zur Aufarbeitung der Vorfälle eingeleitet und werde sich mit kompetenter Unterstützung der Präventionsarbeit gegen Antisemitismus widmen. Die A-Jugend von Makkabi wolle man nun als "ersten Sofortschritt" zum Essen einladen und in der Zukunft auch Begegnungen schaffen. "Wir haben konkrete Überlegungen und werden Gespräche mit TuS Makkabi und der jüdischen Gemeinde suchen. Wir werden jede Hilfe zur Bekämpfung von Hass, Gewalt, Antisemitismus und Diskriminierung annehmen. Wir hätten uns präventive Strafen wie zum Beispiel einen Antisemitismuskurs gewünscht. Das ist regelmäßig zielführender als 'Wegsperren' von Jugendlichen."

Entzug der Sportförderung und -flächen droht

Jedoch schreibt der Klub auch, dass Cakir bei seinen Aussagen missverstanden worden sei. "Sperren und Strafen sind weniger erfolgsorientiert, sondern befeuern Vorurteile. Das wollte unser Präsident im Interview zum Ausdruck bringen."

Ob die eingeleiteten Schritte Schmitt-Schmelz genügen, wird sich zeigen. Denn: "Sollte dieser Vorfall im Verein keine nachhaltigen Konsequenzen haben, lasse ich bereits Maßnahmen prüfen, die bis zum Entzug der Sportflächen und auch der öffentlichen Sportförderung gehen. Das vom Vereinsvorsitzenden gezeigte Verhalten ist inakzeptabel für die weltoffene Sportmetropole Berlin."

dw

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