Bundesliga

Jerome Boateng über Carlo Ancelottis Aufstellung: "Die Spieler waren geschockt"

Boateng über Bayerns Trainerwechsel und seinen Körper

Ancelottis Aufstellung: "Die Spieler waren geschockt"

Sein Verhältnis zum FC Bayern war abgekühlt - doch das ist vorbei: Jerome Boateng.

Sein Verhältnis zum FC Bayern war abgekühlt - doch das ist vorbei: Jerome Boateng. imago

Das Testspiel gegen England heute Abend (21 Uhr, LIVE! bei kicker.de) verpasst Jerome Boateng (29) mal wieder aus bekannten, nämlich gesundheitlichen Gründen . Doch diesmal fehlt der Mann, der seit Anfang 2016 von Muskelbündelrissen, Schulterblessuren und diversen anderen Verletzungen heimgesucht wurde, "eher aus Vorsicht", wie er im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" betont: "Nicht, dass ich gleich wieder in die nächste Verletzung rein renne."

Er hat jetzt erst mal genug, spricht von einer "finsteren Zeit", die hinter ihm liegt, und dem letzten Spiel, bei dem er in Topform war: "Das", sagt Boateng, "muss das EM-Viertelfinale gewesen sein. Im Halbfinale gegen Frankreich sind dann die Muskelbündel wieder gerissen." Das EM-Viertelfinale, jenes 6:5 i.E. gegen Italien, ist knapp 500 Tage her.

Spielersteckbrief J. Boateng
J. Boateng

Boateng Jerome

Niemand geht zum Trainer und sagt: Trainer, lass mich raus, ich bin ein bisschen müde.

Jerome Boateng

In dieser Zeit wollte Boateng zu viel, die Vernunft musste sich manchmal hinten anstellen. "Als Fußballer willst du halt die EURO spielen", erinnert er sich, "und das ging ja auch gut bis zum Halbfinale. Aber an dem Tag hab' ich mich schon morgens nicht richtig gut gefühlt, ich war ein bisschen müde und nicht so spritzig. Aber niemand geht zum Trainer und sagt: Trainer, lass mich raus, ich bin ein bisschen müde." Zuvor hatte er schon das Champions-League-Halbfinale gegen Atletico Madrid (0:1/2:1) "unbedingt" spielen wollen. "Aus heutiger Sicht war das sicher grenzwertig."

"Zu schnell zu viel wollen: Das will ich nie mehr machen"

Die Lehre: Boateng nimmt sich jetzt mehr Pausen. "Also nicht mehr zu sagen: Okay, ich bin jetzt seit einem Tag offiziell wieder fit, also los geht's - sondern eher zu sagen: Ich bin jetzt fit, und jetzt baue ich noch mal zwei Wochen auf, bevor ich wieder spiele. Zu schnell zu viel wollen: Das will ich nie mehr machen."

Das Gruppenspiel gegen Paris St. Germain (0:3) vor einigen Wochen war wieder so ein Spiel, das Boateng unbedingt spielen wollte, und diesmal sprach gesundheitlich auch nichts dagegen. Doch Carlo Ancelotti strich mehrere große Namen aus der Startelf, Boateng sogar aus dem Kader. "Das war schon sehr seltsam", wundert er sich noch heute. "Wir saßen im Besprechungsraum, und fünf von uns wurde dann anderthalb Stunden vor dem Spiel gesagt, dass wir nicht spielen, plötzlich und ohne jede Erklärung. Die betreffenden Spieler waren geschockt, das kann man schon so sagen."

Das gibt uns Spielern das Gefühl, dass man diesem Mann was zurückgeben möchte.

Jerome Boateng über Jupp Heynckes

Ancelotti, unter dem die Spieler, wie Boateng vorsichtig sagt, "eher nicht" bei 100 Prozent waren, weil "schon anders trainiert" wurde, musste gehen, Jupp Heynckes kehrte zurück. "Er ist für mich mehr als nur der Trainer, mit dem wir 2013 das Triple geholt haben", schwärmt Boateng. "Wir haben auch nach seinem Abschied immer wieder telefoniert, und er gehört auch zu den wenigen, die sich melden, wenn's mal nicht so gut läuft, in meiner Verletzungszeit zum Beispiel. Seine menschliche Art ist ein großer Faktor unseres gegenwärtigen Erfolgs: Jeder Spieler fühlt sich wichtig, jeder wird ins Boot geholt. Das gibt uns Spielern das Gefühl, dass man diesem Mann was zurückgeben möchte." Jetzt verteidige man wieder gemeinsam, "zum Beispiel".

Also sagt Boateng, der im Sommer noch das Gespräch mit den Bayern-Verantwortlichen gesucht und auch einen Wechsel nicht ausgeschlossen hatte : "Ich fühle mich wieder sehr wohl in München."

jpe