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Akte Marseille: Zehn Urteile gesprochen - kein Russe dabei

Sechs Engländer, drei Franzosen und ein Österreicher

Akte Marseille: Zehn Urteile gesprochen - kein Russe dabei

Nach den Ausschreitungen von Marseille wurden nun weitere Strafen verhängt.

Nach den Ausschreitungen von Marseille wurden nun weitere Strafen verhängt. picture alliance

Ein Gericht in der südfranzösischen Hafenstadt sprach den 29-jährigen Mann schuldig, am vergangenen Donnerstag drei Menschen getreten sowie mit der Faust und dem Gürtel geschlagen zu haben. Zudem habe der Täter einem englischen Fan das Trikot entrissen und eine Fahne geklaut.

Zuvor waren bereits zwei britische Fans zu Haftstrafen von zwei beziehungsweise drei Monaten verurteilt worden.

Die Randale vor dem EM-Spiel zwischen England und Russland am Samstag hatte Furcht vor weiteren Krawallen bei der Europameisterschaft in Frankreich geschürt. Am Montag wurden nun insgesamt zehn Verdächtige im Schnellverfahren vor Gericht geführt - sechs Briten, drei Franzosen und ein Österreicher. Russische Hooligans waren bei den schweren Ausschreitungen rund um das EM-Spiel zwischen England und Russland am Samstag (1:1) nicht in Gewahrsam genommen worden.

"So bin ich eigentlich nicht"

Den fünf überführten Engländern ereilte folgendes Urteil: Sie erhielten in einem Schnellverfahren Haftstrafen von ein bis drei Monaten sowie ein zweijähriges Einreiseverbot.

Ein 41 Jahre alter Krankenpfleger aus England, der drei Monate ins Gefängnis muss, gab zu, ein Bierglas in Richtung Polizei geworfen zu haben. "Das war eine Dummheit. Meine Aufgabe ist es eigentlich, Menschen zu helfen. Ich wollte meinen Freunden imponieren", sagte er. "Ich entschuldige mich bei den Einwohnern und der Polizei von Marseille. Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort. So bin ich eigentlich nicht", ergänzte er.

Kommen viele Täter davon?

Bitter: Schuldig sind angesichts der mitgeschnittenen Bilder von den Krawallen viel mehr Personen. Mindestens 150 "perfekt vorbereitete" russische Hooligans konnten sich nach den Krawallen einer Festnahme entziehen, sagt Brice Robin, Staatsanwalt der südfranzösischen Stadt Marseille.

Die Russen waren der Überwachung offenbar entkommen, indem sie nicht mit dem Flugzeug in Marseille landeten. Inzwischen dürften sie weit weg sein - oder, was schlimmer wäre, auf dem Weg zum nächsten EM-Spiel der Russen gegen die Slowakei am Mittwoch in Lille (15 Uhr).

Brite nicht mehr in Lebensgefahr

Der im Übrigen in Marseille zu Boden geprügelte Brite befinde sich derweil weiter in einem "kritischen", aber inzwischen stabilen Zustand, sagte der Staatsanwalt. Insgesamt hatte es mindestens 35 Verletzte gegeben, darunter dem Vernehmen nach auch Unbeteiligte. Der in Lebensgefahr schwebende Engländer sei von einer Eisenstange "wahrscheinlich am Kopf" getroffen worden, berichtete die Nachrichtenagentur AFP.

"Wenn es stimmt, dass bis zur Stunde kein einziger Hooligan verhaftet worden ist, dann kann ich das angesichts der Bilder und dramatischer Vorkommnisse nicht verstehen", zeigte sich abschließend nochmals CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, bis 2015 Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, erbost.

dpa/sid/mag