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Absurde Ausgangslage: Alles zum letzten Championship-Spieltag

Warum das Zittern oben und unten weitergehen wird

Absurde Ausgangslage: Alles zum letzten Championship-Spieltag

Spannung bis zum Schluss - und darüber hinaus: BVB-Zugang Jude Bellingham, das Stadion des FC Brentford und West Broms Trainer Slaven Bilic.

Spannung bis zum Schluss - und darüber hinaus: BVB-Zugang Jude Bellingham, das Stadion des FC Brentford und West Broms Trainer Slaven Bilic. picture alliance (2)/imago images

Das Dortmunder Trikot hat er bereits in die Kamera gehalten, doch noch ist Jude Bellinghams Mission bei Birmingham City nicht beendet: Am heutigen Mittwochabend spielt er ein letztes Mal für seinen Jugendklub und will zum Abschluss den Klassenerhalt feiern. Dumm nur, dass der sich heute womöglich noch gar nicht entscheidet.

Nicht nur wegen der Corona-Umstände ist der finale Spieltag der englischen Championship, die allein wegen ihrer 46 Runden wohl zu Recht als härteste zweite Liga der Welt gilt, ein sehr ungewöhnlicher: Erstens sind oben wie unten zahlreiche Entscheidungen noch offen und zweitens wird das teilweise auch noch so bleiben.

Zweiter Matchball für West Brom - "Hipster"-Klub Brentford lauert

Sicher ist bislang nur, dass Leeds United nach 16 Jahren in die Premier League zurückkehren wird und zwar als Meister. Dahinter gibt es heute ab 20.30 Uhr einen Dreikampf um den zweiten direkten Aufstiegsplatz. West Bromwich Albion (2., 82 Punkte), das im Vorjahr in den Play-offs gescheitert war und in dieser Saison die Tabelle wochenlang anführte, hat unter Trainer Slaven Bilic die besten Aussichten, vergab aber in Huddersfield (1:2) unlängst schon den - im Nachhinein - ersten Matchball und ist seit drei Partien sieglos.

Die aktuelle Championship-Tabelle

Der FC Brentford aus London (3., 81 Punkte, gegen den Vorletzten Barnsley) ist auf Unterstützung von West Broms Gegner Queens Park Rangers angewiesen, weil er am Wochenende nach zuvor acht Siegen selbst überraschend verlor (0:1 in Stoke). Die "Bienen", trainiert vom Dänen Thomas Frank, waren kurz nach dem Zweiten Weltkrieg letztmals erstklassig und sind der Überraschungsklub der Saison. Fußball-"Hipstern" sind sie aber schon länger ein Begriff: Unter Klubbesitzer Matthew Benham, einem Wettmillionär, der auch beim dänischen Meister FC Midtjylland das Sagen hat, wird Brentford nach statistischen und mathematischen Gesichtspunkten geführt - Stichwort "Moneyball".

Fulham stellt den Toptorjäger - und muss wohl in die "Verlängerung"

Nur Außenseiterchancen auf den direkten Aufstieg hat der letztjährige Premier-League-Absteiger FC Fulham (4., 80 Punkte, in Wigan), der wie Leeds vor der Saison als Topfavorit galt und mit Aleksandar Mitrovic den Toptorjäger der Liga stellt (26 Tore).

Gut möglich, dass der Ex-Klub von André Schürrle noch ein wenig weiterzittern muss: Schon am Sonntag starten die Play-off-Halbfinals, in denen der Dritte auf den Sechsten und der Vierte auf den Fünften trifft. Mit Nottingham Forest (5., 70 Punkte), Cardiff City (6., 70 Punkte) und Swansea City (7., 67 Punkte) bewirbt sich ein Trio um die verbleibenden Tickets. Das Play-off-Finale, bei dem regelmäßig an die 200 Millionen Euro auf dem Spiel stehen, steigt am 4. August in Wembley.

Im Keller ist noch alles offen - es geht um gleich drei grüne Tische

Und nun zurück zu Bellingham in den Tabellenkeller. Dass auch im Abstiegskampf Entscheidungen erst nach dem 46. Spieltag fallen werden, hat nichts mit Play-offs zu tun, die gibt es hier nicht. Stattdessen blickt alles auf den grünen Tisch, wobei es eigentlich gleich um drei Tische geht.

Rein sportlich sieht es für Schlusslicht Hull City (45 Punkte, in Cardiff) und die drei Aufsteiger Barnsley (23., 46 Punkte, bei Brentford), Luton Town (22., 48 Punkte, gegen Blackburn) und Charlton Athletic (21., 48 Punkte, in Leeds) am schlechtesten aus. Doch in Wahrheit braucht vor allem Wigan ein Wunder. Die aus undurchsichtigen Gründen insolventen Latics (13., 58 Punkte, gegen Fulham!) haben Einspruch gegen den obligatorischen Zwölf-Punkte-Abzug eingelegt; die Chance auf Erfolg ist überschaubar, Wigan aber weiterhin nur "virtuell" Vorletzter.

Womöglich weiß noch nicht mal der Letzte, ob er wirklich abgestiegen ist

Das macht die Lage absurd. Weil auch gegen Sheffield Wednesday (16., 56 Punkte) und Derby County (12., 61 Punkte) noch zwei unabhängige Verfahren wegen der Umstände ihrer Stadionverkäufe laufen, bei denen es theoretisch zu Punktabzügen kommen könnte, weiß womöglich noch nicht einmal der Tabellenletzte heute Nacht, ob er wirklich abgestiegen ist. Die Ergebnisse der drei Verfahren werden erst in den kommenden Tagen erwartet.

Und so könnte es passieren, dass auch Bellingham ("Einmal ein Blauer, immer ein Blauer") bei seinem ersten Training in Dortmund am 30. Juli in Gedanken noch in Birmingham ist, weil er erfahren will, ob er seine Blues nun als Zweitligisten hinterlassen hat oder nicht. Nur wenn er mit ihnen heute Abend nach 14 sieglosen Pflichtspielen Derby schlägt oder wenn Charlton oder Luton nicht gewinnt, können ihnen alle grünen Tische egal sein. Eine gewisse Erfahrung bringt Birmingham immerhin mit: Im Vorjahr war es Bellinghams Klub, dem neun Punkte abgezogen wurden.

Jörn Petersen

Lesen Sie hier, wie sich der Ex-Bielefelder Julian Börner (Sheffield Wednesday) an die Duelle mit Jude Bellingham erinnert: "Es war unfassbar"

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