Handball

Handball: Sebastian Heymann hat "den härtesten Wurf der EM"

Lob von allen Seiten für Heymanns Ausrufezeichen

Wie "der härteste Wurf der EM" zur deutschen Trumpfkarte wird

Er schöpfte gegen Ungarn erstmals auch vorne sein Potenzial aus: Sebastian Heymann.

Er schöpfte gegen Ungarn erstmals auch vorne sein Potenzial aus: Sebastian Heymann. Sascha Klahn

Aus Köln berichtet Maximilian Schmidt

Nach dem 22:22 gegen Österreich hatte Alfred Gislason kein gutes Haar am deutschen Angriff gelassen. Speziell die Außen bekamen vom Bundestrainer ihr Fett weg, doch auch die Rückraumspieler hatten in den Augen des Isländers enormen Steigerungsbedarf. Dass Gislason seinen Angriff nur zwei Tage später als "phänomenal" bezeichnete, hatte auch mit Sebastian Heymann zu tun.

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Der 1,98 Meter große Modellathlet spielte eine blitzsaubere erste Hälfte, in der der linke Rückraumspieler von Frisch Auf Göppingen den Ungarn bei vier Würfen vier Tore einschenkte. "Heymann war das erste Mal so richtig im Spielfluss und insgesamt sehr gefährlich", lobt Gislason den ansonsten vor allem in der Abwehr gebrauchten Rechtshänder.

Dem gebürtigen Heilbronner war früh eine große Karriere prognostiziert worden, zwei Kreuzbandrisse schmetterten ihn jedoch zurück auf den Boden der Tatsachen. Dass er im Januar 2024 an der Heim-EM teilnehmen würde, daran hätte Heymann vor rund einem Jahr wohl selbst nicht mehr unbedingt geglaubt. Die Wiedereingliederung nach seiner zweiten schweren Knieverletzung verlief alles andere als reibungslos, zu groß waren die Schmerzen im März 2023 noch.

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Wieder einmal hat sich Heymann aber zurückgekämpft, wie so oft in seiner Karriere. Und in Gislason hat er einen der für ihn so wichtigen Fürsprecher. Immer wieder suchte der Bundestrainer nach dem Österreich-Spiel das Gespräch mit Heymann. "Er hat einfach gesagt, was er von mir möchte", erklärt der kantige Rückraumspieler mit der enormen Wurf- und Sprungkraft: "Dass ich mit Überzeugung aufs Tor gehe, dass ich alles reinschmeiße, was ich habe. Und dass ich mir eigentlich keine Gedanken machen soll, was passiert, dass ich Fehler machen darf bei ihm. Er hat gesagt, dass er vollstes Vertrauen in mich hat und ich extrem wichtig werden kann."

Ich spreche sehr viel mit ihm.

Alfred Gislason über Sebastian Heymann

Das "positive" Gefühl, das ihm Gislason gab, beflügelte Heymann sichtlich. "Ich spreche sehr viel mit ihm", bestätigt auch Gislason: "Ich finde immer, dass er seine unglaublichen Möglichkeiten, die er unbestritten hat, noch viel zu wenig ausnutzt." Beim DHB-Team habe Heymann "eigentlich viele Freiheiten". Nutzen müsse er diese aber auch. "Mit seinem Körper ist er ja nicht zu stoppen normalerweise", findet Gislason, der vielsagend nachschiebt: "Wenn er sich selbst nicht stoppt."

Die vielen Rückschläge haben Heymann Selbstvertrauen gekostet, Stück für Stück erarbeitet er es sich zurück. Gislason lobt ihn als "phänomenalen Abwehrspieler", häufiger würde der Bundestrainer aber gerne auch die Angriffsqualitäten loben können. "Er hat wahrscheinlich den härtesten Wurf bei der EM, dann soll er ihn auch einsetzen", fordert Gislason. Dass Heymann gegen Ungarn derart performte, freute seinen Cheftrainer "riesig". Mit Blick auf weitere EM-Auftritte prophezeite Gislason: "Er kann uns extrem viel bringen."

"Und wenn ich am Ende einen Torwart kaputt schieße ..."

So imposant die Erscheinung Heymanns sein mag, so zurückhaltend spricht er in der Mixed Zone der Lanxess Arena, wirkt fast schon schüchtern. Der Rückraum-Shooter ist kein Selbstdarsteller, vielmehr ein absoluter Teamplayer. Der im EM-Endspurt zur Trumpfkarte wird? Die Aussagen Heymanns klingen fast wie eine "Drohung". "Meine Aufgabe ist es, mit Überzeugung aufs Tor zu gehen, auch die Würfe von hinten zu nehmen und wenn dann einer mal nicht reingeht, dann geht halt der nächste oder der übernächste rein. Und wenn ich am Ende einen Torwart kaputt schieße, dann ist es halt so."

Dass Gislason bei ihm "den richtigen Knopf gedrückt hat", konnte der im Sommer zu den Rhein-Neckar Löwen wechselnde Heymann nicht verleugnen. In den Augen von Sportvorstand Axel Kromer nahm der zurückhaltende Hüne "total begeisternd das Herz in die Hand und hatte unglaublichen Zug zum Tor". Gerade auch die Bewegung gegen die Hand habe die Ungarn "überrascht".

Die Leistung Heymanns war für seinen Kapitän alles andere als überraschend. "Basti hat eigentlich nur das gezeigt, was er in jedem Training bei uns schon zeigt", sagt Johannes Golla. "Er ist ein Spieler, der unglaublich hohes Potenzial hat. Leider wurde er in den letzten Jahren durch die eine oder andere Verletzung ausgebremst. Aber ich hoffe sehr, dass er den Weg weitergeht, den er den ganzen Januar schon beschreitet."

Bestätigt Heymann den jüngsten Trend, sieht Golla im immer noch erst 25-Jährigen einen "sehr, sehr wichtigen Spieler für die Zukunft dieser Mannschaft".

Handball: EM, Deutschland - Ungarn, Hauptrunde, Gruppe 1, 3. Spieltag, Lanxess Arena. Deutschlands Julian Köster (l-r), Torhüter Andreas Wolff, Rune Dahmke und Johannes Golla jubeln nach dem Spiel.

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