Nationalelf

DFB-Ehrenpräsident Egidius Braun wird 95

Zum Geburtstag des DFB-Ehrenpräsidenten

Soziale Aktivitäten und WM-Aufreger: Egidius Braun wird 95

DFB-Ehrenpräsident Egidius Braun bei seinem letzten großen Auftritt im Jahr 2019.

DFB-Ehrenpräsident Egidius Braun bei seinem letzten großen Auftritt im Jahr 2019. picture alliance

Egidius Braun ist der vorerst letzte DFB-Präsident, der ohne Querelen oder Skandal aus dem Amt schied. Gesundheitliche Gründe zwangen ihn Anfang des Jahrtausends dazu. Heute ist er für seine fast 95 Lenze noch recht rüstig.

Im Sommer 2019 hatte Braun seinen letzten großen Auftritt, als die deutsche Nationalmannschaft ein öffentliches Show-Training auf dem Aachener Tivoli veranstaltete. Braun im Kreis "seiner" Spieler - die übergroße Freude war ihm anzusehen. Am Donnerstag (27. Februar) vollendet der langjährige Verbands-Chef, ein Visionär mit sozialer Ader, sein 95. Lebensjahr.

EM-Titelgewinn 1996 im Londoner Wembley-Stadion

In seiner Amtszeit erlebte Braun, der vor seiner Funktionärskarriere Jura und Philosophie studierte und sich auch als Kartoffelhändler selbstständig machte, den EM-Titelgewinn 1996 im Londoner Wembley-Stadion.

Die Werte, die Sie im DFB verankert haben, sind heute wichtiger und wertvoller als jemals zuvor."

DFB-Boss Fritz Keller

Der amtierende DFB-Boss Fritz Keller würdigte in einem Glückwunschbrief Brauns nachhaltiges soziales und gesellschaftspolitisches Engagement. "Die Werte, die Sie im DFB verankert haben, sind heute wichtiger und wertvoller als jemals zuvor", schrieb Keller.

Egidius Braun im Jahr des EM-Titelgewinns 1996 mit Bundestrainer Berti Vogts.

Egidius Braun im Jahr des EM-Titelgewinns 1996 mit Bundestrainer Berti Vogts. picture alliance

"Fußball ist mehr als ein 1:0!"

Braun war der achte Präsident des 1900 gegründeten DFB. Vom 24. Oktober 1992 bis zum 28. April 2001 führte Braun den größten Einzelsportverband der Welt an. Seine Amtszeit ist untrennbar mit der Öffnung des Verbandes verbunden, sich auch zu seiner sozialen Verantwortung in der Gesellschaft zu bekennen. Für den ersten Bundestag, den er 1995 als Präsident leitete ließ er das Motto prägen, das bis heute noch den DFB und seine Stiftung als Slogan durchzieht: "Fußball ist mehr als ein 1:0!"

Das waren keine hohlen Worte. Kampagnen wie "Keine Macht den Drogen", Kooperation mit dem Kindermissionswerk (Sternsinger-Aktion), "Ohne Rauch geht's auch" wurden unter ihm erfunden und umgesetzt, Kindersitze in Autos bezahlt, wenn Eltern Jugendliche zu Spielen fahren, Programme zur Integration von Ausländern erdacht und finanziert. Und für Braun ist der Spitzen-Fußball undenkbar ohne die Verknüpfung zur Basis, zum Amateur- und Jugend-Fußball.

Braun war ein DFB-Präsident zum Anfassen

Die Liebe zum Fußball hat den gläubigen Katholiken stets geprägt. Er war ein DFB-Präsident zum Anfassen, der allerdings immer das große Ganze des Fußballs im Auge hatte.

DFB-Stiftung Egidius Braun hat Millionen Euro gesammelt

Seine größte soziale Leistung war wohl, als er unter dem Eindruck der Not, die er als Delegationsleiter bei der WM 1986 in Mexiko in einem Waisenhaus (Casa de Cuna) beim Stammquartier in Queretaro erlebt hatte, erst seine Spieler und dann alle Fußballfans zu Spenden aufrief. Die Mexico-Hilfe ging später in die DFB-Stiftung Egidius Braun auf. Sie besteht immer noch und hat über die Jahre Millionen Euro gesammelt.

Egidius Braun 1998 mit Franz Beckenbauer.

Egidius Braun 1998 mit Franz Beckenbauer. picture alliance

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Finanzierung von Ferienfreizeiten für Jugendmannschaften. In den letzten Jahren hat die Stiftung massiv Vereine unterstützt, die sich um die Integration von Flüchtlingen gekümmert haben.

Braun konnte aber auch hart sein, sehr hart, bisweilen auch zäh - vor allem bei Prämienverhandlungen. Nicht umsonst war er von 1977 bis 1992 Schatzmeister des DFB, von 1995 bis 2000 auch der Europäischen Fußball-Union (UEFA). Er drehte jede Mark oder Franken zweimal um, ehe er sie ausgab.

Lieber keine Nationalmannschaft als eine Nationalmannschaft ohne Vorbildfunktion.

Egidius Braun

1994 warf Braun Stefan Effenberg nach der Stinkefinger-Affäre aus der Mannschaft. "Mit 10 000 Dollar hätten wir uns lächerlich gemacht bei den Einkommen der Spieler", begründete er die radikale Strafe. "Lieber keine Nationalmannschaft als eine Nationalmannschaft ohne Vorbildfunktion", lautete sein Grundsatz, als viele Mitspieler Effenbergs um die späteren DFB-Cheftrainer Rudi Völler und Jürgen Klinsmann für einen Verbleib des Sünders plädierten.

Die schwärzeste Stunde in seinem Funktionärsleben musste Braun ertragen, als bei der WM 1998 in Frankreich deutsche Hooligans einen Gendarmen in Lens fast zu Tode prügelten. Braun erwog sogar, die Mannschaft aus dem Turnier zurückzuziehen und konnte vom damaligen UEFA-Präsidenten Lennart Johansson nur mit Mühe davon abgehalten werden.

Johansson: "Du bist ein wahrer Mensch"

An der Schulter des im Juni 2019 verstorbenen Johansson, der Braun als "meinen besten Freund im Fußball" bezeichnete, schämte dieser sich auch seiner Tränen der Wut und Scham nicht. "Wir haben uns gegenseitig gestützt, getröstet, Mut gemacht und Ratschläge erteilt. Das werde ich nie vergessen", schrieb Johansson Braun zum 90. Geburtstag: "Du bist ein wahrer Mensch."

mas/sid/dpa