Bundesliga

Münchens neuester Spanier: Was zeichnet Odriozola aus?

Falsche Position und eine Enttäuschung bei Real Madrid

Münchens neuester Spanier: Was zeichnet Odriozola aus?

Vorfreude: Alvaro Odriozola will es beim FC Bayern wissen.

Vorfreude: Alvaro Odriozola will es beim FC Bayern wissen. imago images

Dass Xabi Alonso dem neuen Bayern-Profi Alvaro Odriozola zum Wechsel ermuntert haben soll, will nicht mal der Repräsentant Xabis ausschließen. "Ich weiß nicht konkret, ob Xabi mit Alvaro diesbezüglich Kontakt hatte". Aber möglich sei das durchaus. "Zwischen Xabi und Bayern gibt es immer noch gute Kontakte. Und wenn du nicht für Real Madrid spielst, dann ist Bayern immer eine gute Option."

Für den Welt- und Europameister Xabi Alonso war sie das 2014. Es folgten 79 Bundesliga-Spiele und fünf Tore, ein spielbestimmender Einfluss des zum Zeitpunkt des Wechsels bereits 32-Jährigen, drei Meisterschaften und ein Pokalsieg. Heute ist der Stratege Trainer des B-Teams seines Heimatvereins San Sebastian.

Odriozola, der den gleichen Image-Berater wie Xabi Alonso hat und - vor allem - mit Real Sociedad San Sebastian den gleichen Stammverein, ist erst 24. Ob sein Einfluss auf das Bayern-Spiel also ähnlich groß wird, bleibt abzuwarten. Den Erfahrungen in Madrid seit dem Wechsel im Sommer 2018 von San Sebastian kommend eher weniger.

Für Real lief er in La Liga 18-mal auf, dreimal unter Julen Lopetegui, siebenmal unter Santiago Solari und achtmal unter dem aktuellen Trainer Zinedine Zidane. Er spielte in diesen Spielen immer von Beginn. Elfmal saß er nur auf der Bank - und dabei wurde zehnmal Dani Carvajal vorgezogen, einmal Nacho. In 29 Spielen war er nicht im Aufgebot (28-mal spielte Daniel Carvajal, einmal Nacho als Rechtsverteidiger in der Startelf).

Ein Rennpferd für 50.000 Euro?

Alvaro Odriozola ist ab sofort Profi des FC Bayern München.

Die spanische Nationalmannschaft im Blick: Alvaro Odriozola. imago images

Letztlich war der Baske als Rechtsverteidiger seit seinem Wechsel für 30 Millionen Euro schlicht eine Enttäuschung. Vier Ligaspiele machte er diese Saison, hinzu kommt ein Einsatz in der Champions League beim 3:1 gegen Brügge. Da gab er immerhin eine Vorarbeit. Aber solche Momente waren selten.

Bei den Königlichen blieb in dieser Spielzeit vor allem sein Auftritt beim 0:1 im Oktober in Mallorca in Erinnerung, Reals bis heute letzter Niederlage. Dabei ließ sich der Verteidiger, als er endlich mal die Chance hatte sich zu zeigen, vor dem spielentscheidenden Gegentor vernaschen. Später sah er noch zu allem Überfluss Gelb-Rot. Keeper Thibaut Courtois mahnte: "Mit Gelb darf man nicht so foulen." Dass Odriozola vor dem Spiel auf einer Auktion telefonisch ein Rennpferd für kolportierte 50.000 Euro für seinen Stall ersteigert hatte, griff der Boulevard damals gerne auf.

"Sehr gutes Stellungsspiel, gut im 1-gegen-1"

Nach der Regeländerung in der Königsklasse darf der Neuzugang für Bayern sofort ran, könnte also auch im Achtelfinale der Champions League gegen Chelsea spielen. Ob er die nötige defensive Qualität dazu hat, streiten ihm unter den Anhängern von Real Madrid aber nicht wenige ab. In Madrid war der Neu-Bayer schlichtweg chancenlos im Duell mit dem Ex-Leverkusener Carvajal. Defensive Stabilität ging von Odriozola nur selten aus. "Sehr gutes Stellungsspiel, gut im 1-gegen-1" - was Hasan Salihamidzic bei der Präsentation am Dienstag in München lobte, davon sah man von Odriozola im Dress von Real eher selten etwas.

Das muss aber nicht verwundern, ist Odriozola doch von Haus offensiv ausgerichtet. In den Juniorenkategorien der Real Sociedad überzeugte er über Jahre im rechten offensiven Mittelfeld. Erst in der B-Mannschaft wurde der Antreiber von deren damaligem Trainer Imanol Alguacil (dem jetzigen Chefcoach) zum Rechtsverteidiger umgeschult.

Lewandowski könnte profitieren

Zwar sagte Odriozola bei der Vorstellung in München: "Ich bin vor Jahren umgeschult worden." Aber seine Anlagen sind nun mal eher auf offensiv: Schon als Schüler hatte er (Titel inklusive) beim Schulstrandturnier an der weltberühmten Playa de la Concha geglänzt. Keine zehn Jahre war er damals. Die "sehr gute Technik", die ihm Salihamidzic bescheinigt, rührt auch daher. Technische Grundlagen wurden so gelegt. Schnell, technisch stark, bis zur Grundlinie gehend, Autor guter Flanken (von denen Robert Lewandowski profitieren könnte), setzte er später offensiv Akzente. Defensiv wurde es indes - trotz Umschulung - oft brenzlig.

Bei Real galt er als Rechtsverteidiger bestenfalls als Nummer drei, manchen sogar als Nummer vier oder gar Nummer fünf hinter Carvajal, Sommerneuzugang Eder Militao Nacho und auch Lucas Vazquez, der diese Position etwa im Halbfinal-Rückspiel der der Champions League 2018 beim 2:2 gegen Bayern München bekleidete. Im folgenden Sommer ging damals Erfolgstrainer Zidane, es kam aus San Sebastian der vermeintliche Rechtsverteidiger Odriozola.

Alvaro Odriozola hat bei Real Madrid den Durchbruch nicht geschafft.

Hat bei Real Madrid die erhofften Erwartungen nicht erfüllt und soll nun beim FC Bayern durchstarten: Alvaro Odriozola. imago images

Letztlich ereilte den in der Folge das Schicksal diverser vermeintlicher Hoffnungsträger bei Real wie etwa Mariano Diaz, Dani Ceballos, die von Trainer Zidane nicht geholt bzw. goutiert worden waren und prompt von diesem (im Falle Odriozolas nach Zidanes Rückkehr) eher stiefmütterlich behandelt wurden.

Einen Odriozola lassen sie jetzt von Real eher mit der Enttäuschung der unerfüllten Hoffnung gen München ziehen, die 2017 auch den Kolumbianer James begleitet hatte. Anders sah es einst bei Konkurrent Carvajal aus, der für die Saison 2012/13 explizit zum Reifen nach Leverkusen geschickt worden war - und dies dort auch tat. Oder bei der aktuellen Leihe von Achraf Hakimi nach Dortmund.

Der EM-Zug soll noch gebucht werden

Der Wechsel nach München könnte für Odriozola zugleich die letzte Chance sein, vielleicht doch noch auf den spanischen EM-Zug 2020 aufzuspringen. Vier Länderspiele bilanziert er, traf einmal beim WM-Test 2018 gegen die Schweiz. Beim Turnier in Russland spielte er dann keine Minute.

Alle Länderspiel-Auftritte machte er noch als Spieler von Real Sociedad. Im Anschluss an die WM 2018 wurde er nicht mehr berufen, also seit seinem Wechsel zu Real. Der Neu-Bayer spielte nur unter dem heutigen Sevilla-Coach Julen Lopetegui im Nationalteam und nur einmal in einem Pflichtspiel (2017 beim 3:0 gegen Albanien, immerhin 90 Minuten).

Es ist nun mal so: Auch in der Furia Roja hatte Odriozola gegen seinen bisherigen Klubkollegen Carvajal keine Chance. Zudem gab ihm der revitalisierte, bereits 34-jährige Jesus Navas vom FC Sevilla das Nachsehen.

Jörg Wolfrum

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