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16 der 20 Elfmeter am WM-Sonntag waren irregulär - Regelverstöße in den Achtelfinals zwischen Kroatien und Dänemark sowie Russland und Spanien

Warum wird die Torhüter-Regel ignoriert?

16 der 20 Elfmeter am WM-Sonntag waren irregulär

Winkel gegen die Regeln verkürzt: Danijel Subasic (o.) und Kasper Schmeichel (u.) beim Elfmeterschießen am Sonntag.

Winkel gegen die Regeln verkürzt: Danijel Subasic (o.) und Kasper Schmeichel (u.) beim Elfmeterschießen am Sonntag. Screenshot ZDF (2)

Weil Andrej Kramaric seinen Anlauf ein wenig verzögert und seinen Elfmeter daraufhin souverän verwandelt hatte, beschwerte sich Kasper Schmeichel heftig bei Schiedsrichter Nestor Pitana. Dabei zeigt sich, wenn man die TV-Bilder der WM-Achtelfinal-Elfmeterschießen zwischen Kroatien und Dänemark (3:2 i.E.) sowie Russland und Spanien (4:3 i.E.) am Sonntag noch einmal studiert: Wenn jemand Grund zur Beschwerde gehabt hätte, dann ganz sicher nicht die Torhüter, sondern die Schützen.

15 der 19 Elfmeter in den beiden Elfmeterschießen waren nämlich irregulär, zumindest wenn sich jemand an den Regel-Wortlaut halten würde. Dort heißt es zum Thema Strafstoß: "Der Torhüter muss mit Blick zum Schützen auf der Torlinie zwischen den Pfosten bleiben, bis der Ball getreten wurde." Nur macht das heutzutage kaum ein Torhüter.

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Nur de Gea hielt sich fast durchweg an die Regeln

Kroatiens Held Danijel Subasic (3 Paraden) war bei allen fünf Elfmetern gegen sich teilweise schon rund einen Meter nach vorne gesprungen, noch bevor der dänische Schütze den Ball berührt hatte, genau wie Russlands "Elfmetertöter" Igor Akinfeev (2) gegen Spanien. Schmeichel (2) hielt sich im Elfmeterschießen bei fünf Duellen viermal nicht an die Regeln, zusätzlich auch bei der Parade gegen Luka Modric in der Verlängerung.

Insgesamt parierten diese drei Keeper am Sonntag acht der 16 Elfmeter gegen sie, und alle acht hätten eigentlich wiederholt werden müssen. Spaniens Nummer eins David de Gea dagegen wurde bei vier Versuchen viermal bezwungen - und hatte dabei nur einmal frühzeitig seine Torlinie verlassen, um den Winkel zu verkürzen. Vielleicht Zufall, vielleicht nicht.

Müsste der Videoassistent nicht eingreifen können wie beim Abseits?

Nun ist all das keine neue Erkenntnis, nirgends, auch nicht in der Bundesliga, wird die Regel konsequent angewendet; und wenn doch, ist der Aufschrei riesig . "Dass bei 15 von 19 Elfmetern in Elfmeterschießen die Keeper ihre Linie zu früh verlassen, ist ein Beleg dafür, dass die Regel ganz einfach ignoriert wird", sagte der ehemalige Schiedsrichter Graham Poll dem englischen Boulevardblatt "Daily Mail". Eigentlich müsse sich dieses Vergehen doch genauso eindeutig durch den Videoassistenten feststellen lassen wie eine Abseitsstellung, so Poll: "Ich weiß nicht, was daran so schwer sein kann."

Tatsächlich ist im IFAB-Handbuch zum Videobeweis festgelegt, dass dieser auch bei Elfmeter-Vergehen wie dem zu frühe Verlassen der Torlinie herangezogen werden kann.

Und Kramaric? Der hatte zwar beim Anlauf, nicht jedoch unmittelbar vor dem Schuss fintiert - und genau so sehen es die IFAB-Regeln auch vor ("eine Finte während des Anlaufens ist zulässig"). Dass sich Schmeichel trotzdem beschwerte, keiner jedoch über ihn, war vielleicht die stärkste Aussage am Sonntag zu dieser Thematik: Die Schützen, obwohl ja benachteiligt, haben sich längst an den Torhüter-Regelverstoß gewöhnt.

jpe