Bundesliga

Herthas Co-Trainer Fotheringham: Keine Lust auf "Braveheart"

Herthas Co-Trainer Fotheringham hinterlässt Eindruck

1,74 Meter pure Energie - und keine Lust auf "Braveheart"

Bringt viel Energie mit: Mark Fotheringham.

Bringt viel Energie mit: Mark Fotheringham. IMAGO/Fotostand

Für Ishak Belfodil gab es nach der Auswechslung einen zärtlichen Wischer auf die Wange, den Kopf von Marco Richter nahm Mark Fotheringham zwischen seine Hände. Und als jene 90 Minuten am Samstagnachmittag im Berliner Olympiastadion, die exakt 92 Minuten dauerten und womöglich einen Neuanfang für den Klub markiert haben, vorbei waren, da wendete Fotheringham seinen Blick vom Rasen, drehte sich um und drückte den Ersten, den er fand, aufs Herzhafteste an sich: Lucas Tousart, den Torschützen zum 3:0. Der Schotte Fotheringham, der nach Felix Magaths Corona-Befund am Donnerstag in die erste Reihe gerückt war, lud diese über Monate lethargische, blockiert wirkende Mannschaft von der Seitenlinie mit einer bemerkenswerten Energie auf. "Der ist Wahnsinn, der Typ", befand Niklas Stark. "Es macht echt Spaß, mit ihm zusammenzuarbeiten." Und Marco Richter sagte anerkennend: „Was Mark hier abgerissen hat, war überragend. Er hat uns immer wieder gepusht und nach vorne getrieben."

Bobic musste erstmal recherchieren

Schon in den Trainingseinheiten am Dienstag und Mittwoch, bei denen Magath noch mit dabei war, war der 1,74 Meter große Fotheringham auf dem Platz tonangebend. Immer wieder forderte er lautstark mehr Intensität und rief nicht nur einmal: "Lasst die Handbremse weg!" Magath, den er nur "Boss" nennt, kennt er seit gemeinsamen Tagen beim FC Fulham. Nach einer Saison als Profi beim SC Freiburg und mehreren Jahren als Assistenztrainer unter Tomas Oral beim Karlsruher SC und dem FC Ingolstadt ist Hertha Fotheringhams vierte Station in Deutschland. "Ich bin sehr dankbar für diese Chance", sagt der Vater dreier Söhne. "Er (Felix Magath, d. Red.) ist einer der erfolgreichsten Trainer im Weltfußball." Über sich selbst sagt er: "Ich bin einfach Mark. Ich bin ein einfacher Typ." Geschäftsführer Fredi Bobic gestand, er habe über Fotheringham "erstmal recherchieren müssen". Er wurde schnell fündig: "Egal, wo ich was über ihn gehört habe: Er wurde als begeisternd und authentisch beschrieben."

Bundesliga - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
Bayern München Bayern München
63
2
Borussia Dortmund Borussia Dortmund
57
3
Bayer 04 Leverkusen Bayer 04 Leverkusen
48

"Ich weiß nicht, was du meinst mit Braveheart"

Die Authentizität bekamen auch die Journalisten in der Pressekonferenz nach dem Hoffenheim-Spiel zu spüren. Als an ihn die Frage adressiert wurde, ob er den Berliner Profis in der Spielvorbereitung den Film "Braveheart", der die Geschichte des schottischen Freiheitskämpfers William Wallace erzählt, gezeigt habe, reagierte Fotheringham brüsk. "Das ist kein Spaß, was du sagst, wegen Braveheart", motzte der sichtlich aufgebrachte Schotte. "Ich bin ein seriöser, junger Trainer. Ich habe viel gelernt. Ich weiß nicht, was du meinst mit Braveheart." Detailfragen zur neuen Systematik - ein 4-1-4-1 mit Stark vor der Abwehr - konterte er ebenfalls prägnant: "Haben wir 4-1-4-1 gespielt? Ich konzentriere mich nicht so auf Taktik."

Fotheringham hat noch viel vor

Sein einstiger Chef Oral sieht ihn auf Sicht als Cheftrainer, wie er dem kicker verraten hat. Er schätzt Fotheringham als "sehr ehrlichen, geradlinigen und loyalen Typ", der "schon als Profi wie ein Trainer analysiert und über den Tellerrand geschaut" habe. Und der Draht zu den Spielern ist augenscheinlich kurz. "Mark hat eine breite Schulter", sagt Oral. "Die Spieler wissen genau, wann und womit sie zu ihm kommen können." Gegen Hoffenheim wurde Magath aus der Hotel-Quarantäne vor dem Anpfiff und in der Halbzeitpause digital zum Team geschaltet. Aber den Hauptjob, sagt der Cheftrainer, habe Fotheringham gemacht. Mitte der Woche will Magath auf den Trainingsplatz zurückkehren, sein Zuarbeiter bleibt unentbehrlich für die Mission Klassenerhalt. "Eigentlich", witzelte Bobic, "könnte Mark jetzt zurücktreten mit seiner Bilanz: ein Spiel, ein Sieg." Das wird nicht passieren, Fotheringham hat in Berlin und danach viel vor. Er stammt aus einer Arbeiterfamilie und gilt nicht nur als emotional und bodenständig, sondern auch als ehrgeizig. Er sagt: "Ich habe richtig gearbeitet für diese Chance." Er will sie nutzen.

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Steffen Rohr