Anfang der Woche belagerten aufgebrachte Lok-Anhänger die Geschäftsstelle, doch das tagende Präsidium verweigerte ein Gespräch. Danach forderte die Fan-Basis in einem offenen Brief den sofortigen Rücktritt des Vorstands. Das Vertrauen ist weg und die Angst wächst, dass der Verein die Saison nicht überlebt und Insolvenz anmelden muss. Ein fünfköpfiges "Schattenkabinett" ist zur Übernahme bereit, muss aber bis zu den Neuwahlen bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 12. April warten.
Die Gruppe aus Wirtschaftsfachleuten um Ex-Schatzmeister Jens Kesseler befürchtet, dass das Finanzloch größer ist als die genannten 325.000 Euro. Man will für einen Stimmungswandel sorgen. Angeblich stünden bei einem Führungswechsel neue Sponsoren bereit, würden Gläubiger auf Forderungen verzichten. Doch größere Geldgeber konnte auch die Opposition noch nicht präsentieren.
Großartige Fan-Unterstützung
Die überwältigende Hilfsbereitschaft der Fans wird nicht reichen, Lok zu retten. Bisher brachten Anhänger rund 120.000 Euro auf, größtenteils durch eine Trikot-Aktion. 777 Namen sollen in den nächsten beiden Jahren die Jerseys aller Lok-Teams zieren, 687 der Plätze wurden schon für je 150 Euro verkauft. Versuche, Kleinsponsoren zu Spenden von je 500 Euro zu bewegen, brachten dagegen noch nicht den erhofften Erfolg. Und ob es gelingt, den Stadionnamen künftig für 150.000 Euro pro Jahr zu vermarkten, erscheint höchst zweifelhaft. Zuvor müsste das Erbpachtrecht erworben werden sowie der VfB-Insolvenzverwalter (Verfahren läuft seit 2004) und die Stadt zustimmen.
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Lok lebt von der Hand in den Mund. Werden nach dem dreimonatigen Gehaltsverzicht (50 Prozent) Mitte April die vollen Bezüge fällig, könnte es eng werden. Wer immer den Verein dann führt, muss ihn neu aufstellen. Der aktuelle 1,8-Millionen-Etat erwies sich als Luftschloss. Obwohl bekannt war, dass der scheidende Hauptsponsor Goldgas vertragsgemäß 200.000 Euro weniger als zuvor überweist, wurde die Lücke nicht geschlossen. Andere Geldgeber erfüllten auch wegen der permanenten Grabenkämpfe im Klub ihre Verpflichtungen nicht oder sprangen ab. Die Zuschauerzahlen entwickelten sich nicht wie erwartet, die "neutralen" Fußball-Freunde zieht es immer mehr zu RB Leipzig.
Nun muss alles auf den Prüfstand. Die Mitglieder sollen über die Prioritäten mitentscheiden. Lok wird sich wohl vom reinen Zuschuss-Geschäft Frauenfußball trennen und den großen Nachwuchsbereich mit 300 Spielern eindampfen. Konsens besteht, dass die Zukunft in der Regionalliga liegen soll und muss, notfalls mit deutlich reduziertem Budget und einer reinen Amateur-Mannschaft. Vorausgesetzt, die drohende Insolvenz wird verhindert und der Klassenerhalt geschafft.
Steffen Enigk