Vor dem Hintergrund der deutschlandweit steigenden Infektionszahlen könnte nicht nur dem Fußball, sondern dem gesamten Profisport ein erneuter Zuschauerausschluss drohen. "Die Befürchtung ist da, aber man soll den Teufel nicht an die Wand malen", sagte etwa Christian Streich.
Freiburgs Coach war am vergangenen Samstag beim 1:1 bei Union dabei, als die Partie in Köpenick vor etwa 4500 Zuschauern über die Bühne gehen durfte. Ob Union bei seinem nächsten Heimspiel in zwei Wochen gegen Arminia Bielefeld (mit Ex-Trainer Uwe Neuhaus) wieder Fans empfangen kann, ist fraglich.
Bis zum 31. Dezember gilt nach aktuellem Stand in Berlin für Veranstaltungen im Freien eine Obergrenze von 5000 Teilnehmern. Unions Stadtrivale Hertha BSC teilte allerdings am Montag mit, dass man den Kartenverkauf für das anstehende Heimspiel am Sonntag gegen den VfL Wolfsburg "aufgrund der aktuellen Entwicklungen der Inzidenzzahlen in Berlin und Umgebung vorerst" aussetze und den Austausch mit dem Berliner Senat suche.
Bürgermeister Müller wird sich an seinen Worten messen lassen müssen
Der könnte auf seiner Sitzung am Dienstag weitere Einschränkungen anordnen. Dabei waren in Berlin am Samstag, also erst vor zwei Tagen, die neue Verschärfungen in Kraft getreten, und Politik und Experten betonten stets, dass es etwa zwei Wochen dauere, bis sich eine Wirkung der Maßnahmen zeige. Zudem ist es noch keine Woche her, dass Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zu Kultur- und Profisport-Veranstaltungen erklärt hatte: "Bisher ist unsere Erkenntnis, dass von diesen geordneten Veranstaltungen mit entsprechenden Regeln, die auch sehr streng eingehalten werden, kein erhöhtes Infektionsrisiko ausgeht. (...) Nach heutigen Erkenntnissen können wir diese Dinge weiter zulassen."
An dieser Aussage vom vergangenen Dienstag wird sich Müller messen lassen müssen. Dirk Zingler etwa, der sich am Sonntag schriftlich an die 37.129 Mitglieder des 1. FC Union wandte, wünscht sich "von der Politik, dass klarer kommuniziert wird, was aus guten Gründen erlaubt ist und was aus ebenso guten Gründen verboten ist". Wie alle Veranstalter sei man darauf angewiesen, dass man "von der Politik einen verlässlichen Handlungsrahmen zur Verfügung gestellt" bekomme.
Zingler verteidigt den Weg des 1. FC Union
"Unsere Aufgabe ist es, diesen Rahmen verantwortungsvoll zu nutzen und möglichst sichere Veranstaltungsangebote zu schaffen. Das haben wir in den vergangenen Wochen und auch in diesem Fall (des Spiels gegen Freiburg, d. Red.) in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsamt von Treptow-Köpenick getan, und das wollen wir auch weiterhin tun", so der 56-Jährige, der bereits im August klargestellt hatte, dass nicht ein Verein um sein Anrecht bitten müsse, eine Veranstaltung durchführen zu dürfen, sondern "der Staat muss gut begründen, warum er sie absagt. Das ist die Betrachtungsweise."
In seinem Schreiben vom Sonntag verteidigte Zingler auch das Vorgehen des 1. FC Union, der seit Monaten dafür wirbt, Lösungen zu finden, um auch in Zeiten der Pandemie Veranstaltungen durchführen zu können (und dafür mehrfach als verantwortungslos kritisiert worden ist). In den Tagen vor dem Heimspiel gegen Freiburg, für das Union eine erweiterte Maskenpflicht eingeführt und auch deshalb Grünes Licht des zuständigen Gesundheitsamtes Treptow-Köpenick erhalten hatte, hatte die Kritik polemische bis absurde Züge angenommen, auch in einigen Medien.
"Seit Monaten engagieren wir uns dafür, die Bedingungen der Corona-Pandemie aktiv anzunehmen"
"Liebe Unioner, es gibt keinen Grund zur Sorge, dass wir unseren moralischen Kompass verloren hätten. Das ist nicht der Fall", versicherte Zingler den Klubmitgliedern. "Nach einer unruhigen Woche, in der wir von vielen Seiten dafür kritisiert wurden, dass wir unser Spiel gegen den SC Freiburg vor Zuschauern austragen, möchte ich mich heute bei allen Stadionbesuchern bedanken, die gestern dazu beigetragen haben, dass wir gemeinsam unser erweitertes Hygienekonzept für das Spiel erfolgreich umsetzen konnten. Einmal mehr war Vertrauen schenken und Eure Kreativität der Schlüssel dazu, eine Herausforderung zu bewältigen", schrieb der Präsident weiter.
"Seit Monaten engagieren wir uns dafür, die Bedingungen der Corona-Pandemie aktiv anzunehmen, statt abzuwarten, was passiert. Wir bemühen uns, Lösungen zu entwickeln, um notwendigen Infektionsschutz und gesellschaftliches Leben miteinander zu verbinden. Wir nehmen die Pandemie ernst und wir nehmen unsere Verantwortung als Veranstalter wahr", so Zingler. "Wer in den letzten Wochen eine Veranstaltung in unserem Stadion besucht hat, egal ob ein Fußballspiel, ein Fantreffen oder eine Buchlesung, wird das bestätigen können."