Es gab Zeiten, da hat man sich das Schwarze unter den Fingernägeln nicht gegönnt. Die Schwaben aus Stuttgart, vor dem ersten Abstieg der jüngeren Vergangenheit im Mai 2016 noch der Platzhirsch im Land, und die Badener aus Freiburg, die dem VfB seither sportlich den Rang abgelaufen haben, hatten nur eine Gemeinsamkeit: grenzenlose Rivalität. Längst haben sich nicht nur die Machtverhältnisse, sondern auch die Verhaltensweisen untereinander verändert. Man kennt sich, man schätzt sich. Auf allen Ebenen. Von den Büros der Klubspitzen bis in die Umkleidekabinen der Profis.
Stuttgarts nächster Heimgegner sei "eine absolute Herausforderung, ich erwarte ein sehr interessantes, spannendes Spiel", meint Matarazzo, aus dem große Anerkennung für den Rivalen aus dem Breisgau spricht. "Ihre Spielweise und ihr Erfolg sprechen für sich."
Eine extrem reife, gewachsene Mannschaft, die extrem facettenreich spielt.
Pellegrino Matarazzo
Der 44-Jährige, der keines seiner vier Duelle als VfB-Cheftrainer mit dem SC gewinnen konnte, warnt vor einem überaus unangenehmen Gegner. "Das ist eine extrem reife, gewachsene Mannschaft, die extrem facettenreich spielt, die in allen Spielphasen Lösungen findet und große Variabilität besitzt." Die Mannschaft von Christian Streich habe sich unter der Führung des Trainers des Jahres zu einem Aushängeschild der Bundesliga entwickelt. "Sie sind extrem aufeinander abgestimmt, jeder weiß, was zu tun ist. Freiburg verfügt über ein extrem komplettes Spiel, kann alles: aufbauen, lange Bälle, zweite Bälle, Standards. Sie sind immer konkurrenzfähig und immer in der Lage zu gewinnen."
VfB braucht "absolute Aufmerksamkeit und Flexibilität"
Was ausgerechnet in Stuttgart zuletzt des Öfteren gelang. Seit sechs Spielen ist Freiburg gegen den VfB unbesiegt. Matarazzo möchte diese Negativserie endlich durchbrechen. Dazu brauche es "absolute Aufmerksamkeit und Flexibilität in jeder Phase des Spiels. Sonst ist man immer im Nachteil", sagt der Cheftrainer, dessen Team beim bislang letzten Heimspiel gegen den SC am 28. August 2021 mit 2:3 unterlag, nachdem es bereits nach zwei Minuten 0:1, acht Minuten 0:2 und zur Pause 0:3 zurückgelegen hatte.
Wird der VfB wieder kalt erwischt?
In insgesamt neun von 34 Partien geriet Stuttgart in der Vorsaison in den ersten 15 Minuten in Rückstand. Nicht immer aus Gründen mangelnder Aufmerksamkeit, was allerdings keinen Unterschied macht. Es ist und bleibt ein Spitzenwert, wenn auch kein Extremwert, den sich die Schwaben mit Augsburg und Frankfurt teilten. Zwischenzeitlich hatte man das Problem im Griff, dann wurde es wieder akut. Saisonübergreifend gerieten die Schwaben in sieben der jüngsten zwölf Bundesligapartien in diesem frühen Zeitfenster in Rückstand. Und als wäre dies nicht genug: Acht der neun Partien aus der Vorsaison, in denen man kalt erwischt wurde, waren Heimspiele. Inklusive der Parte gegen Freiburg.
"Unsere Antennen sind ausgefahren"
Entsprechend sei Wachsamkeit "ein Thema in dieser Trainingswoche" gewesen, erzählt Matarazzo, dessen Spieler bei den jüngsten 1:1 gegen Leipzig und 2:2 in Bremen ebenfalls früh dem Ergebnis hinterherrennen mussten. Es gelte, frühzeitig gegenzusteuern. "Nicht, weil es ein Muster sein muss, sondern weil wir sensibilisiert sind nach der vergangenen Saison. Im ersten Bundesligajahr war es ordentlich, aber in der vergangenen Saison hatten wir immer wieder Phasen, in denen es ein Thema war. Deswegen sind unsere Antennen ausgefahren." Am Samstag wird man sehen, wie gut der Empfang bei den Spielern ist.