Für die erste Überraschung bei Worlds sorgten tatsächlich die Europäer: Team BDS gelang ein sehr seltener Reverse Sweep in den Play-Ins, als es um alles ging. 0:2 lagen sie bereits hinten, gewannen dann dreimal und zogen in die Schweizer Runde der Weltmeisterschaften in League of Legends ein - trotz ausbaufähiger Leistung. Damit willkommen zur aufregendsten Zeit des Jahres im LoL-eSport: Worlds. Haben die Europäer dieses Jahr eine Chance? Kann Nordamerika das letztjährige desaströse Abschneiden wieder wettmachen?
16 Teams mit Titelträumen und Millionenpreisgeld
Riot Games, Spielentwickler und Turnierveranstalter, hat 2023 kräftig am Format von Worlds gebaut und den Preispool auf mindestens 2,2 Mio. US-Dollar gesetzt. Nach den Double-Elimination-Play-Ins geht es nun im Schweizer System wie zuletzt bei FIFA weiter.
14 Mannschaften aus Korea, China, Europa und Nordamerika waren durch ihre Platzierung in den Heimatligen gesetzt. Zwei Teams kommen aus den Play-Ins dazu. Europas vierter Rang BDS wurschtelte sich erst gegen das vierte nordamerikanische Team und dann gegen den Rest der Welt in die Swiss Round. Ebenso gelang das GAM eSports aus Vietnam.

16 Teams sind in der Swiss-Round dabei - So sind sie für den ersten Durchgang gesetzt. kicker eSport/LoL eSports
Die 16 so ausgewählten Mannschaften spielen nun ab morgen um 7 Uhr unserer Zeit in Seoul, Korea, um den Einzug in die K.-o.-Runde. Das Schweizer System soll "Todesgruppen" verhindern und so dafür sorgen, dass die besten Mannschaften durch die erste Phase kommen. Kann Riot mit dieser Idee punkten?
Neues Schweizer System: Fluch oder Segen?
Das ist eine komplizierte Frage mit einer schwierigen Antwort. Bisher war es so, dass fast immer klar war: Koreanische und chinesische Teams überstehen ihre Vierergruppen. Da hatten die anderen Teams bei unglücklichem Los meistens das Nachsehen. Im Schweizer System werden nun fünf Runden im Best-of-One gespielt. Wer drei Siege holt, ist im Viertelfinale. Wer dreimal verliert, fliegt aus dem Turnier. Nach dem ersten Durchgang spielen immer Teams mit derselben Menge an Siegen und Niederlagen gegeneinander. Eine Zusatzregel gibt es: Für alle Begegnungen bei denen es ums Weiterkommen oder Ausscheiden geht, wird Best-of-three (Bo3) gespielt. Das System sichert auf dem Papier eine bestmögliche Chancengleichheit.
Wir haben das für Worlds einmal durchgerechnet und in unserer Version schafft es nur der europäische Champion G2 als westliches Team in die nächste Runde. Es bliebe also alles beim Alten.

G2 hat die besten Chancen der westlichen Teams in die K.o.-Runde vorzurücken. Riot/Christian Betancourt
Riot hat aber einen Faktor eingebaut: Vor jeder Runde werden die Paarungen neu gezogen. Das heißt, es ist auch vom Glück abhängig, welche Teams letztlich weiterkommen. Spielen in der finalen Runde, in der alle Mannschaften zwei Siege und zwei Niederlagen haben, zwei europäische Teams gegeneinander, ist eines sicher weiter. Werden beide gegen übrige asiatische Mannschaften gesetzt, könnte Schluss sein.
Schafft ein westliches Team vorher den unwahrscheinlichen Triumph über eine asiatische Mannschaft, ändert das wenig an den Chancen - nur wenn sie damit den dritten Sieg sichern und in die nächste Runde vorrücken.
Recap zu Worlds 2022
Um auf unsere Frage zurückzukommen: Es ist kompliziert, aber könnte bei spannenden Losen und/oder Heldentaten für eine deutlich aufregendere Gruppenphase sorgen. Auf dem Papier ist ein Schweizer System aber nur bei ähnlich starken Teilnehmern fair. Gibt es starke und schwache Teams, sind die starken im Vorteil, da sie viele Chancen gegen Schwächere erhalten, weiterzukommen. Selbiges gilt für die Bo3-Anpassung in Entscheidungsmatches. Allerdings auch nicht verkehrt: So setzen sich im besten Falle wirklich die Topteams durch - und die kommen in LoL nun mal allesamt aus Asien.
Gespielt wird vom 19. bis 23. Oktober und am darauffolgenden Wochenende vom 26. bis 29. Oktober.
kicker eSport: Einschätzung
Best-of-Ones können für Überraschungen sorgen. Zieht ein Team eine ganz abseitige Strategie aus dem Ärmel, wankt auch schon mal ein koreanischer Champion im einzigen Spiel der Serie.

Kann 'Faker' noch einen Titel holen? Riot/Christian Betancourt
Riot hat zudem den Losfaktor auf seiner Seite, wenn nicht alles schief geht, werden vermutlich europäische Mannschaften in der K.-o.-Runde landen. Dort werden sie dann vermutlich aber gleich wieder rausfliegen. Als Vergleich für die internationalen Bedingungen haben wir das Mid Season Invitational, bei dem G2 auf dem fünften Rang nach vier Vertretern aus Korea und China landete. Dahinter reihten sich die anderen westlichen Teams ein.
Für Nordamerika gilt es hingegen dieses Jahr zu zeigen, dass sie nicht nur dabei sind, weil Riot im Land eine Liga unterhält. Und natürlich steht wieder die Frage im Raum: Wie weit kommt 'Faker'?
Allen Lokalpatriotismus aber beiseitegelassen dürfte der Kampf China gegen Korea auch 2023 eSport auf allerhöchstem Niveau zeigen. Zu bestaunen ist dieser in der ersten Runde am Donnerstag jedoch nur um 14 Uhr, in allen übrigen Partien spielen China und Korea gegen "die anderen". Ab Freitag geht es dann ans Eingemachte - einzig die europäischen MAD Lions dürften dann in der 1-0-Gruppe sein. Alle restlichen Teams sind schon Titelkandidaten.