Bundesliga

Winkmanns Elfmeterpfiff: Was sagen die Regeln?

Kurioser Strafstoß im Spiel zwischen Mainz und Freiburg

Winkmanns Elfmeterpfiff: Was sagen die Regeln?

Handelfmeter: Freiburgs Marc Oliver Kempf (2.v.r.) hat den Arm bei Brosinskis Hereingabe zu weit draußen.

Handelfmeter: Freiburgs Marc Oliver Kempf (2.v.r.) hat den Arm bei Brosinskis Hereingabe zu weit draußen. imago

Ausgangssituation
In der 45. Minute flankte der Mainzer Daniel Brosinski im Strafraum den Ball von der rechten Seite vors Tor. Dort hatte Freiburgs Marc Oliver Kempf den linken Arm draußen und lenkte den Ball mit diesem noch entscheidend ab. Nachdem SC-Schlussmann Alexander Schwolow pariert hatte, ertönte kurz darauf der Pausenpfiff. Dann wurde es turbulent: Während die Freiburger Akteure den Rasen bereits verlassen hatten, befand sich Schiedsrichter Winkmann auch auf dem Weg in die Kabinen. Dann bekam er den Hinweis aufs Ohr, dass der Videoweis zum Einsatz kommen soll. Der 44-Jährige stand in Kontakt mit Videoassistentin Bibiana Steinhaus und schaute sich daraufhin die Szene persönlich in der Review-Area an. Nach einiger Bedenkzeit lief er die Mittellinie entlang in Richtung Spielertunnel und zeigte dort mit dem Handzeichen für den Videobeweis seine Strafstoßentscheidung an. Pablo De Blasis verwandelte den Elfer zum zwischenzeitlichen 1:0 für den 1. FSV Mainz 05.

War es ein Strafstoß?
In dieser Szene Strafstoß zu geben ist vertretbar, weil Kempfs ausgestreckter Arm eine unnatürliche Körperhaltung darstellte. Strafstoß und Gelb sind in der Konsequenz ein vertretbares Strafmaß.

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Was sagen die Regeln für den Video Assistant Referee (VAR)?
Bekanntlich befindet sich der Videoassistent in der laufenden Bundesliga-Saison noch in der Testphase, folglich sind die VAR-Regeln auch noch nicht offizieller Bestandteil des DFB-Regelkanons. Die VAR-Regeln vom IFAB (International Football Association Board) sehen eine Regelung für eine Situation vor, wie sie sich in Mainz zugetragen hat. Dort steht in Punkt 8.13, dass der Videoassistent auch nach dem Halbzeit- oder Schlusspfiff eingreifen kann, um auf eine irreguläre Situation hinzuweisen, die während des Spiels erkannt wurde. Der Unparteiische selbst erklärte in der Nacht, dass seine Vorgehensweise laut aktuellen Anweisungen für Bundesliga-Schiedsrichter in Deutschland nach Schlusspfiff nicht möglich gewesen wäre - ein klarer Unterschied zwischen DFB-Regelauslegung und IFAB-Regeln.

Ein Problem tat sich dann aber doch auf. Den Regeln zufolge ist es unerheblich, ob die Spieler noch auf dem Rasen sind oder nicht, lediglich der Schiedsrichter darf den Platz nicht verlassen haben. Doch genau das könnte passiert sein. Videoaufnahmen zeigen, wie Winkmann mit dem Ball in der Hand die Seitenauslinie überquert und kurz darauf in Richtung Spielertunnel läuft. Nun stellt sich die Frage, ob er den Hinweis des VAR erst erhalten haben könnte, nachdem er die Seitenauslinie bereits übertreten hatte. Winkmanns Gestik legt diesen Schluss nahe. Unter dem Strich ist es jedoch kaum überprüfbar, wo er sich befunden hatte, als er zum ersten Mal den Überprüfungshinweis bekam. Und dann wäre noch eine zweite Frage: Hätte er nach dem Hinweis überhaupt das Spielfeld verlassen dürfen, um die Spieler zurückzuholen. Oder hätten das seine Assistenten übernehmen müssen? All das könnte unter Umständen ein Thema für das DFB-Sportgericht werden.

Wie ist der kommunikative Ablauf im Schiedsrichter-Team zu bewerten?
Es ist mindestens als unglücklich zu bewerten, dass die Freiburger Spieler das Feld bereits verlassen hatten. Die VAR-Regeln halten die Schiedsrichter nämlich an, in solchen Fällen schnell zu reagieren und den Akteuren umgehend zu signalisieren, dass diese auf dem Spielfeld bleiben sollen, weil eine Videoüberprüfung stattfindet. Danach soll die Szene in gewohntem VAR-Prozedere überprüft werden. Der Videoassistent ist auch dazu angehalten, in den Schlussminuten einer jeden Hälfte den Schiedsrichter sofort über potenziell bevorstehende Videoentscheidungen zu informieren, damit es eben nicht zu Irritationen wie in Mainz kommt. Der Schiedsrichter hätte die Möglichkeit, den Halbzeitpfiff hinauszuzögern, um den Videobeweis abzuwarten. Das ist in Mainz nicht geschehen.

Fazit
Die Entscheidung, Strafstoß zu geben, war vertretbar und regelkonform. Lediglich die Kommunikation zwischen Schiedsrichter Winkmann und Videoschiedsrichterin Steinhaus war nicht optimal, was letztlich zu den Irritationen geführt hat. "Das sind Szenen, die will am Ende keiner richtig haben. Das nützt am Ende nicht viel, wenn man darüber redet, dass die Entscheidung korrekt ist. Das war keine Werbung, was den Ablauf betrifft", sagte Lutz Michael Fröhlich (Videobeweis-Projektleiter des DFB) nach Spielende bei "Eurosport", schränkte aber auch ein: "An der Stelle war es nicht möglich, anders vorzugehen. Wir haben das ganze Spiel sehr viele Trillerpfeifen gehabt, die Verständigung war schwer. Das Wichtigste ist, dass er einen Hinweis bekommt. Er hat sich die Situation nochmal angeschaut und ist nach kurzer Ansicht zu der Entscheidung gekommen, dass es ein Strafstoß war."

Bliebe noch die Frage des Standortes von Schiedsrichter Winkmann, als er zum ersten Mal angefunkt wurde. Befand er sich nicht auf dem Spielfeld, dann hätte der Videobeweis erst gar nicht zum Einsatz kommen dürfen. Es könnte also noch durchaus sein, dass sich das DFB-Sportgericht mit dem Fall noch mal beschäftigen muss. Das bleibt aber abzuwarten.

drm/Carsten Schröter

Bilder zur Partie 1. FSV Mainz 05 - SC Freiburg