Die Überzeugung in den Trainer hielt lange. Schon beim 1:2 in Sandhausen hatte sich mehr als nur angedeutet, dass in der Konstellation mit Daniel Thioune der Turnaround kaum darstellbar ist, die HSV-Bosse aber lehnten den Notfall-Plan ab zu einem Zeitpunkt, da noch fünf Spiele ausstanden. Jetzt, da nach zwei weiteren desillusionierenden und sieglosen Vorträgen die Aufstiegs-Chance nur noch minimal erscheint, übernimmt Nachwuchs-Direktor und Vereinslegende Horst Hrubesch. Es ist das Scheitern der nächsten Idee, an der lange festgehalten werden sollte. Eigentlich sogar über das Saisonende hinaus. Doch am Ende beeinflusste auch der Ex-Osnabrücker selbst sein Aus.
Der Auftritt nach dem 1:1 gegen den KSC hatte die Rest-Hoffnung bei Jonas Boldt schwinden lassen. Menschlich völlig nachvollziehbar hatte Thioune sein Innerstes nach außen gekehrt, seiner Enttäuschung freien Lauf gelassen und die Saison abgeschrieben. "Es macht keinen Sinn mehr über die Mannschaften um uns herum zu reden." Es war, verbunden mit dem vorangegangenen fahrigen Auftritt der Mannschaft der Moment, in dem ein Umdenken stattgefunden hat. Es setzte sich die Überzeugung durch, dass es, um es mit Thiounes Worten zu sagen, keinen Sinn mehr macht.
Die Trennung und die Installierung von Hrubesch ist gleichermaßen logisch wie konsequent. Allein, sie erfolgt zwei Spiele zu spät. Sosehr Thioune mit seiner öffentlichen Kapitulation am Donnerstagabend seine Freistellung einleitete, so richtig liegt er damit grundsätzlich auch. Eigentlich ist die Zeit, um doch noch auf den Aufstiegszug aufzuspringen, zu spät. Sehenden Auges die Saison austrudeln lassen aber wollten Boldt und Sportdirektor Michael Mutzel dennoch nicht. Zumal spätestens seit der abgelaufenen Woche klar war: Der Plan, mit Thioune einen neuen Anlauf zu nehmen, war ohnehin durchkreuzt.
Drei Trainer, drei Typen: Kommt beim HSV über kurz oder lang jeder von seinem Weg ab?
Die Bosse stehen deshalb vor einer Herkulesaufgabe. Weil sich mit dem eloquenten und empathischen 46-Jährigen nicht nur der dritte Trainer am Aufstiegs-Auftrag verhoben hat, sondern auch der dritte verschiedene Trainer-Typ. Hannes Wolf galt als der klassische hoffnungsvolle Rookie aus der Nachwuchsschule der deutschen Trainergeneration; Dieter Hecking war der Routinier, der mit seiner Ruhe und Ausstrahlung wirken sollte. Thioune vereinte von beiden etwas: Er hatte in Osnabrück das NLZ durchlaufen, zählt nicht zur ganz jungen Garde und gilt doch als innovativ und variabel. Am Ende zu variabel?
Er hatte auf Ausfälle verlässlich nicht mit Ausreden, sondern guten Antworten reagiert, aber: Der Trainer hat zuletzt vermehrt auch dann Spieler auf fremden Positionen eingesetzt, wenn alle Mann an Bord waren. Die Verantwortlichen sind in ihrer Analyse zu dem Schluss gekommen, dass Thioune ein wenig von seinem Weg abgekommen sei. Und genau an diesem Punkt wird es für sie problematisch. Bei Wolf und selbst bei Routinier Hecking war Ähnliches geschehen. Kommt also beim HSV über kurz oder lang jeder Trainer von seinem Weg ab? Ist dieser Verein mit seiner Größe in dieser für ihn gefühlt zu kleinen Liga untrainierbar? Oder liegt der Schlüssel nicht vielmehr darin, dass der einstige Branchenriese endlich verinnerlichen muss, dass er sich nicht an einstigem Ruhm, sondern an der zweitklassigen Realität orientieren muss?
Baumgart steht auf der Liste des HSV
Ein Mann, der dafür steht, das Machbare auszuschöpfen, ist für den Sommer auf den Markt gekommen: Paderborns Steffen Baumgart, ein bekennender HSV-Fan. Die Trainerfrage haben sich Hamburgs Verantwortliche bis zur vergangenen Woche nicht stellen wollen, jetzt beginnen die Sondierungsgespräche, da Hrubesch unwiderruflich nur die Lösung bis Saisonende ist. Verbürgt ist, dass Baumgart auf der Liste steht und ein ernsthafter Kandidat ist.