Ganz in Ruhe konnte Julian Ryerson seinen spektakulären Auftritt nach dem Spiel nicht analysieren. Im Gespräch mit den Vereinsmedien kam erst Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ins Bild, um dem Norweger eine herzliche Umarmung zu geben, dann Mitspieler Mats Hummels, der ihn mit eroberten Mikrofon auf Englisch fragte, ob er bei seinem Tor zum entscheidenden 3:1 nicht doch besser abgespielt hätte.
Der späte Treffer des Außenverteidigers, er stand nach dem Sieg bei der TSG Hoffenheim im Mittelpunkt - weil das 80-Meter-Solo denkbar spektakulär aussah und weil es "symbolisch für das stand, was wir in der zweiten Halbzeit leisten mussten", wie es Sportdirektor Sebastian Kehl formuliert: "Es war eine Willensleistung."
Ich habe nicht viel nachgedacht, es war einfach Instinkt.
Julian Ryerson
Was zwischen den Balleroberung am eigenen Strafraum und dem Abschluss durch die Beine von TSG-Keeper Oliver Baumann passierte, beschrieb Ryerson relativ emotionslos: "Ich habe den Ball gewonnen, wie ich es kann. Dann bin ich einfach nach vorne gelaufen und irgendwann stand ich alleine vorm Torwart und hab ihn gemacht. Ich habe nicht viel nachgedacht, es war einfach Instinkt."
Sein Trainer Edin Terzic war zumindest etwas enthusiastischer: "Julian erobert den Ball, Julian fährt den Konter. Julian hat dann einmal kurz überlegt, ob er nochmal querspielt und gemerkt, dass der Raum offen ist." Und der Coach verriet zudem, dass er "so ähnliche Situationen von Julian auch schon im Training gesehen" habe, nur "noch nicht so häufig in den Spielen". Terzics Fazit: "Ein toller Moment für ihn, ein extrem wichtiger Moment für uns. Und wir freuen uns, dass Julian sich mit dem Tor belohnen konnte."
Auch Füllkrug reibt sich die Augen
Das galt auch für die Bank, auf der die Dortmunder Mitspieler, zunächst gar nicht glauben wollten, dass da wirklich Ryerson auf dem Weg nach vorne ist. "Wir haben uns alle totgelacht", berichtet der zu diesem Zeitpunkt bereits ausgewechselte Niclas Füllkrug: "Wir haben uns die Augen gerieben und haben gesagt, war das wirklich der Ryerson?"
Er war es und in der Kombination aus Defensivstärke und Willenskraft am Ende auch klar erkennbar. War der Treffer also charakteristisch für den Kämpfertypen Julian Ryerson? "Ich versuche immer in jeder Minute alles zu geben", sagt der im kicker-Interview: "Egal, ob in der ersten oder der letzten. Es ist ja nicht meine Hauptaufgabe, Tore zu schießen." Ein angenehmer und manchmal wichtiger Nebenaspekt aber allemal.
Lesen Sie im Interview in der kicker-Montagausgabe (schon ab Sonntagabend als eMagazine) außerdem, wie Ryerson die Entwicklung von Union Berlin verfolgt und warum ihn die spektakulären Transfers seines Ex-Klubs nicht überrascht haben, was er in der Champions League vom BVB erwartet und was das Besondere an seinem Heimatort Lyngdal ist.