2. Bundesliga

HSV-Coach Walter: Auf die harte Tour ans Ziel?

HSV-Trainer erhöht die Intensität deutlich und geht damit ins Risiko

Walter: Auf die harte Tour ans Ziel?

HSV-Trainer Tim Walter zieht die Zügel an. Und geht ins Risiko.

HSV-Trainer Tim Walter zieht die Zügel an. Und geht ins Risiko. IMAGO/Jan Huebner

Schon das übliche Regenerationstraining am Tag nach einer Partie wurde am Samstag nach dem desolaten Auftritt beim 1:2 in Osnabrück durch eine intensive und beinahe einstündige Laufeinheit durch den Volkspark ersetzt. Zum Start in die laufende Trainingswoche am Montag hatte der 47-jährige Coach erneut Läufe angesetzt: Aufgeteilt in zwei Gruppen gab es knapp eineinhalb Stunden verschiedene Sprintformen, mit und ohne Ball.

Zeichen dieser Art von Trainern in Krisensituationen kommen in der Öffentlichkeit traditionell und mehrheitlich gut an - aber wie wirken sie nach innen? Das Band zwischen Walter und seiner Mannschaft und insbesondere zu seinen Führungsspielern war bislang enorm dick. Nach Osnabrück ist er mit seiner Generalkritik erstmals auf Distanz gegangen, obwohl er sich in Teilen mit einbezogen hat. Klar ist: Mit dem unter Walter erstmals leblosen Auftritt haben die Spieler keinerlei Argumente.

Ein Stilmittel, das Endzeitstimmung erzeugen kann

Unstrittig aber ist auch: Nachdem in Osnabrück schon die erwartete Reaktion auf die vorangegangene Pleite in Elversberg (1:2) ausgeblieben ist, geht Walter nun ins Risiko. Zum einen, weil er für seinen anspruchsvollen Spielstil die komplette Überzeugung der gesamten Gruppe benötigt und zum anderen, da Brandreden wie am Freitag und Maßnahmen wie die harte Tour im Anschluss daran nicht dauerhaft wiederholbar sind - sondern vielmehr ein Stilmittel, das Endzeitstimmung erzeugen kann, wenn es nicht fruchtet.

Ein Abrücken durch Jonas Boldt musste Walter nach den beiden Pleiten gegen die zwei Aufsteiger noch nicht fürchten. Der Sportvorstand bildet mit dem gebürtigen Badener seit dem April 2022, als beide vor allem beim Aufsichtsrat in der Kritik standen, eine enge Allianz. Aber: Im Kontrollgremium, das allerdings nicht operativ tätig werden kann, wird Walter kritischer gesehen als im Vorstand. Boldts Kurs aus dem Juni, auch nach dem zweiten Scheitern am Trainer festzuhalten, wurde letztlich mitgetragen, aber: Wenn das Saisonziel Bundesliga mit dem aufgerüsteten Kader erneut in Gefahr geriete, würde der Druck schnell zunehmen. Schon im Sommer war der Spielstil von Walter in dem Gremium ein Thema.

Es werden klare Entwicklungsnachweise erwartet

Das bedeutet: Am kommenden Freitag gegen Düsseldorf und vor allem auch bei der nächsten Reise zu einem Aufsteiger, zu Wehen Wiesbaden, werden klare Entwicklungsnachweise erwartet und nötig sein. Und die Partien werden auch Hinweise geben, ob Walters harte Tour zielführend ist.

Sebastian Wolff

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