Bundesliga

Dirk Zinglers Breitseite gegen die Corona-Politik

Union-Präsident wählt drastische Worte

"Vollchaos": Zinglers Breitseite gegen die Corona-Politik und den "Clown aus München"

Redete sich am Donnerstag in Rage: Dirk Zingler.

Redete sich am Donnerstag in Rage: Dirk Zingler. City-Press via Getty Images

Thema der fast zweistündigen Medienrunde am Donnerstagvormittag war die am Abend stattfindende digitale Mitgliederversammlung des 1. FC Union. Als das Thema Corona zur Sprache kam, wollte Dirk Zingler eigentlich gar nichts dazu sagen. Dann aber platzte dem Präsidenten des 1. FC Union der Kragen.

Der Unternehmer redete sich angesichts des Hin und Her bei den Corona-Maßnahmen der Politik, das zu großer Verunsicherung auch bei seinen Mitarbeitern führe, in Rage. "Unser Land ist in einem katastrophalen Zustand, weil es katastrophal geführt wurde und katastrophal kommuniziert wurde", sagte der 57-Jährige und bezeichnete die Situation als "Vollchaos". Es war nur der Anfang einer Breitseite.

Zingler sprach außerdem über...

… die Kommunikation aus und mit der Politik, etwa zum Thema mögliche Geisterspiele:

"Wir erleben Pressekonferenzen der Ministerpräsidenten - und drei Wochen später eine Verordnung, die nichts mehr von dem enthält, was auf den Pressekonferenzen gesagt wurde. Es war für mich nicht vorstellbar, wie schlecht dieses Land geführt wird. Das Abwälzen der Verantwortung auf Menschen, Veranstalter und Unternehmer ist kaum noch zu ertragen. (…) Es wird sich aufgeregt über volle Stadien. Aber wir regen uns nicht auf über lange Schlangen an Impfzentren, die mit zu geringer Kapazität und zu wenig Impfstoff arbeiten."

… den Profifußball als Vorbild:

"Ich kann mich daran erinnern, dass Karl-Heinz Rummenigge vor einem Jahr gesagt: Lasst uns als Fußballer als Vorbild vorangehen und uns impfen. Es gab eine Empörungswelle darüber, dass sich die Profifußballer vordrängeln würden. 18 Monate danach wird ein einzelnes Mitglied einer Berufsgruppe, die einen Impfstatus von über 90 Prozent hat, an den Pranger gestellt, weil er noch nicht geimpft ist. So absurd ist die Corona-Politik in diesem Land geworden. (…) Dass sich unsere Bundesregierung mit einer Einzelperson einer Berufsgruppe befasst, die zu 90 bis 95 Prozent geimpft ist, ist ein Skandal - und nicht Joshua Kimmich. Wenn wir gesellschaftliche Solidarität einfordern, soll das Land mal liefern, dann soll der Staat solidarisch mit seinem Volk sein und seine Hausaufgaben machen: Impfstoff zur Verfügung stellen, 30.000 Pflegekräfte einstellen und Krankenhausbetten organisieren. Danach kann er Solidarität von seinem Volk einfordern."

… Planbarkeit und Verlässlichkeit in Corona-Zeiten:

"Ich wünsche mir eine klare Führung. Durch Krisen muss geführt werden, und dabei muss gut kommuniziert werden. All das tun wir nicht. Wenn der Bundestag etwas mehrheitlich beschließt und es wird zum Gesetz, dann ist es so. Wir sind aber im Vollchaos. Ich bin froh, dass diese abgewählte Regierung endlich abtritt und wir hoffentlich einen Neuanfang kriegen."

… seine Erwartung an die neue Bundesregierung:

"(Es gab ein…) professionelles Führen von Koalitionsgesprächen, ohne dass etwas durchsickert. Ich erlebe ein gewisses Maß an Professionalität. Ich muss nicht mit allen Ergebnissen einverstanden sein. Und wenn dieser Clown aus München nicht mehr dabei ist, scheint ja die Bild-Zeitung keine Nachrichten mehr zu bekommen. Das erfreut mich."

… die Nachfrage, ob mit dem "Clown aus München" Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gemeint ist:

"Sie wissen nicht, wen ich meine. Es ist ein Kumpel von mir in München …"

… die Rolle des Profifußballs:

"Der Profifußball ist nicht in der Lage, liefern zu müssen, sondern liefern muss der Staat - durch vernünftige Kommunikation und vernünftige Corona-Politik. (…) Ich habe 2021 fünf Wochen lang jeden Tag Stunden auf einer Intensivstation verbracht (aufgrund eines Krankheitsfalls im engsten persönlich Umfeld, d. Red.). Ich weiß, wovon ich rede, ich weiß auch, was für eine Belastung die Schwestern und Pfleger haben. Mir brauchen sie nichts erzählen. Nicht der Fußball ist das Problem. Das Problem ist, dass wir in der Pandemie 30.000 Pflegkräfte und 6000 Betten verloren haben. Der Staat muss erst einmal seine Hausaufgaben machen, dann kann er die Grundrechte bei den Menschen einschränken. Dann habe ich auch Verständnis dafür und das Gefühl: Du hast alles untersucht, Staat, du bist an die Grenzen des Möglichen gegangen. (…) Da setzt sich eine Gesundheitssenatorin (Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci, d. Red.) hin und sagt: Ich würde am liebsten noch mehr verbieten. Da fehlen mir die Worte. Dieser Ansatz, dass ich nur durch Verbieten Infektionen vermeiden kann, da hört es bei mir leider auf."

Aufgezeichnet von Jan Reinold