Bundesliga

Union-Berlin-Präsident Zingler: "Der DFB hat seine Autorität verloren"

Präsident kritisiert Verband und nimmt Vereine in die Pflicht

Union-Chef Zingler: "Der DFB hat seine Autorität verloren"

"Aktuell erwarte ich vom DFB leider wenig": Dirk Zingler.

"Aktuell erwarte ich vom DFB leider wenig": Dirk Zingler. imago images

Bei der Frage, wie der Konflikt zwischen den Fanszenen und Verbänden befriedet werden könnte, setzt Dirk Zingler nicht auf den DFB. "Ich glaube, der DFB hat in den vergangenen Jahren seine natürliche Autorität verloren", sagt der Präsident von Aufsteiger Union Berlin im "Welt"-Interview. "Es gab viele Themen, durch die er an Reputation verloren hat, an Integrität und auch an Respekt."

Zingler: "Der DFB hat den Kontakt zu den Stadionbesuchern verloren"

Zingler nennt die verunglückte Vermarktung der Nationalmannschaft, die "schlechte" Atmosphäre und Zuschauerzahlen bei Länderspielen, das "ständig wechselnde Personal" an der Verbandsspitze. "Autorität entsteht ja nicht durch das Aufstellen und Umsetzen von Regeln. Sie entsteht durch gute Entscheidungen und verdienten Respekt", so Zingler. "Mein Kernvorwurf lautet: Der DFB hat den Kontakt zu und das Verständnis für die Mehrheit der Fußballfans, insbesondere der Stadionbesucher, verloren."

Für Zingler ist klar: "Wir Vereine sind jetzt gefordert", denn: "Für den Dialog mit der Szene sind die Vereine verantwortlich. Ich würde sogar sagen, es ist ihre ureigenste Aufgabe, mit den Fanszenen und den Zuschauern ein vernünftiges Miteinander zu organisieren." Der DFB könne vom Vereinsfußball lernen. "Wenn er glaubt, dass er mit Menschen und Organisationen so umgehen kann wie vor zehn, 20 Jahren, dann funktioniert das nicht. Aktuell erwarte ich vom DFB leider wenig."

Für mich ist der Begriff Idiot, wie aktive Fans jetzt vielfach genannt wurden, in der gleichen Kategorie angesiedelt wie der Hurensohn.

Dirk Zingler

Wie muss es jetzt weitergehen? "Wir müssen miteinander reden, anders geht es nicht", betont Zingler. Aber "du kommst nur in den Dialog, wenn du verbal abrüstest". Das gelte aber nicht nur für die Fanszenen ("Es ist inakzeptabel, Menschen zu diffamieren"), sondern für alle. "Denn für mich ist der Begriff Idiot, wie aktive Fans jetzt vielfach genannt wurden, in der gleichen Kategorie angesiedelt wie der Hurensohn."

Man müsse "der aktiven Szene auch dankbar sein, weil sie Dinge anprangert, die in anderen Ligen leider Alltag sind", sagt Zingler und verweist etwa auf den Julius-Hirsch-Preis für die FC-Bayern-Ultra-Gruppe "Schickeria", die seit den Anti-Hopp-Protesten in Sinsheim am Pranger steht. "Wir Fußballfunktionäre dürfen sie (die aktiven Fans, d.Red.) nicht für das, was uns genehm ist, benutzen und für das andere, was uns nicht passt, gleich als Idioten abtun."

"Dem DFB ist nicht gelungen, einen verlässlichen Dialog auf Augenhöhe zu führen"

Zingler fordert einen "sachlichen Dialog". Das heißt: "Wenn ich ständig anfange, damit zu drohen, Stehplätze zu kassieren oder sie als wichtigen Teil unserer Fußballgemeinschaft grundsätzlich infrage zu stellen bzw. dies oder jenes einzuschränken, führt das zu nichts. Es ist dem DFB vorzuwerfen, dass es ihm nicht gelungen ist, einen verlässlichen Dialog auf Augenhöhe zu führen. Deshalb und auch grundsätzlich sind die Vereine gefordert."

jpe