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Deutschland-Belgien: Tedesco hätte das Spiel gerne "gekillt"

Belgische Presse und Spieler voll des Lobes für neuen Trainer

Tedesco hätte das Spiel gerne "gekillt" - De Bruynes Spitze in Richtung Martinez

Erfolgsduo beim belgischen Neustart: Domenico Tedesco (li.) und Kevin De Bruyne (re.).

Erfolgsduo beim belgischen Neustart: Domenico Tedesco (li.) und Kevin De Bruyne (re.). imago images (2)

Was die deutsche Mannschaft nach der vergeigten Winter-WM noch zu schaffen versucht, ist Domenico Tedesco binnen kurzer Zeit gelungen: Mit zwei überzeugenden Siegen hat der deutsche Trainer in Belgien Euphorie ausgelöst. Zum Einstand hatten seine Roten Teufel am vergangenen Freitag Schweden in Solna die Grenzen aufgezeigt - beim 3:0 überraschte der im Verein formschwache Romelu Lukaku mit einem Dreierpack. Das große Ausrufezeichen folgte am Dienstagabend mit dem prestigeträchtigen Auswärtssieg in Deutschland.

In Köln knüpfte Tedescos Mannschaft nahtlos an die starke Leistung an - und führte den Weltmeister von 2014 in der ersten halben Stunde regelrecht vor. Sogar derart, dass sich Bundestrainer Hansi Flick zu der Aussage genötigt sah: "Es muss einmalig bleiben, dass wir solche 25 Minuten gesehen haben." Eine ganz bewusste Maßnahme Tedescos, dessen taktische Kniffe voll aufgingen. "Wir wollten Deutschland in den ersten Minuten überraschen und schocken. Das lag schon auch an uns und nicht nur an der deutschen Abwehr", so der ehemalige Schalker und Leipziger Coach. Auch die Idee mit Innenverteidiger Arthur Theate links hinten erwies sich als goldrichtig.

Der alles überragende Kevin De Bruyne, der sich mit zwei Vorlagen und dem vorentscheidenden Treffer zum 3:1 redlich die kicker-Note 1,0 verdient hatte, lobte Tedesco ausdrücklich:  "Wir haben erst acht Tage zusammen trainiert, und es gibt schon viele positive Dinge. Es macht Spaß, so zu spielen." Natürlich habe der neue Coach "in vier, fünf Trainingseinheiten nicht alles ändern" können, doch der Anfang ist gemacht - und vielversprechend.

Eine kleine Spitze gegen Tedescos Vorgänger Roberto Martinez konnte sich De Bruyne offenbar nicht verkneifen: "Wenn alle Spieler auf dem richtigen Platz eingesetzt werden, kommt die Qualität von alleine. Man sieht, dass uns die jungen Spieler neue Energie geben. Sie kommen zu uns mit dem Gefühl, Chancen zu bekommen." Auch Torschütze Yannick Carrasco von Atletico Madrid war voll des Lobes für Tedesco. "Wir haben viele junge Spieler, aber alle lernen viel vom neuen Trainer", so der 29-Jährige.

"Die ersten 20 Minuten wird so schnell niemand vergessen"

In die Lobeshymnen stimmte die belgische Presse logischerweise mit ein. Die Zeitung "La Derniere Heure" sah "einen historischen Sieg und frische Luft" im Nationalteam: "Die ersten 20 Minuten wird so schnell niemand vergessen." Bei "Le Soir" verstanden sie den Triumph über Deutschland gar als "Versprechen für die Zukunft". De Bruyne gefällt besonders das "neue System" Belgiens, durch das "wir mehr Druck ausüben und den Ball schneller erobern".

Neben dem genialen Spielmacher von Manchester City bekam Deutschland auch Lukaku so gar nicht in den Griff. Nur die Latte verhinderte einen zweiten Treffer des bulligen Stürmers. "Wenn du Lukaku als Zielspieler hast, dann musst du ihn auch nutzen", erklärte Tedesco: "Wir haben schon Qualität, das ist nicht einfach zu verteidigen."

Frei von Kritik war seine Analyse aber keineswegs. Speziell die Chancenverwertung in der Anfangsphase missfiel ihm. "Wir hätten 3:0 oder 4:0 führen können, das Spiel killen müssen", stellte der 37-Jährige klar. Stattdessen blieb die Partie bis in die Schlussminuten unnötig offen. Dann aber stand doch ein historischer Sieg, den 5000 frenetische belgische Fans vor Ort verfolgen durften. 

Tedesco: "Dass es so lange her war, wusste ich nicht"

1954, im ersten Länderspiel Deutschlands nach dem "Wunder von Bern", hatte Belgien in Brüssel zuletzt gegen Deutschland gewonnen (2:0). Anschließend hatten die Roten Teufel 15-mal gegen den viermaligen Weltmeister verloren - bei nur einem Unentschieden. Der letzte Sieg bei der DFB-Elf lag gar 113 Jahre zurück. "Dass es seit langer Zeit keinen Sieg in Deutschland gab, wusste ich", sagte Tedesco, um anzufügen: "Aber dass es so lange her war, wusste ich nicht."

Der Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft ist gelegt. Wobei Tedesco den belgischen Fußball im Gegensatz zu so manchem Kritiker auch gar "nicht am Boden" gesehen hatte. "Man kann Spiele verlieren, auch bei einer WM. Manchmal fehlt etwas Selbstvertrauen", so sein Credo: "Das muss man zurückbringen. Deshalb bin ich hier." Und das ist ihm fürs Erste eindrucksvoll gelungen.

msc

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