Christian Streich und Sandro Schwarz mögen und schätzen sich. Das zeigte sich schon vor dem Spiel bei der innigen Begrüßung und ganz besonders nach den 90 Minuten auf der Pressekonferenz. Streich hatte die Leistung seiner Mannschaft, mit der er durchaus zufrieden war, analysiert und den Gegner für dessen engagierten Auftritt gelobt.
Doch es gab aus Sicht des Freiburger Trainers einen Knackpunkt: "Das Ergebnis ist scheiße - aber nicht unverdient für Hertha, das ist klar." Die offene und direkte Kommunikation gefiel Schwarz, der grinsend sagte: "Ich finde dich überragend, Christian." Normalerweise wäre an dieser Stelle die Fragerunde losgegangen, das unterhaltsame Gespräch der beiden Fußball-Lehrer auf dem Podium ging aber weiter.
Ich hätte diese Haltung wahrscheinlich nicht mehr
Christian Streich über Sandro Schwarz' Haltung im Abstiegskampf
"Ich muss sagen, es kotzt mich an", fuhr Streich fort. "Ich weiß, ich kenne das Gefühl", zeigte Schwarz ehrliches Mitgefühl, was wiederum den SC-Coach animierte, seinen Kollegen zu loben. "Ich finde dich auch überragend. Was du für eine Haltung hast im Abstiegskampf, das möchte ich nicht mehr erleben, ich hätte diese Haltung wahrscheinlich nicht mehr."
Jetzt, wo die Laune bei allen Anwesenden in den Katakomben des Freiburger Stadions aufgeheitert war, ging es aber wirklich los mit der Fragerunde.
Seine Enttäuschung konnte Streich weiterhin nicht abschütteln. Das hatte auch mit dem jüngsten 1:1 in Mainz vor der Länderspielpause zu tun. "In Mainz haben wir so gut gespielt, lassen aber den Sieg in der 96. Minute liegen, weil wir uns abkochen lassen und unheimlich naiv sind. Heute wieder. Wenn du eines der zwei Spiele gewinnst, dann ist alles in Ordnung", bemängelte der Routinier.
Flekken bedauert verpasste Chance

"Hätten einen großen Sprung machen können": Mark Flekken. IMAGO/Beautiful Sports
Die Aussagen zeigen das Selbstbewusstsein und die Ansprüche, die, die aufstrebenden Breisgauer nicht mehr im Verborgenen halten. Auch Torhüter Mark Flekken machte das deutlich.
"Wir hätten einen großen Sprung in Richtung Champions League machen können. Wenn du auf diesem Niveau in der Tabelle mitspielen willst, musst du das Ding über die Bühne bringen", sagte der Niederländer nach der verpassten Chance, bis auf vier Punkte von RB Leipzig davonzuziehen.
Es war nicht einfach gegen die Hertha, die mit einer tiefstehenden 5-3-2-Formation die Räume unheimlich eng gemacht und Freiburg immer wieder in Eins-gegen-eins-Situationen gezwungen hatte.
"Viele Mannschaften machen es in der Zwischenzeit so. Union Berlin ist da seit Jahren in einer Vorbildfunktion, die machen es sensationell gut. Es ist dann brutal schwer, Räume zu finden. Viele Systematiken sind erstmal gegen den Ball ausgerichtet. Da ist es extrem schwierig, aus dem Spiel heraus Torchancen zu kreieren", analysierte Streich. So war es mal wieder die individuelle Klasse von Vincenzo Grifo, der einen indirekt ausgespielten Freistoß im Tor unterbrachte.
Der Moment, der Streich ärgerte
Doch dann folgte der Moment, der Streich so ärgerte. Jonathan Schmid verlor bei seinem ersten Einsatz in dieser Saison das Duell mit Jessic Ngankam, kam ins Straucheln und Flekken war machtlos, nachdem er zuvor noch glänzend gegen Dodi Lukebakio eine ähnliche Situation parierte.
"Er ist wahnsinnig erfahren, er muss sich da anders verhalten, das weiß er selbst. Das ist nicht schlimm, dass es ihm passiert, aber es nervt mich total. Den Jonny ärgert das aber am meisten. Er hat jetzt natürlich keine ruhige Nacht. Da kann ich ihm jetzt aber auch nicht helfen", so Streich. Bei diesem Stimmungstief war dann auch Sandro Schwarz machtlos.