Bundesliga

Stark und Hertha BSC: Darum ist nach sieben Jahren Schluss

Bobic bestätigt Abgang von Herthas Vize-Kapitän

Stark und Hertha: Darum ist nach sieben Jahren Schluss

Niklas Stark (re.) wird Hertha BSC verlassen.

Niklas Stark (re.) wird Hertha BSC verlassen. IMAGO/Fotostand

In der diesmal im beschaulichen Trainingslager-Ort Harsewinkel abgehaltenen Spieltagspressekonferenz bestätigte Geschäftsführer Fredi Bobic am Freitag, was der kicker tags zuvor berichtet hatte: dass sich die Wege von Hertha BSC und Niklas Stark nach dieser Saison trennen werden. Es seien "übers Jahr hinweg hinter den Kulissen viele Gespräche geführt" worden, ohne fruchtbares Ergebnis. "Es läuft darauf hinaus", erklärte Bobic, "dass sein Vertrag endet und sich Niklas sicherlich verändern wird."

Hertha lässt seinen Vize-Kapitän, der einer der Besserverdiener im Kader ist, ablösefrei ziehen - aus finanziellen Gründen und weil dem Klub die letzte Überzeugung in dessen Leadership-Qualitäten fehlt. "Wirtschaftliche Fragen sind heutzutage leider viel wichtiger geworden als das Sportliche manchmal", sagte Bobic. "Es war schwierig, ihm ein adäquates Angebot für eine Verlängerung zu machen."

Es kam alles ganz anders

Noch vor knapp einem Dreivierteljahr, im Frühsommer 2021, schien die Ausgangslage in Herthas Innenverteidigung eine andere: Bobic hinterlegte bei Starks Berater die Absicht, in konkrete Vertragsverhandlungen einzusteigen - zugleich sollte Innenverteidiger-Konkurrent Dedryck Boyata mit Belgien die EM-Bühne nutzen und sich für Interessenten ins Schaufenster stellen. Es kam anders: Kapitän Boyata verlängerte bei Hertha im August vorzeitig bis 2024, während die Gespräche mit Stark nie auch nur in die Nähe einer Einigung kamen.

Und ab dem Spätsommer beschlich Eingeweihte das Gefühl, dass beide Seiten - Klub und Spieler - sich mit dem Gedanken, es nach Ablauf des Vertrages im Sommer 2022 ohne den anderen zu versuchen, immer mehr anfreundeten. Hertha hätte sich vom smarten Franken mehr Profil in Krisenzeiten gewünscht, Stark vom Klub eine andere sportliche Entwicklung - und an der einen oder anderen Stelle auch mehr Rückendeckung.

Magath sieht Stark auf der Sechs

Unter Jürgen Klinsmann wollte er bereits im Januar 2020 weg, unter Tayfun Korkut hatte er nicht das Standing wie unter Pal Dardai. Korkuts Nachfolger Felix Magath stellte den etatmäßigen Innenverteidiger Stark in seinem ersten Spiel als Hertha-Trainer gegen die TSG Hoffenheim (3:0) auf die Sechs - und wurde für den Schachzug belohnt. Dem kicker sagte Magath: "Niklas Stark wurde auf dieser Position groß. Ich habe ihn in seiner Zeit beim 1. FC Nürnberg verfolgt, er war ein sehr hoffnungsvoller Spieler und wurde Nationalspieler." Stark, der per Kopf zum 1:0 traf, verzeichnete zwar nur 23 Ballkontakte, ordnete aber im 4-1-4-1 die Reihen und brachte dem Team, was es so dringend benötigte: Stabilität. Magaths Lob schloss Starks Auftritt explizit mit ein: "Es war einfach gut, wie kompakt wir standen. Und es war schwierig, an unserer Defensive vorbeizukommen."

Er will den Klassenerhalt mit der Mannschaft schaffen, damit er hier auf dem roten Teppich raus kann.

Fredi Bobic

Stark soll trotz des bevorstehenden Abschieds im Saisonfinale unter Magath eine tragende Rolle spielen. "Wichtig ist für mich, dass er bis zum Schluss alles reinhaut - und das wird er machen", sagte Bobic. "Er ist ein absoluter Top-Sportsmann, wichtig für die Mannschaft. Er will den Klassenerhalt mit der Mannschaft schaffen, damit er hier auf dem roten Teppich raus kann."

Für Stark, den Hertha im August 2015 für drei Millionen Euro Ablöse vom 1. FC Nürnberg geholt hatte, gab es bereits im Winter Interesse aus England (West Ham, Wolverhampton). Aktuell beschäftigt sich neben einigen Bundesligisten auch ein Serie-A-Klub mit ihm. Noch ist dem Vernehmen nach nicht mal eine Vorentscheidung über die künftige Arbeitsstätte gefallen.

Für die Zukunft hat sich Hertha im Abwehrzentrum ohne ihn bereits aufgestellt. Vor Boyata hatte in Marton Dardai ein weiterer Innenverteidiger langfristig verlängert (2025). Das 18-jährige Eigengewächs Linus Gechter - Rechtsfuß wie Boyata und Stark - spielt eine erstaunlich abgeklärte Premieren-Saison auf der Bundesligabühne und verlängerte vor zwei Wochen bis 2025. Der im Winter ohne Kaufoption an KAA Gent verliehene Jordan Torunarigha kehrt im Sommer aus Belgien zunächst mal nach Berlin zurück - dass er bleibt, ist nicht ausgeschlossen. Und im Januar lotste Bobic in Marc Oliver Kempf (Vertrag bis 2026) seinen Wunsch-Innenverteidiger aus Stuttgart nach Berlin.

Magaths Startbilanz - Nur zweimal ging's schief

Kempf und Stark waren in gemeinsamen Nachwuchs-Zeiten beim DFB ein verheißungsvolles Tandem, sowohl 2014 beim Gewinn des U-19-EM-Titels (1:0 im Finale gegen Portugal) als auch 2017 beim Gewinn des U-21-EM-Titels (1:0 im Finale gegen Spanien). Beiden bleiben noch sieben - falls es für Hertha in die Relegation geht, neun - gemeinsame Spiele.

Dann zieht der Auto-Liebhaber Stark weiter. Er war in dieser Saison in einer chronisch instabilen Mannschaft der stabilste Innenverteidiger und einer, der sich auch nach schlechten Spielen - von denen es bei Hertha etliche gab - immer wieder stellte. Vergnügungssteuerpflichtig war das nicht, und dass dieser derart heterogen geformte Kader - für Trainer und Führungsspieler - oft schwer zu lenken war, haben in den Zeiten des Dauer-Umbruchs neben Stark noch ganz andere bei Hertha gemerkt. "Niklas", sagte Bobic am Freitag, "spürt vielleicht auch in sich eine Veränderung, die ihm gut tun könnte." Falsch ist dieser Eindruck nicht.

Steffen Rohr

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