Er ist Bayers Königstransfer dieses Sommers. Für 26 Millionen Euro Ablöse, die durch Boni auf 30 Millionen anwachsen können, hat der Klub Odilon Kossounou vom FC Brügge verpflichtet. Und bei seinem Debüt im Bayer-Trikot deutete der 20-jährige Innenverteidiger an, was in ihm steckt. "Individuell hat er das gezeigt, was wir erwarten. Zweikampfstärke, Dynamik, aber es fehlt die Bindung zu den Mitspielern. Er hat ein Training mitgemacht. Wenn jemand neu dazu kommt, braucht das ein bisschen Zeit", urteilte Seoane nach der 1:5-Niederlage gegen den FC Utrecht. Nach 90 Minuten hatte es 1:2 gestanden. In den dritten 45 Minuten hatte Bayer mit zahlreichen Jugendspielern noch drei Treffer kassiert.
Kossounous Probleme stehen sinnbildlich für die Seoanes. Beide benötigten vor dem Pflichtspielstart am Samstag in einer Woche eigentlich mehr Zeit und mehr Testspiele. "Es gab ein, zwei Szenen, in denen Odilon an einem Ort war, wo er nicht sein musste. Das gehört dazu. Jeder Trainer will auf eine andere Weise verteidigen. Wir müssen das jetzt mit ihm aufarbeiten und nachholen, was wir mit den anderen schon angeschaut haben", erklärte der Trainer.
Äußere Einflüsse verhinderten immer wieder Einheiten
Der Haken daran: Seoane, Kossounou und dem gesamten Kader bleibt nur noch das Testspiel am Samstag (14 Uhr) gegen Rot-Weiß Oberhausen. Wohl zu wenig, um Seoanes Ideen nur annähernd umzusetzen. Zumal der erste Test wegen Starkregens genauso ausgefallen war wie zwei Trainingstage aufgrund äußerer Einflüsse. Im Trainingslager war der Platz nach starkem Regen nicht nutzbar, am Dienstag durfte Bayer nach einer schweren Explosion in der Nähe der Bay-Arena aufgrund der Gefährdungslage nicht im Freien trainieren.
Dementsprechend fiel Seoanes Urteil über den Utrecht-Test aus: "Es war eine veränderte Woche durch den Vorfall am Dienstag. Wir haben am Vormittag noch trainiert. Was die Leistung betrifft, kann ich keine 100-prozentigen Rückschlüsse ziehen. Trotzdem gab es viele Dinge, die wir bewerten können. Es gab auch viele Dinge, die nicht so gut waren."
In der Tat: Viele fahrlässige Ballverluste, schlechtes Umschalten in die Defensive, fehlende Konsequenz und Präzision bei eigenen Kontern und Angriffen, die dadurch viel zu oft ohne Effekt verpufften. Und reihenweise Abstimmungsschwierigkeiten.
Seoane hofft auf Rückkehrer
Seoanes Einordnung: "Die erste Viertelstunde von uns war gar nicht gut, überhaupt nicht präsent in den Zweikämpfen, zu langsam mit dem Ball, total überfordert mit dem Tempo von Utrecht. Das wurde dann besser, etwas mehr Struktur im Spiel, auch einige Torchancen."
Entscheidendes konnte der neue Trainer noch nicht bewirken, der hofft, dass bei der Generalprobe am Samstag Charles Aranguiz und Patrik Schick, die bei ihren kontinentalen Turnieren im Einsatz waren, erstmals zumindest 45 Minuten mitwirken. Copa-Teilnehmer Exequiel Palacios kehrt erst am Wochenende nach Deutschland zurück, die Olympia-Teilnehmer Nadiem Amiri und Paulinho noch später. Zudem stehen noch nicht alle Zugänge fest und Gold-Cup-Teilnehmer Leon Bailey vor einem Wechsel.
"Im Fußball hat man immer nur beschränkt Zeit"
Denkbar ungünstige Voraussetzungen, gerade für einen neuen Trainer. Dass andere Klubs wie Bayern München und der BVB dieses Schicksal („Irgendwie trifft uns das alle“, so Seoane) teilen, hilft nicht wirklich. "Für den Trainer ist es unangenehm, für die Mannschaft ist es etwas unruhig, Wenn man neu dazukommt, hat man eigentlich das Gefühl: So, in den nächsten vier, fünf Wochen arbeitest du viele Sachen auf." Doch die Realität sieht anders aus. "Es ist eine holprige Vorbereitung. Das darf man so sagen", stellt der 42-Jährige unumwunden fest, "aber wir müssen nicht jammern, sondern Lösungen suchen. Auf dem Weg befinden wir uns. Aber es gibt sicher einfachere Starts."
Es wird ein Wettlauf mit der Zeit, die altbekannten Probleme im Bayer-Spiel auszumerzen. Seoane ist sich bewusst, wie kniffelig die Situation ist: "Es gibt schon Themen, die wir mitnehmen aus der vergangenen Saison, die wir bearbeiten. Da reicht die Ansprache allein nicht. Das braucht auch ein bisschen Zeit. Aber wir wissen: Im Fußball hat man immer nur beschränkt Zeit."
Ein holpriger Start nach einer holprigen Vorbereitung dürfte jedenfalls niemanden verwundern. Seoane sagt: "Es wird wichtig sein, dass wir, wenn alle da sind, an gewissen Prinzipien wirklich sehr genau arbeiten, damit wir das sehr schnell auf den Platz bringen. Es ist uns bewusst, dass das jetzt alles noch nicht möglich ist. Und es bringt auch nichts, sich extrem aufzuregen." Seoane demonstriert Gelassenheit. Dennoch ist sein Start bei Bayer ist einer mit vielen Handicaps.