Bundesliga

Schwarz: "Zehn Tage Liebesentzug? Auf keinen Fall!"

Hertha-Coach verteidigt sein Team mit emotionalen Worten

Schwarz: "Zehn Tage Liebesentzug? Auf keinen Fall!"

Hertha-Coach Sandro Schwarz hat sich nach dem schwachen Auswärtsspiel in Hoffenheim vor seine Mannschaft gestellt.

Hertha-Coach Sandro Schwarz hat sich nach dem schwachen Auswärtsspiel in Hoffenheim vor seine Mannschaft gestellt. IMAGO/Nordphoto

Die abgestellten Nationalspieler fehlten ohnehin. Und neben Dodi Lukebakio (Belgien), Stevan Jovetic (Montenegro), Peter Pekarik (Slowakei), Jessic Ngankam (U21 des DFB), Derry Scherhant (U20 des DFB), Lukas Ullrich (U19 des DFB) und Pascal Klemens (U18 des DFB) verpassten erwartungsgemäß auch die fürs Hoffenheim-Spiel ausgefallenen Marc Kempf (Hüftverletzung) und Marton Dardai (Gesäßmuskelprobleme) den Trainingsstart in die bundesligafreie Woche. Gleiches galt für das verletzte Trio Chidera Ejuke (Knie), Jean-Paul Boetius (Schulter) und Kelian Nsona (Knie).

Am Dienstag auch nicht auf dem Platz: Suat Serdar und Filip Uremovic, die beide aus Gründen der Belastungssteuerung kürzertraten. Innenverteidiger Uremovic soll am Mittwoch, spätestens am Donnerstag wieder mitmischen. Mittelfeldspieler Serdar, zuletzt über Wochen durch eine Leistenblessur gehandicapt, soll in der kommenden Woche, an deren Ende Hertha BSC beim SC Freiburg gastiert, wieder mit dem Team trainieren.

Weil das ursprünglich für Mittwoch geplante Regionalliga-Spiel von Herthas U23 in Halberstadt ausfällt, stieß Julian Eitschberger am Dienstag zu den Profis hinzu, sodass Sandro Schwarz mit zwölf Feldspielern arbeiten konnte. In der Medienrunde nach dem Training ordnete der Trainer des Liga-Sechzehnten die Lage und den Zustand seines Teams ein - und redete sich im Berliner Nieselregen auf Betriebstemperatur. Er zeigte das Temperament, das seinem Team drei Tage zuvor bei der blutleeren Darbietung in Sinsheim gefehlt hatte.

Sandro Schwarz über...

…die Leistung gegen Hoffenheim: "Für das Was brauchst du einen klaren Kopf und klare Gedanken. Aber beim Wie ist der große Unterschied, ob du es mit 60 oder mit 100 Prozent machst. Es hat in Hoffenheim nicht funktioniert. Da gehört der Spielverlauf dazu, da gehören die Geschenke dazu, die wir verteilt haben, da gehört die Reaktion dazu. Jetzt ist Pause, und das ist der letzte Eindruck. Jetzt diskutieren wir darüber. Das müssen wir uns auch anhören und gefallen lassen. Jetzt haben wir das Hoffenheim-Spiel drin in den Klamotten, und nun gilt es, das Stück für Stück rauszuschleudern als Mannschaft und dann zielgerichtet zu sein aufs Freiburg-Spiel."

…die Aufarbeitung des Spiels: "Wie Abstiegskampf auszusehen hat, habe ich am Sonntag gesagt. Die Jungs wissen es auch. Das haben wir am Samstag nicht gezeigt, das ist definitiv so. Aber ich werde bei meiner Mannschaft nicht grundsätzlich werden, auf keinen Fall. Ich bin sehr unzufrieden mit dem, was wir am Samstag gespielt haben. Das wird aufgearbeitet.

Hat Hertha BSC diesen Abstiegskampf begriffen? Ich glaube, dass wir nach Frankfurt ganz klar den Beweis angetreten haben, dass wir wissen, wie unser Spiel auszusehen hat und dass wir das auch in Ergebnisse umgemünzt haben. Dass das jetzt für uns enttäuschend, ernüchternd, frustrierend war, was wir am Samstag gespielt haben, definitiv, da bin ich bei der Kritik dabei.

Schwarz sieht, dass seine Mannschaft den Abstiegskampf annimmt

Wir reden nichts schön, wenn wir in unsere Kabine oder unseren Sitzungsraum reingehen - so nach dem Motto: Das kann mal passieren. Auf keinen Fall, das sollte uns nicht passieren und sollte gerade nach der Länderspielpause in den letzten neun Spielen nicht mehr ganz so oft passieren. Der Situation sind wir uns bewusst, dem Abstiegskampf sind wir uns bewusst. Aber wir brauchen jetzt nicht so tun, als würden meine Spieler nicht wissen, in welcher Situation wir stecken.

Samstag haben wir komplett falsch reagiert auf das 0:1 und das 0:2, das unterschreibe ich sofort. Aber ich unterschreibe ganz klar nicht, dass meine Mannschaft diesen Abstiegskampf nicht annimmt, irgendwas schönredet oder die Stimmung zu gut ist und gesagt wird, das kriegen wir schon geregelt."

…das Bewusstsein im Team: "Kein Mensch hat hier das Gefühl, das kriegen wir schon irgendwie hin. Wir sind uns der Gefahr total bewusst und total klar. Wir gehen offen damit um und sperren uns nicht ein. Aber dieses Spiel mach‘ ich nicht mit, dass jetzt zehn Tage gesagt wird, die Mannschaft wisse nicht, was Abstiegskampf bedeutet. Sie weiß, was Abstiegskampf bedeutet. Wir müssen eine andere Leistung bringen, eine andere Haltung bringen, definitiv. Aber dass ich jetzt zehn Tage auf Liebesentzug gehe mit meiner Mannschaft, auf keinen Fall."

 Wir brauchen diese Stimmung, dass wir wissen, dass wir scheiße gespielt haben, dass wir echten Schrott gespielt haben

Sandro Schwarz

…die interne Stimmung: "Die Stimmung ist nicht gut, aber das ist auch gut so. Ich erwarte nicht, dass ich heute Morgen um halb neun hier reinkomme und denke, hoffentlich sind die Jungs gut gelaunt. Sie müssen nicht gut gelaunt sein. Wir müssen uns nicht in den Arm nehmen und auf den Platz laufen und sagen: Super-Stimmung. Wir brauchen diese Stimmung, dass wir wissen, dass wir scheiße gespielt haben, dass wir echten Schrott gespielt haben. Diese Stimmung brauchen wir und das sehe ich den Jungs auch an.

Wenn ich in die Kabine komme, da läuft keine Mallorca-Musik und alles ist super. Das ist definitiv diese Haltung, die wir brauchen. Ich weiß, dass hier schon viel mitgemacht wurde und gefragt wird: Oh Gott, was passiert jetzt mit Hertha BSC? Aber: nicht grundsätzlich werden. Dafür sehe ich die Jungs, dafür kenne ich sie, dafür fühle ich sie jeden Tag, wie sie mit der Situation umgehen."

…Selbstkritik der Spieler: "Dass irgendein Spieler denkt, er hat mit der ganzen Sache nichts zu tun - nein. Sie gingen sofort in die Eigenverantwortung. Die Jungs sind sehr selbstkritisch. Das merkt man in den Einzelgesprächen, die wir schon geführt haben. Sie wissen genau, dass es keinen Spielraum gibt bei dem, was wir am Samstag gespielt haben. Das letzte Spiel wird uns weiter begleiten in der einen oder anderen Gesprächsrunde, aber dann geht der Blick darauf, was wir für die kommende Aufgabe brauchen."

…Herthas Ausgangslage für das Saisonfinale: "Die Situation ist so, dass du sie immer noch lösen kannst. Das darf keiner vergessen. Die Situation ist nicht berauschend, wir hätten sie uns gern anders gewünscht, keine Frage. Aber sie ist nicht so, dass du hier vier Wochen durch die Gegend laufen und dich fragen musst: Puh, wie sollen wir jetzt diese Situation lösen? Auf keinen Fall. Ein anderes Gesicht auswärts, Heimspiele genauso absolvieren, dann kannst du das regeln. Das ist die gute Nachricht."

…die Diskrepanz zwischen Heim- und Auswärtsspielen: "Das haben wir schon auch zum Thema. Das werden wir auch nächste Woche, wenn alle da sind, noch mal thematisieren und dann die Antworten haben für Freiburg (Herthas nächstes Bundesligaspiel am 1. April (15.30 Uhr), d. Red.). Es ist doch sonnenklar, dass wir in den Heimspielen ein anderes Gesicht zeigen. Dass wir dieses Gesicht haben, ist schon mal die gute Nachricht. Und von den letzten drei Auswärtsspielen (1:3 in Hoffenheim, 1:4 in Leverkusen, 1:4 in Dortmund, d. Red.) waren zwei schlecht und eins ordentlich. Diese Diskrepanz ist Woche für Woche ein Thema. Das ist der Grund dafür, warum wir in dieser Tabellenregion sind."

…die Erwartungen ans Freiburg-Spiel: "Erst mal wollen wir das Testspiel am Freitag (Benefizspiel gegen den Berliner AK, d. Red.) sehr seriös absolvieren. In Freiburg wird es darum gehen, sehr konsequent mit der Stärke des Gegners umzugehen, Standards sehr gut zu verteidigen und sehr konsequent in den einzelnen Spielphasen zu verteidigen. Haltung, Energie, Körpersprache, Ausstrahlung - all das sind die Themen, die wir am Sonntag schon besprochen haben und die wir für die restlichen neun Spiele brauchen."

Steffen Rohr

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