Vorstandsvorsitzender - das klingt zunächst einmal nach besonders hoher Verantwortung, nach größtmöglicher Macht, nach ultimativer Entscheidungsgewalt. Bernd Schröder aber sieht sich eher als Teil eines gleichberechtigten Vorstandstrios. Er soll mehr der Sprecher sein, weniger der "Big Boss". Ausgesucht wurde Schröder mit viel Bedacht vom Aufsichtsrat des FC Schalke 04, der Vertrag des Vorsitzenden begann am 1. Januar und ist drei Jahre lang gültig.
Am Dienstag wurde Schröder auf Schalke offiziell vorgestellt. Gemeinsam mit seinen Gremiumskollegen, Finanzchefin Christina Rühl-Hamers und Sportvorstand Peter Knäbel, erklärte er, wie die Herangehensweise des Trios aussehen soll. Einer der wichtigsten Aspekte dabei war nicht neu, aber es wert, noch einmal hervorgehoben zu werden: "Wir wollen uns langfristig aufstellen und in jeder Situation handlungsfähig sein", sagte Rühl-Hamers. "Wir versuchen, uns ein wirtschaftlich stabiles Fundament zu erarbeiten." Kernpunkt: "Wir geben nur das aus, was wir haben."
Ich habe gerne Schubladen, die ich bei Bedarf öffnen kann.
Christina Rühl-Hamers
Rühl-Hamers betonte, immer auf alles vorbereitet sein zu wollen. "Ich habe gerne Schubladen, die ich bei Bedarf öffnen kann", sagte sie. Ein Beispiel: Wenn es finanziell ganz eng wird, könnte der Klub immer noch seine Cateringrechte verkaufen.
Die vergangenen Monate und den Tabellenstand sieht Rühl-Hamers als Beleg dafür, dass der Verein den "Spagat zwischen kaufmännischer Vernunft und Konkurrenzfähigkeit" durchaus hinbekommt. Die Finanzchefin verkörpert Ruhe und Souveränität, auch mit Blick auf die Lizenzierung. Im März müssen die Unterlagen eingereicht werden, Rühl-Hamers rechnet abermals mit Auflagen seitens der DFL, betont aber ausdrücklich: "Wir wissen, dass wir sie erneut erfüllen werden."
Langfristige Strategien von Bedeutung
Wichtig war dem nun vollständigen Vorstand bei Schröders Vorstellung am Dienstag, dass es sich beim Gesamtplan der Gelsenkirchener um langfristige Strategien handelt. Rühl-Hamers und Co. wollen sich "schon jetzt Gedanken über das Sportbudget in drei bis fünf Jahren" machen und "schon jetzt schauen, welche strategischen Maßnahmen dafür getroffen werden müssen". Allein diese Denke unterscheidet sich deutlich vom mitunter sündhaft kostspieligen "Wetten auf die Zukunft"-Credo der jüngeren Vergangenheit, als der Erfolg zu häufig und zu undurchdacht erkauft werden wollte.

Macher auf Schalke: Dr. Bernd Schröder, Christina Rühl-Hamers und Peter Knäbel (v.li.). picture alliance / Tim Rehbein/RHR-FOTO
Die neue Konstellation auf Führungsebene fühle sich "komplett, passend und stabil" an, erklärte Knäbel, der das "Kadermanagement" - ein weiteres Schlagwort der Veranstaltung am Dienstag - maßgeblich verantwortet. Schröder bekräftigte, dass der Verein "den Fußball und die Region wieder stark machen" wolle, vor allem mit "Stabilität, einem guten Plan und königsblauem Herzen". Schalke, sagte Schröder, "muss wieder ein Leuchtturm sein".
Wohlklingende Worte, kaum Details
Was das Trio da am Dienstag vortrug, klang alles gut, die Worte waren mit Bedacht gewählt. Inhaltlich konkreter wurden die Protagonisten aber kaum. So blieb offen, welche Punkte das neue "Sportkonzept" denn im Detail beinhaltet. Es sei "zu früh, um konkrete Maßnahmen zu nennen", meinte Schröder, der auf die Mitgliederversammlung im Juni verwies, auf der Näheres erörtert werden solle.
Offen blieb auch, wie der FC Schalke 04 langfristig mit seinem umstrittenen Hauptsponsor umzugehen gedenke. Vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen weltpolitischen Lage sehen auch viele Mitglieder die Kooperation mit Gazprom kritisch. Schröder sagte in der offiziellen Runde nur: "Gazprom Germania ist ein sehr verlässlicher Partner. Wir sind froh, dass wir ihn an unserer Seite haben."
Das steht nicht auf unserer Agenda.
Bernd Schröder
Besonders pikant: In der Schalker Arena wird schon länger plakativ für die Gaspipeline geworben, die von der Gazprom-Tochter Nord Stream 2 AG gebaut wurde und die in der Weltpolitik aktuell als Druckmittel benutzt wird. Mit Matthias Warnig sitzt sogar der Vorsitzende der Geschäftsleitung von Nord Stream 2 im Aufsichtsrat des Zweitligisten. Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Axel Hefer sieht darin kein Problem, auf kicker-Nachfrage erklärte er am Dienstag: "Im Gremium geht es um Menschen und nicht um die Institutionen, die sie vertreten. Wir arbeiten sehr gut zusammen, sehr konstruktiv."
Das Thema Ausgliederung moderierte Schröder derweil am Dienstag kurz und knapp weg. Nachdem die vorherige Vereinsführung um Marketingvorstand Alexander Jobst eine Ausgliederung forciert hatte und bereits mit der Ausarbeitung konkreter Pläne beschäftigt gewesen war, nimmt Schalkes neue Spitze davon weiten Abstand. "Das steht nicht auf unserer Agenda", sagte Schröder auf kicker-Nachfrage.