2. Bundesliga

Proschwitz fliegt - Finke setzt Effenberg unter Druck

Paderborn reagiert auf Vorwürfe im Trainingslager

Proschwitz fliegt - Finke setzt Effenberg unter Druck

Steht in Paderborn vor dem Aus: Nick Proschwitz.

Steht in Paderborn vor dem Aus: Nick Proschwitz. picture alliance

Am Montag hatte es im Büro von SCP-Klubboss Wilfried Finke ab 11 Uhr vormittags ein mehrstündiges Treffen zwischen dem Patriarchen, Manager Michael Born, Trainer Stefan Effenberg und Proschwitz gegeben. Auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz wurde dann am Montagabend das Ergebnis dieser Krisensitzung bekanntgegeben. "Wir haben uns entschieden, dass der Spieler Nick Proschwitz das Trikot des SC Paderborn nicht mehr überstreifen wird. Das ist die wesentliche Nachricht des Tages", verkündete Finke das erwartete Aus für den Angreifer.

Finke sagte, dass er Proschwitz' Vorgehen "verurteile und verabscheue" - unabhängig davon, was denn genau in der Nacht von Samstag auf Sonntag in einer Bar im Teamhotel im Winter-Trainingslager im türkischen Belek vorgefallen sein soll. "Mir ist völlig egal, wie tief die Hose hing. Tatsache ist, dass als Spieler des SC Paderborn, als Gast in einem muslimisch geprägten Land einfach kein Platz für solche Eskapaden ist", sagte der Möbelunternehmer. Wie der SCP-Boss allerdings andeutete, könnte die Klärung der genauen Geschehnisse noch Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung werden. Und zwar einerseits zwischen dem Spieler und denjenigen Medien, die die Meldung in Umlauf gebracht hatten; andererseits aber auch zwischen dem SCP und Proschwitz, was Finke nicht ausschloss.

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Juristisches Nachspiel zu erwarten

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Vor dem Hintergrund möglicher arbeitsrechtlicher und weiterer juristischer Folgen vermied es Finke daher auch bewusst, von einer Suspendierung oder Freistellung Proschwitz' zu sprechen, wie es der Klub unvorsichtigerweise noch bei den Rauswürfen von Srdjan Lakic, Daniel Brückner und Mahir Saglik im Dezember getan hatte, denen damals kein Fehlverhalten vorgeworfen wurde. Ob bei Proschwitz ein mit dem Rauswurf zu rechtfertigendes Vergehen vorliegt, scheint nicht klar. Man habe einen "Arbeitsrechtler mit hoher Qualität" beauftragt, "die juristische Seite wird sehr genau überprüft", sagte Finke und ließ durchblicken, dass man Proschwitz ein Angebot zur Trennung unterbreitet habe, das dieser bis Dienstagnachmittag, 15 Uhr, annehmen könne (oder auch nicht). Am Dienstag gab der SCP bekannt, dass diese Frist auf Wunsch des Spielers bis zum Ende der laufenden Transferperiode verlängert wurde.

Zu beachten ist bei der Sache, dass sich im Laufe des Montags die Frau zu Wort gemeldet hatte, vor deren Augen Proschwitz sich entblößt haben soll. Die Mitarbeiterin der Agentur, die Geschäftspartner mehrerer Profiklubs ist (z.B. Schalke, Stuttgart, Hamburg, Werder) und u.a. für den SC Paderborn das Trainingslager in der Türkei organisierte, erklärte, dass von einer sexuellen Belästigung keine Rede sein könne. Damit entlastete sie zwar einerseits Proschwitz, andererseits erschwerte sie es dem SCP offenbar, einen wasserdichten Kündigungsgrund zu finden.

Hinzu kommt, dass der Schilderung der Frau die Berichte von "Westfalen-Blatt" und "Neue Westfälische" gegenüber stehen. Diese hatten am Sonntag übereinstimmend vermeldet, dass Proschwitz in einer Bar des noblen Teamhotels Regnum Carya in Belek offenbar alkoholisiert die Hose vor der Frau heruntergelassen habe. Die beiden Zeitungen, die im selben Hotel wie die SCP-Profis und auch Paderborns Ligarivale Arminia Bielefeld logierten, sollen mit insgesamt vier Reportern Zeuge der Szene gewesen sein und blieben am Montag bei ihrer Darstellung.

Kein Vorwurf an Effenberg - Finke erhöht den Druck

Mit dem Rauswurf von Proschwitz gehen in Paderborn die chaotischen Wochen weiter. Trotzdem haben die Vorfälle im Trainingslager in Belek keine direkten Konsequenzen für Trainer Effenberg und Manager Born. Finke hatte die beiden noch am Morgen angezählt, da neben dem Eklat um Proschwitz auch ein Teamabend aus dem Ruder gelaufen sein soll. Finke hatte deshalb vor der Krisensitzung von "einer gewissen Führungslosigkeit" gesprochen. Nach den mehrstündigen Gesprächen entlastete Finke aber Effenberg und Born, weil die von den Vorgängen keine Kenntnisse gehabt hätten und auch nicht hätten haben können.

Stefan Effenberg

Er muss liefern: SCP-Trainer Stefan Effenberg. imago

"Bei allen Befragungen haben wir nicht den Ansatz einer Unregelmäßigkeit feststellen können", meinte Finke, der wie zuvor auch schon Born erklärte, dass es sich bei den Vorfällen vom Mittwoch lediglich um Lappalien gehandelt habe. "Zwei oder drei Väschen", so Finke, seien von einem Spieler beschädigt worden. Der Verantwortliche haben den Schaden in Höhe von "103 Euro" (Finke) beglichen und müsse zudem eine "nicht unerhebliche Strafe" vonseiten des Vereins zahlen.

Insgesamt werfen die Vorfälle in Belek allerdings erneut kein gutes Licht auf den kriselnden SCP, der in knapp zwei Wochen mit dem Auswärtsspiel in Sandhausen die Rückrunde der 2. Liga fortsetzt. Und auch Trainerneuling Effenberg, der als Coach die Verantwortung tragen sollte, gibt bislang kein gutes Bild ab. Der frühere Weltklassespieler, der nach den Rauswürfen von Lakic und Proschwitz zunächst einmal ohne Stoßstürmer auskommen muss, wurde am Montag von Finke in die Pflicht genommen. "Er ist sich darüber im Klaren, dass er jetzt Ergebnisse liefern muss", sagte der Patriarch. Ansonsten sei es nun einmal in der Branche so, dass man dazu gedrängt werden könne, "einen Reiterwechsel vorzunehmen".

Jan Reinold