2. Bundesliga

Nürnberg holt "Punkt der Moral" - und dennoch zu wenig

Ishak avanciert zum Hoffnungsträger

Nürnberg holt "Punkt der Moral" - und dennoch zu wenig

Sorgte für einige Gefahrenmomente: FCN-Stürmer Mikael Ishak.

Sorgte für einige Gefahrenmomente: FCN-Stürmer Mikael Ishak. imago images

"Ich sehe, wie die Mannschaft auftritt", hatte Jens Keller dem 0:1 bei St. Pauli und dem mageren 1:1 gegen Aue zum Trotz seine schützende Hand über sein Team gehalten. In Regensburg schien der FCN mit einem guten Start und früher Führung endlich auf dem Weg, sich auch zu belohnen, gute 20 Minuten ließen Hanno Behrens & Co. den Gegner überhaupt nicht zur Entfaltung kommen. Und: Mikael Ishak, der erstmals seit dem 3. Spieltag und zum ersten Mal unter Keller überhaupt das Startelf-Mandat bekommen hatte, erzielte das 1:0 und weckte Erinnerungen an im Aufstiegsjahr der Saison 2017/18 gezeigte Treffsicherheit.

Von "Besessenheit" ist wenig zu sehen

Doch was folgte, war altbekannt. Mitte des ersten Durchgangs zog sich der Club weiter zurück, wurde ängstlicher, rückte bei eigenen Offensivaktionen nicht mehr nach, verlor so schnell wieder den Ball und geriet zusehends unter Druck. Von "Besessenheit", die Sportvorstand Robert Palikuca vor dem Duell gegen einen bisherigen Lieblingsgegner gefordert hatte - sechs Siege, zwei Remis und nur eine Niederlage standen zuvor gegen den SSV zu Buche -, und dem unbedingten Willen, sich mit einem Dreier Luft im Abstiegskampf zu verschaffen, war nur noch wenig zu sehen. Mit Folgen. Denn es passierte das, was Keller vorher unbedingt vermeiden wollte: Dem Gegner wurde das Toreschießen leicht gemacht - zwei Aluminiumtreffer der Oberpfälzer vor dem 1:1 hatten nicht einen möglichen "Hallo-wach-Effekt".

Zunächst mündete Philip Heises zu leichter Ballverlust, ausgerechnet als sich Tim Handwerker in die Offensive eingeschaltet hatte, in das gefährliche Umschaltspiel des Kontrahenten über die entblößte linke Abwehrseite. Dass beim Ausgleich durch Andreas Albers letztendlich etwas Slapstick half, liegt wohl auch am sprichwörtlichen Pech, wenn man unten drinsteht. "Wenn ich 70 Meter vor dem Tor den Ball verliere, dann habe ich noch lange genug Zeit, die Situation zu klären", kritisierte Keller.

Sollte der Ausgleich kurz vor der Pause nicht die Sinne und die Konzentration geschärft haben? Anscheinend nicht. Der Ex-Regensburger Asger Sörensen nickte einen eigentlich leicht zu lösenden Defensivkopfball statt zur Seite Albers genau vor die Füße, Erik Wekesser war beim Abpraller schneller als Oliver Sorg und schon hatte Sebastian Stolze das 2:1 für den Jahn erzielt (48.).

Keller: Punkt der Moral

Im Bemühen zurückzuschlagen fehlten den Franken Struktur und oftmals Durchschlagskraft, nur Ishak (68.) und der eingewechselte Zrelak (79., Lattenkopfball) sorgten für Gefahrenmomente. Am Ende verhalf Tim Knippings Eigentor dem Club tief in der Nachspielzeit noch zum Remis, das Keller als "sehr, sehr wichtig" titulierte. "Das ist ein Punkt der Moral, dass wir bis zur letzten Sekunde an uns geglaubt haben", versuchte Nürnbergs Coach das Positive herauszustreichen. Mittelfeldmann Johannes Geis war enttäuscht wie realistisch: "Ich denke, am Ende war's aber trotzdem zu wenig." Schließlich hatten sowohl Sandhausen (1:0 in Wiesbaden) als auch Osnabrück (2:0 in Fürth) gewonnen und nun 33 Punkte auf dem Konto - zwei mehr als der FCN.

Als "nicht angenehm" bezeichnete Keller die prekäre Lage - das klingt zu brav im Kampf gegen den Abstieg und um die Existenz. Es liegt auch am 49-jährigen Trainer, seinem Team einzuimpfen, unangenehm für die kommenden Gegner zu sein und seinen Profis die richtige Einstellung zu vermitteln - über 90 Minuten.

jch