Nationalelf

Kommentar von kicker-Chefreporter Oliver Hartmann - Zwei Halbzeiten, eine Erkenntnis: Der Umbruch braucht Zeit

Kommentar von kicker-Chefreporter Oliver Hartmann

Zwei Halbzeiten, eine Erkenntnis: Der Umbruch braucht Zeit

Für die deutsche Nationalmannschaft gab es nach Abpfiff viel Applaus.

Für die deutsche Nationalmannschaft gab es nach Abpfiff viel Applaus. Getty Images

Zur Halbzeit gab es noch gellende Pfiffe, nach dem Abpfiff jedoch viel Applaus: Die Reaktionen auf den Rängen der ausverkauften Volkswagen-Arena in Wolfsburg spiegelten treffend den Verlauf dieses deutschen Starts ins Länderspiel-Jahr 2019 wider. Zwar stimmte bei diesem 1:1 gegen Serbien das Ergebnis nicht, was in erster Linie am Chancenwucher von Werner, Sané & Co lag. Dennoch bot dieser von Joachim Löw nach dem fatal schlechten Abschneiden 2018 als "Neubeginn" deklarierte Auftakt auch viele hoffnungsvolle Akzente.

Es war bei jedem Spieler das Bemühen zu sehen, in die großen Fußstapfen treten zu wollen, die die von Joachim Löw vor gut zwei Wochen aussortierten Weltmeister Jerome Boateng, Thomas Müller und Mats Hummels hinterlassen haben. Die zwei grundverschiedenen Halbzeiten zeigten aber auch, dass dieser vom Bundestrainer endlich forcierte Umbruch ein Prozess ist, der nicht von heute auf morgen die deutsche Mannschaft wieder in die Weltspitze zurückführt. Dafür benötigt man Zeit. Erst als der Bundestrainer nach der Halbzeit in Marco Reus und Leon Goretzka für die nicht überzeugenden Youngster Kai Havertz und Julian Brandt ein bisschen mehr Erfahrung einwechselte, kam mehr Tempo und Struktur ins deutsche Offensivspiel, folglich auch mehr Torchancen.

Trainersteckbrief Löw
Löw

Löw Joachim

24,66 Jahre im Durchschnitt: Startelf dokumentiert neue Zeitrechnung

kicker-Chefreporter Oliver Hartmann

kicker-Chefreporter Oliver Hartmann

Die neue Zeitrechnung, die Löw am Vortag der Partie wortreich angekündigt hatte, dokumentierte er am Mittwoch mit der Mannschaftsaufstellung. Von der Startelf, die am 19. November in Gelsenkirchen ein 2:2 gegen die Niederlande erzielte, standen nur noch fünf Akteure auch drei Monate später in der Anfangsformation. Gleich sieben Spieler waren stattdessen 23 Jahre oder jünger, darunter auch der Leipziger Lukas Klostermann, der ein vielversprechendes Debüt auf der rechten Abwehrseite gab. Mit 24,66 Jahren war diese Elf im Durchschnitt drei Jahre jünger als jene Formation, die im vergangenen Sommer gegen Mexiko (0:1) ins WM-Desaster startete. Nur einmal in dieser Saison berief der Bundestrainer eine jüngere Anfangsformation, am 15. November in Leipzig beim 3:0 gegen Russland, als der Verjüngungsprozess gestartet wurde.

Im Angriff fehlt ein Knipser - Süle strahlt noch nicht die Sicherheit aus

Jetzt ist er endlich voll im Gange. In der Offensive hat Löw reichlich talentierte und begabte Alternativen, es fehlt aber aktuell ein konstanter Knipser, weil Timo Werner seiner Bestform hinterherläuft und ebenso wie seine Nebenleute im Abschluss die nötige Konsequenz vermissen lässt. In der Verteidigung strahlte der designierte neue Abwehrchef Niklas Süle noch nicht die große Sicherheit aus, er muss in diese Rolle erst noch finden. Im Mittelfeld dokumentierte der sehr umtriebige Joshua Kimmich, dass er eine Führungsrolle in dieser neuen Mannschaft beansprucht, dies zeigten auch Reus und Goretzka nach ihrer Einwechslung. Insgesamt aber muss dies alles erst noch zusammenwachsen, muss Löw erst noch ein Gerüst bilden und den richtigen Mix finden. Am Sonntag gegen die Niederlande, wenn es in Amsterdam erstmals um Punkte für die EM-Qualifikation geht, wird der Bundestrainer einige Wolfsburg-Youngster durch erfahrene Kräfte ersetzen, Toni Kroos zum Beispiel und Antonio Rüdiger dürften zurückkehren. Der Mittwoch zeigte, dass seine Formation diesen Schuss Erfahrung auch benötigt.

Bilder zur Partie Deutschland - Serbien