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"Ich habe Fehler gemacht": Younes und der Neuanfang

Ehemaliger Bundesliga-Profi träumt von der Nationalelf

"Ich habe Fehler gemacht": Younes und der Neuanfang

Seit diesem Sommer bei SSC Neapel unter Vertrag: Amin Younes.

Seit diesem Sommer bei SSC Neapel unter Vertrag: Amin Younes. imago

Das Stadio Atleti Azzurri d'Italia ist die Heimat von Atalanta Bergamo. Von manchen Stellen der in die Jahre gekommenen Arena hat man einen Blick auf das nahe Alpenpanorama. Amin Younes dürfte dieser Ausblick am Montagabend allerdings weniger interessiert haben.

Zum ersten Mal nach seinem turbulenten Wechsel von Amsterdam an den Fuß des Vesuvs gehörte der gebürtige Düsseldorfer zum Kader seiner neuen Mannschaft. Am Tag nach dem 2:1-Sieg am Alpenrand veröffentliche er auf seinem "Instagram"-Profil stolz ein Foto mit Matchwinner Arkadiusz Milik vom Hinflug. "Er wusste es: Neben mir zu sitzen gab ihm die Extra-Kraft, das Spiel zu entscheiden", schrieb Younes darunter und fügte an: "Ich bin sehr froh, zum ersten Mal zum Team gehört zu haben."

Spielersteckbrief Younes
Younes

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Trainersteckbrief Ancelotti
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Younes glaubt an seine Chance: "Beiße mich hier durch"

Eine längere Leidenszeit hatte damit ihr Ende gefunden. Ein Achillessehnenriss hatte ihn außer Gefecht gesetzt und verhindert, dass sich der Offensivmann früher für sein Team, das mit zahlreichen Nationalspielern gespickt ist, beweisen darf. "Wir haben Weltklassespieler in der Mannschaft. Aber ich glaube an meine Fähigkeiten und bin selbstbewusst genug zu sagen, ich beiße mich hier durch", gibt sich Younes im Gespräch mit dem "SID" selbstbewusst.

2017 schien für Younes endgültig den Durchbruch markiert zu haben. In Amsterdam drehte er auf, mit der deutschen Nationalmannschaft gewann er den Confed Cup. Nach 100 Pflichtspielen für Ajax, in denen der ehemalige Gladbacher und Kaiserslauterer 17 Tore erzielte und 25 Vorlagen gab. Wenige Monate nachdem er mit seinem Team das Finale der Europa League erreicht hatte (0:2 gegen Manchester United), gab ihn Neapel frühzeitig als Neuzugang für die kommende Spielzeit bekannt. Plötzlich jedoch stand Younes vor einem Wechsel nach Wolfsburg. Das öffentliche Hin-und-her wurde zur Posse . Am Ende zog er nach Italien.

"Ich habe mehr gelernt als in der erfolgreichen Zeit und würde nie jemand anders die Schuld dafür in die Schuhe schieben. Ich habe Fehler gemacht. Das einzige, was mir bleibt, ist es, das mit sportlichen Leistungen wieder gerade zu rücken", sagt Younes aus heutiger Sicht. Nicht nur das Wechseltheater hat dabei seine Sicht der Dinge verändert - auch ein schwerer Schicksalsschlag wirkt bis heute nach.

Testspiel-Vorfall: Nouris Zusammenbruch hat Younes geprägt

Amin Younes, Abdelhak Nouri

Befreundet: Amin Younes und Abdelhak Nouri, der seit einem Zusammenbruch im Koma liegt. imago

Als Ajax im Sommer 2017 ein Testspiel gegen Werder Bremen bestritt, brach Younes' Mitspieler Abdelhak Nouri auf dem Feld zusammen und liegt seitdem im Koma . Mit dem niederländischen Juniorennationalspieler verbindet Younes - der damals selbst nicht auf dem Platz stand - viel mehr als nur das gleiche Trikot. Beide sind befreundet. "Er war nah an mir dran, wir haben tagtäglich zusammen trainiert, etwas unternommen, saßen nebeneinander in der Kabine. Ich möchte einfach, dass er Teil meines Lebens bleibt, auch im positiven Sinne", erklärt er.

Für mich ist es schwer zu glauben, dass es bei den Bayern nicht funktionieren konnte. Er ist ein Gentleman, vom Training her top.

Amin Younes über Carlo Ancelotti

An seinen Freund erinnert er auf ganz besondere Weise. In Neapel suchte er sich die 34 als Rückennummer aus - Nouri trug sie bei Ajax. "Ich bin kein Typ, der das gerne an die große Glocke hängt, aber ich dachte, dass das eine schöne Geste ihm und seiner Familie gegenüber ist", betont er. "Die Familie hat mich kontaktiert und sich bedankt. Das ist für mich das Allerschönste."

"Den kriegen wir wieder hin": Ancelotti hat Vertrauen in Younes

Nouris Schicksal begleitet Younes jeden Tag: "Man kann sehen, wie schnell es vorbei sein kann und dass es Wichtigeres gibt als Fußball." Umso ernsthafter geht er nun das neue Kapitel in der Serie A an. Einer, der ihm dabei hilft: Carlo Ancelotti, der seit Saisonbeginn an der Seitenlinie in Napoli steht. "Für mich ist es schwer zu glauben, dass es bei den Bayern nicht funktionieren konnte. Er ist ein Gentleman, vom Training her top. Ich habe das Gefühl, dass ich sportlich besser werde, aber auch menschlich", beschreibt Younes seinen Coach. Er sei ihm "sehr, sehr dankbar" und werde es ihm nie vergessen, "dass er sagt: 'Der Junge ist verletzt, aber den kriegen wir wieder hin.' Das will ich mit Leistung zurückgeben."

Mit seiner Kadernominierung am Montagabend ist Younes diesem Vorhaben wieder einen Schritt nähergekommen. Im Sinn hat er aber nicht nur viele Einsätze für Neapel - auch die Nationalmannschaft, für die er in fünf Spielen zwei Tore erzielte, hat er noch nicht aus den Augen verloren. "Ich gucke jedes Spiel, das ist mein Land, meine Mannschaft, das sind die Spieler, mit denen ich zusammenspielen durfte. Für mich bleibt das immer noch ein Traum. Ich durfte schon die Erfahrung machen, wie schön es ist, dabei zu sein", sagt er. "Ich tue alles dafür und sehe es nicht als unmöglich an. Ich weiß, dass ich mit meiner Qualität wieder helfen kann."

pau/sid