Champions League

Navas: "Die Sonne nicht mit einem Daumen verdecken"

319 Minuten sind seit dem letzten Real-Treffer vergangen

Navas: "Die Sonne nicht mit einem Daumen verdecken"

Spielzeit eins nach CR7: Real-Keeper Navas, besonders aber seine Vorderleute, sind ergebnistechnisch gefordert.

Spielzeit eins nach CR7: Real-Keeper Navas, besonders aber seine Vorderleute, sind ergebnistechnisch gefordert. imago

Die Saison 2006/07, damals unter Trainer Fabio Capello, fällt in ein anderes Zeitalter der Vereinshistorie Real Madrids. Die "9" prangte noch auf dem Champions-League-Emblem, das die Ärmel der königlichen Trikots bei Auftritten in der Königsklasse zierte. Dort beeindruckt nun die Ziffer "13", denn vier weitere Male hat der Rekord-Sieger den Henkelpott seitdem gestemmt. So viel Zeit ist also vergangen, seit der Weltklub letztmals drei Spiele hintereinander kein eigenes Tor erzielen konnte. Es herrscht, der Umbruch im Sommer macht sich bemerkbar, ein gewisser Ausnahmezustand in Madrid.

Wie Deutschland gegen Südkorea

Wenn auf dem Papier "kleinere" Mannschaften das große Real besiegen - und auch die Blancos sind vor Niederlagen freilich nicht gefeit - müssen sie in der Regel eines der besten Spiele der Saison abliefern. Dieses Lob kann man ZSKA Moskau nach dem Überraschungserfolg am Dienstagabend bei allem Respekt aber nicht aussprechen. Sicher, die Russen waren auch im Glück, lange Zeit im eigenen Sechzehner eingekesselt rettete das Torgestänge des Luschniki-Stadions gegen Casemiro, Benzema und Mariano - mit etwas mehr Fortune entführen die Königlichen mindestens einen Zähler aus der russischen Hauptstadt. Doch von diesen drei Szenen abgesehen lieferte die Angriffsstruktur der Mannschaft von Julen Lopetegui ein Bild, das an die planlosen Bemühungen der deutschen Nationalmannschaft im letzten WM-Gruppenspiel gegen Südkorea erinnerte. Probleme bei der Abstimmung, das Treffen falscher Entscheidungen, keiner wollte die finale Verantwortung übernehmen.

Kroos mit "selbstmörderischem Manöver"

Da half es nicht, dass auch die Defensive der Madrilenen zuletzt alles andere als felsenfest stand. Individuelle Aussetzer mit inbegriffen. Kroos' fataler Rückpass, der den frühen Rückstand in Moskau einleitete, wurde von der spanischen Zeitung "AS" als "selbstmörderisches Manöver" betitelt. Doch auch mit dem System des neuen Trainers Julen Lopetegui, das bislang vor allem wenig effizient genutzten Ballbesitz hervorbringt, schneidet sich Madrid zurzeit ins eigene Fleisch. Der Chef an der Seitenlinie sprach nach der CL-Partie, ohne wirklich etwas zu sagen: "Im Fußball gibt es solche Momente, es sind keine einfachen Momente."

Sicherlich fehlte Gareth Bale, eine von vier in Madrid gebliebenen Stammkräften, die zuletzt die Verantwortung im letzten Drittel suchte. Mit so vielen vergleichbaren Attributen wie Ronaldo gesegnet, lässt der Waliser aber nach wie vor dessen Konstanz vermissen. Auch der kreative Isco fehlte, in Sachen dauerhafter Effektivität reiht sich der Spanier aber zu häufig hinter Bale ein. Marco Asensio, der hochbegabte Jungspund im offensiven Bunde, ist trotz gelegentlich begeisternder Auftritte noch zu häufig Bruder Leichtfuß - was sein gescheiterter No-Look-Abschluss gegen die Roma hervorhob. Keiner, der dich aus solch einer Tor-Krise rausschießt. Und Mittelstürmer Benzema, der die Saison so treffsicher begann, läuft abermals einer persönlichen Durststrecke hinterher. Bildlich wird das Dilemma des Franzosen immer wieder treffend festgehalten, wie er auch in den letzten Minuten nicht als Fixpunkt in vorderster Front lauert, sondern irgendwo zwischen den Ketten umherirrt - obwohl ihm CR7 diese Räume nicht mehr streitig macht. Neuzugänge Mariano und Vinicius fehlen bislang einige Einsatzminuten.

Cristiano hat die Messlatte sehr hochgelegt. Man kann die Sonne nicht mit einem Daumen verdecken.

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Real Madrids Offensive ist zweifelsohne gut besetzt, möglicherweise aber nur mit Zuspielern. Vielleicht, weil sie es unter der "Regentschaft" Ronaldos nicht anders gewohnt waren, doch Benzema und Co. haben zuletzt oft genug bewiesen, dass sie es in puncto Torgarantie womöglich nicht besser können. Lopetegui sollte an System, wie auch an der Hierarchie im Angriff, einschneidende Änderungen vornehmen. Denn nimmt dieser Negativ-Trend konkretere Formen an, ist die Führungsetage um Präsident Florentino Perez vielleicht schon im Wintertransferfenster dazu gezwungen, die verhältnismäßige Sparpolitik der letzten Jahre über Bord zu werfen. Denn so, wie sich der spanische Rekordmeister mit 319 Minuten ohne eigenen Treffer aktuell präsentiert, ist ein Cristiano Ronaldo nicht zu ersetzen. "Man kann die Sonne nicht mit einem Daumen verdecken", befand nach Schlusspfiff in Moskau auch Real-Schlussmann Navas. Und aus dem Schatten, den der fünfmalige Weltfußballer wirft, konnte noch kein Madrilene treten.

nba