Bundesliga

TV-Gelder und DFL: Solidarität oder Trennung?

Wie sieht die Zukunft des Fußballs aus?

TV-Gelder und DFL: Solidarität oder Trennung?

"Wir haben die sozialverträglichste Verteilung überhaupt in Europa": BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

"Wir haben die sozialverträglichste Verteilung überhaupt in Europa": BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. imago

Hans-Joachim Watzke (Geschäftsführer Borussia Dortmund): Wir haben die sozialverträglichste Verteilung überhaupt in Europa. Man kann Bayern München nicht dafür bestrafen, dass sie seit 40, 50 Jahren erstklassige Arbeit leisten. Das wäre der völlig falsche Ansatz, der die Bundesliga dann auch international schwächen würde. Was ich für elementar halte: Wir müssen das Gefühl der Fans für ihre Klubs stärken. Negative Begleitumstände wie der fehlende Titelkampf sind nicht so entscheidend, wie uns suggeriert wird. Wir wollen, dass die Leute gerne zum Fußball gehen. Als Fan ist mein Gefühl dem eigenen Verein gegenüber prägend - und das entsteht nicht durch die Teilnahme am Meisterschaftsrennen. Ich habe auch viele Dortmunder Spiele in der 2. Liga gesehen.

Nein. Das deutsche Modell hat sich bisher sehr gut geschlagen. Wir neigen dazu, alles zu überinterpretieren. Genauso wenig, wie wir 2013 mit dem rein deutschen Champions-League-Finale angeblich den besten Fußball der Welt spielten, müssen wir jetzt in Sack und Asche gehen. Bayern wird ins Halbfinale kommen, für Leipzig sehe ich auch eine gute Chance. Wenn wir es nicht versaut hätten, wäre international gesehen alles in Ordnung.

Stephan Schippers (Geschäftsführer Borussia Mönchengladbach): Das Solidaritätsprinzip der Bundesliga und 2. Liga funktioniert so gut, dass wir - abgesehen vom Kampf um die Meisterschaft - einen extrem ausgeglichenen Wettbewerb haben. Würden wir die TV-Gelder anders verteilen, um die Spitzenmannschaften für den europäischen Wettbewerb schlagkräftiger zu machen, würde darunter die Ausgeglichenheit des nationalen Wettbewerbs leiden. Da muss man sich also entscheiden, was man will. Die 2. Liga wird im aktuellen Umverteilungsmodell stark von der Bundesliga subventioniert. Nicht zufällig ist sie die mit Abstand wirtschaftskräftigste und attraktivste 2. Liga in Europa, größer sind nur sechs erste Ligen.

Peter Peters (Finanzvorstand Schalke 04 und Vizepräsident des Ligaverbands): Die nationale Geld-verteilung der Bundesliga berücksichtigt Solidarität und Leistung in einem ausgewogenen Verhältnis. Dazu spielen bei der Verteilung die Faktoren Nachwuchsförderung und Tradition erfreulicherweise ebenfalls erstmals eine Rolle. Unzufrieden bin ich mit der UEFA. Der Unterschied zwischen Champions League und Europa League ist zu groß und hat maßgeblichen Einfluss auf den mangelnden Wettbewerb an der Spitze in vielen europäischen Ligen. Bundesliga getrennt von der 2. Liga: nein. Ähnlich wie beim Videobeweis ist es aber sinnvoll, darüber nachzudenken, einzelne ausgewählte Entscheidungen getrennt zu diskutieren und zu treffen.

Man kann Bayern München nicht dafür bestrafen, dass sie seit 40, 50 Jahren erstklassige Arbeit leisten.

Hans-Joachim Watzke (Geschäftsführer Borussia Dortmund)

Axel Hellmann (Vorstand Eintracht Frankfurt): Eine Umverteilung der nationalen und internationalen Fernsehgelder "von oben nach unten" wird grundsätzlich zu einer Stärkung des Wettbewerbs in der Bundesliga führen. Hier kommt es jedoch auf die Details an. Auch im Jahr 2025 wird es einen Dachverband für alle 36 Profiklubs geben. Allerdings wird es einen Katalog von Themen geben, zu denen die Erst- und Zweitligaklubs in getrennten Organisationseinheiten Entscheidungen treffen werden, um den speziellen Rahmenbedingungen und Wettbewerbsvoraussetzungen der beiden Ligen gerecht werden zu können.

Frank Briel (Geschäftsführer TSG Hoffenheim): Der Verteilungsschlüssel der Erlöse aus der Vergabe der nationalen Medienrechte ist bereits von einem außerordentlich hohen Solidaritätsgedanken geprägt. Die Schere zwischen den Klubs geht bei der Verteilung der internationalen TV-Erlöse auf, die perspektivisch auch die höchsten Zuwachsraten versprechen. Klubs, die - ganz besonders über eine längere Zeit - auf internationaler Ebene vertreten sind, erhalten aus diesen Töpfen und dem UEFA-Geld signifikante Erlöse, die über das nationale Brot- und Buttergeschäft nicht aufgeholt werden können. Es entsteht ein strukturelles Gefälle. Andererseits müssen international spielende Klubs andere Kadergrößen und -qualitäten vorhalten, um diese Wettbewerbe im Sinn der gesamten Bundesliga erfolgreich zu gestalten. Das ist erforderlich, um das gesamte Produkt Bundesliga im Wert zu steigern.

Das Erfolgsmodell Bundesliga basiert auf der Einheit beider Ligen. Neben Meisterschaft und Qualifikation für die internationalen Wettbewerbe Champions und Europa League sind der Auf- und Abstieg inklusive der Relegation zentrale Elemente des Wettbewerbsmodus. Diese Entscheidungen in all ihrer Emotionalität stellen den Nukleus der Bundesliga dar.

Es entsteht ein strukturelles Gefälle

Frank Briel (Geschäftsführer TSG Hoffenheim)

Michael Meeske (Finanzvorstand 1. FC Nürnberg): In Anbetracht der aktuellen Marktentwicklung müssen wir sicher zukünftig noch mehr Augenmerk darauf legen, den Wettbewerb in bestimmten Regionen auch mittels der Verteilung von TV-Geldern zu intensivieren. Ich gehe auch in Zukunft von einem Verbund der beiden Top-ligen aus. Und ich halte dies für die beste Lösung, um einen optimalen Wettbewerb im Profifußball zu organisieren.

Matthias Lehleiter (Finanz- und Fußballexperte Berenberg): Aus Fan-Sicht wäre dies definitiv zu begrüßen, um wieder mehr Spannung zu bekommen. Jedoch sollte dies gleichzeitig auch auf internationaler Ebene passieren. Das heißt, die Europa League sollte durch stärkere Ausschüttungen aufgewertet werden.

Claus Vogt (Vorstand FC PlayFair!): Ja, eine Umverteilung ist zwingend notwendig. Wenn sich der FC Bayern für das Halbfinale der Champions League qualifiziert, dann sollten beispielsweise auch der SC Freiburg sowie Zweit- und Drittligisten davon profitieren. Übrigens auch Amateure, denn diese bilden das Fundament des deutschen Profifußballs. Auch die 3. Liga und Vertreter der Amateurverbände, dem sportlichen Fundament, sollten zur DFL gehören.

In der kicker-Montagsausgabe erscheint der komplette siebte und letzte Teil der Serie "50+1 - Fluch oder Segen?". Darin befragt der kicker acht Experten zur Bundesliga 2025 und der Zukunft des Fußball: Hans Joachim-Watzke (Geschäftsführer Borussia Dortmund), Stephan Schippers (Geschäftsführer Borussia Mönchengladbach), Peter Peters (Finanzvorstand FC Schalke und DFL-Vizepräsident), Axel Hellmann (Vorstand Eintracht Frankfurt), Frank Briel (Geschäftsführer TSG Hoffenheim), Michael Meeske (Finanzvorstand 1. FC Nürnberg), Matthias Lehleiter (Finanz- und Fußballexperte Berenberg) und Claus Vogt (Vorstand FC PlayFair).