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Köln glänzt ohne Overath, Otto "Torhagel" muss gehen

1977/78 - Müller gleich doppelt vorn

Köln glänzt ohne Overath, Otto "Torhagel" muss gehen

Meister und auch Pokalsieger 1978: Heinz Flohe (li.) und Dieter Müller nach dem Cuperfolg in Gelsenkirchen.

Meister und auch Pokalsieger 1978: Heinz Flohe (li.) und Dieter Müller nach dem Cuperfolg in Gelsenkirchen. imago

Doch die Schale sicherte sich ein ganz anderer: Der 1. FC Köln. Dabei hatte sich der Klub gerade von seinem Spielmacher Wolfgang Overath getrennt. Wie würde der FC das wegstecken? Der Saisonauftakt verlief nicht nach Plan. Köln verlor ausgerechnet im rheinischen Derby bei Fortuna Düsseldorf 1:5. Doch auf den missglückten Start folgte eine glänzende Spielzeit.

Der Angriffsfußball der Kölner überraschte die Liga: Heinz Flohe dirigierte das Spiel, mit seinem Assistenten Herbert Neumann verstand er sich blind. Dieter Müller war so torgefährlich wie kaum ein anderer Stürmer in dieser Saison, und ein späterer Nationaltorhüter rückte erstmals ins Rampenlicht: Toni Schumacher, der sich das Vertrauen von Trainer Hennes Weisweiler erspielt hatte. Noch wenige Monate zuvor wollte Weisweiler seinen Keeper unbedingt loswerden. "Das 'Nervenbündel' Toni Schumacher wollte Hennes beim FC nicht mehr sehen. Norbert Nigburs Vertrag war schon so gut wie unterzeichnet", erinnerte sich der Torwart später.

Bundesliga - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
1. FC Köln 1. FC Köln
48
2
Bor. Mönchengladbach Bor. Mönchengladbach
48
3
Hertha BSC Hertha BSC
40

Herzschlagfinale - Torflut!

Die Meisterschaft schien früh an die Geißböcke vergeben zu sein: Nach einem 6:4 gegen 1860 München setzte sich Köln am dreizehnten Spieltag endgültig an der Tabellenspitze fest. "Alles spricht für Köln als Meister!", titelte der kicker am 6. März 1978. Da hatte der FC drei Punkte Vorsprung auf Latteks Team aus Gladbach. Dann machten es die Geißböcke noch einmal spannend: 0:1 unterlagen sie Eintracht Frankfurt, zeitgleich gewann die Borussia 1:0 gegen Absteiger Saarbrücken. Neuer Punktestand am 31. Spieltag: 42:20 – für beide Klubs.

Unvergessenes 12:0: Gladbach überrollt den BVB - und zwar in Düsseldorf

Showdown – ein wahres Herzschlagfinale. Immer noch punktgleich ging es in die entscheidende Runde, doch der FC hatte sich die bessere Tordifferenz herausgespielt: Zehn Treffer, die Gladbach hinterherhinkte. Köln musste bei Tabellenschlusslicht St. Pauli ran. Ein Glücksgriff, ein Sieg sollte drin sein, dann wäre die Meisterschaft in trockenen Tüchern. Gladbach stand gegen das von Otto Rehhagel trainierte Dortmund auf dem Platz und schoss Tore im Minutentakt. Zwar hielten die Geißböcke die Hamburger mit einem 5:0 gut in Schach, doch das 12:0 von Latteks Jungs ließ die Kölner bis zum Schluss zittern.

"Am Ende waren wir froh, dass ein Spiel nur 90 Minuten dauert", so Kölns Abwehrspieler Herbert Zimmermann. Mit drei Törchen hatte sich der FC doch die Schale gesichert, in Dortmund musste Otto "Torhagel" seinen Platz auf der Trainerbank räumen.

Die Torschützenkönige

Zwei Knipser, die bei der Torausbeute in einer Spielzeit den gleichen Erfolg haben, gab es schon häufiger. Diesmal war es trotzdem etwas besonderes, denn zwei Müller teilten sich den Titel des besten Torschützen. Dieter Müller aus Köln und "Bomber" Gerd Müller vom FCB hatten jeweils 24 Treffer zum Torkonto ihrer Klubs beigesteuert und nahmen die kicker-Trophäe entgegen. Zum dritten und letzten Mal gewann der Münchner Torhüter Sepp Maier die Wahl zum "Fußballer des Jahres".

Was sonst noch geschah

Für Bayern München lief es in dieser Saison nicht rund – auswärts schon gar nicht. Die Münchner fuhren bei der Konkurrenz keinen einzigen Sieg ein. Der Verein sah das Problem vor allem in Trainer Dettmar Cramer. Im Dezember war dann Schluss für den Fußballprofessor, der FCB tauschte seinen Coach mit der Eintracht: Für Cramer kam Gyula Lorant an die Säbener Straße, der bei den Hessen ähnlich erfolglos war. Die Bayern beendeten die Saison auf einem enttäuschenden zwölften Rang, Frankfurt wurde Siebter.

Die Kölner ließen die Sektkorken diesmal häufiger knallen: Die Meisterschaft wurde gefeiert, Dieter Müller hatte sich die Torjägerkanone gesichert und dann holten sie auch noch das Double. Mit einem 2:0 über Düsseldorf ging der Pott im DFB-Pokal an den FC.

Sie hatten große Hoffnungen in Paul Breitner gesetzt und ihm die Rolle der Führungsfigur zugeschrieben – doch niemand folgte dem Weltmeister in Braunschweig, und so reichte es zum Schluss nur für Rang 13.

Für St. Pauli und 1860 München war es ein kurzes Intermezzo in der Ersten Liga. Nach einem Jahr mussten sich die beiden Aufsteiger schon wieder aus dem Oberhaus verabschieden und nahmen den 1. FC Saarbrücken auf dem 17. Platz mit.

HSV - das kurze Kapitel Gutendorf

Der Hamburger SV mischte im Kampf um die Meisterschaft nicht mit und landete nur im Mittelfeld, mehr als der zehnte Rang war nicht drin. Trotzdem fiel der Verein immer wieder auf – allerdings durch personelle Wechsel, anstatt durch sportliche Leistung. Obwohl die Hanseaten mit ihm in der Saison zuvor den Europapokal der Pokalsieger geholt hatten, entließ HSV-Manager Peter Krohn den beliebten Kuno Klötzer. Auf ihn folgte Rudi Gutendorf, der die Mannschaft zwar nicht besser trainierte, aber immerhin besser zu den Image-Vorstellungen Krohns passte. Doch all das nutzte nichts, Hamburg stand auf dem neunten Platz, als Gutendorf im Oktober seine Koffer packen musste. Arkoc Özcan versuchte sein Glück, verbesserte die Platzierung des Klubs aber nicht: Im Gegenteil, der HSV rutschte sogar auf Platz zehn ab. Kurz nach dem Trainerwechsel verabschiedete sich auch Krohn und überließ das Amt Günter Netzer.

Positiv überraschte hingegen Aufsteiger VfB Stuttgart. Keeper Helmut Roleder, Dieter Hoeneß, Hans Müller, Markus Elmer und Ottmar Hitzfeld spielten eine sensationelle Saison, zum Schluss stand der VfB auf Platz vier. Die fußballerische Klasse lockte die Fans ins Neckarstadion: Im Schnitt saßen 53 186 von ihnen bei den Spielen der Schwaben auf der Tribüne – Bundesligarekord.