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Herzschlagfinale: Titeldreikampf bis zum Schluss

1991/92 - Buchwald köpft den VfB Stuttgart zum Titel

Herzschlagfinale: Titeldreikampf bis zum Schluss

Titelentscheidung: Mit diesem Kopfball sichert Guido Buchwald (li.) dem VfB die Meisterschale.

Titelentscheidung: Mit diesem Kopfball sichert Guido Buchwald (li.) dem VfB die Meisterschale. imago

Der BVB, der beim abstiegsbedrohten MSV Duisburg zu Gast ist, legt im Dreikampf vor: Stephane Chapuisat zeigt sich zum wiederholten Male handlungsschnell. Der Angreifer bringt Dortmund früh in Front (9.) und die Westfalen im Zwischenranking damit auf Platz eins. Da für die "Zebras" Patrick Notthoff und auf der Gegenseite Michael Rummenigge am Aluminium scheitern, hat die Minimalführung bis zum Abpfiff Bestand. Bis kurz vor diesem dürfen sich die "Schwarz-Gelben" als Meister fühlen. Dann jedoch saust "ein großer, ein gewaltiger Hammer" auf den BVB hinab, wie Trainer Ottmar Hitzfeld später zu Protokoll geben wird.

In Leverkusen, wo Stuttgart dem dort heimischem UEFA-Cup-Aspiranten begegnet, läuft die 86. Minute, als der VfB die Titel-Entscheidung bewerkstelligt. Beim Spielstand von 1:1 setzt sich Ludwig Kögl am rechten Strafraumrand in Szene. Guido Buchwald veredelt die Maßflanke des kleinen Tempodribblers im Zentrum. Stuttgarts aufgerückter Kapitän - bereits 1984 mit den Schwaben Meister - köpft aus der Nahdistanz ein. Der VfB hat die Partie gedreht.

Bundesliga - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
VfB Stuttgart VfB Stuttgart
52
2
Borussia Dortmund Borussia Dortmund
52
3
Eintracht Frankfurt Eintracht Frankfurt
50

Rostock stellt der Eintracht ein Bein

Die Vorgeschichte: Im ersten Durchgang bringt Martin Kree die Werkself durch einen humorlos verwandelten Handelfmeter in Führung (20.). Wenig später verhindert einzig Günther Schäfers beherzte Rettungstat, dass den Gästen die Meister-Felle davonschwimmen. Kurz vor der Pause macht Fritz Walter, der einen fragwürdigen Foulelfmeter zum Ausgleich nutzt (43.), den Mannen von Christoph Daum indes Mut. Die Schlussphase bestreiten diese allerdings in Unterzahl: Matthias Sammer, der eine Schiedsrichterentscheidung von Hans-Peter Dellwing mit höhnischem Applaus quittiert, bekommt von diesem die Rote Karte vorgehalten (79.). Doch auch ohne den Mittelfeldantreiber intensivieren die Stuttgarter ihre Angriffsbemühungen und werden in einem dramatischen Finish belohnt. Als der Spielstand aus Rostock, wo die Eintracht im Einsatz ist, durchsickert, sind die vierte Meisterschaft und das Schwaben-Glück perfekt.

Am Ende lacht der VfB: Drei Bewerber, ein Meister

89. Minuten sind an der Ostsee absolviert, als Stefan Böger die Frankfurter Meisterträume endgültig platzen lässt. Die Gäste drängen auf den Siegtreffer, eben hat der eingewechselte Edgar Schmitt den Pfosten getroffen. Doch bei einem Konter steuert der Rostocker alleine auf Uli Stein zu, umspielt den SGE-Keeper und schiebt die Kugel ein - 2:1 für Hansa! Auch wenn Eintracht-Coach Dragoslav Stepanovic anschließend die Fassung wahrt ("Lebbe gehd weider"), herrscht bei den Hessen Wut und Enttäuschung vor. Vor dem Gastauftritt bei den abstiegsbedrohten Rostockern hatten sie die beste Ausgangsposition gehabt. Nach dem Fußballkrimi ist Frankfurt, das sich zuvor meist mit Dortmund an der Tabellenspitze abgewechselt hatte, auf Platz drei abgerutscht.

Die Frustration steigerte, dass das Stepanovic-Team mit Andreas Möller, Uwe Bein, Anthony Yeboah & Co. viele Spieler in den Reihen hatte, die ihre Extraklasse zuvor mehrfach unter Beweis gestellt hatten. Auch zum Liga-Finale hatten diese Akteure - trotz zerfahrenem Beginn und couragierter Hausherren - der Partie den Stempel aufgedrückt. Selbst durch das 0:1 (Jens Dowe, 65.) hatte sich das Starensemble nicht aus dem Konzept bringen lassen. Prompt hatte es durch Axel Kruse mit dem Ausgleich geantwortet (67.) und das gegnerische Gehäuse auch fortan bestürmt.

Der Pfiff bleibt aus

Exakt zehn Minuten nach dem 1:1 folgte eine Szene, die in Frankfurt noch immer traumatische Erinnerungen wachruft: Ausgerechnet Böger brachte den von Yeboah freigesperrten Ralf Weber im Strafraum zu Fall. Doch Alfons Berg verweigerte den Adlerträgern den Elfmeter. Eine Fehlentscheidung, die der Schiedsrichter im Nachgang einräumen und bedauern sollte.

Der Torschützenkönig

Fritz Walter hatte die Nase vorn. Den oberhalb seines Schnäuzers ansässigen Torriecher setzte Stuttgarts Goalgetter 22-mal erfolgreich ein. Der Lohn: Die Torjägerkanone. Diese forderte Walter gegenüber dem heutigen kicker-Chefredakteur Klaus Smentek auf der Heimreise aus Leverkusen vehement ein ("Un vergess moi Kanon net!") und durfte sie am ersten Spieltag der Folgesaison stolz in die Luft stemmen. Auf den Plätzen zwei und drei folgten Stephane Chapuisat (BVB, 20 Treffer) und Roland Wohlfarth (FC Bayern, 17), der im Vorjahr die Wertung für sich entschieden hatte.

Was sonst noch geschah

Der Sieg gegen Frankfurt rettete den FC Hansa nicht vor dem Abstieg. Der letzte DDR-Meister, der sich mit Dynamo Dresden für die auf 20 Vereine aufgestockte, gesamtdeutsche Bundesliga qualifiziert hatte, musste als Tabellenachzehnter den Gang in die Zweitklassigkeit antreten. Die Sachsen (14.) behaupteten derweil ihre Zugehörigkeit zur vereinigten Eliteliga. Das gleiche gelang Oberhaus-Rückkehrer Schalke, die "Knappen" belegten Rang elf. Zu den vier Absteigern zählten neben Duisburg (19.) auch die Stuttgarter Kickers (17.). Wie Rostock gestalteten die "Blauen" aus der Neckar-Metropole ihren Saisonabschluss erfolgreich (2:0 gegen Bochum). Da Wattenscheid jedoch Gladbach - nach 0:2 Rückstand - zuhause mit 3:2 besiegte und einen knappen Vorsprung damit behauptete, ging es auch für die Kickers runter. Fortuna Düsseldorf (20.) hatte schon vor dem letzten Spieltag als Absteiger festgestanden.

Heynckes und Lerby müssen gehen

Richtig schlecht fiel das Saisonfazit in München aus. Der FC Bayern landete lediglich auf Rang zehn - negative Punktbilanz und Tordifferenz inklusive. Der in den Folgejahren nie mehr erreichte Tiefststand schmeckte den FCB-Verantwortlichen natürlich überhaupt nicht. Bereits während der Saison hatten diese reagiert: Jupp Heynckes wurde nach einem 1:4 gegen die Stuttgarter Kickers im Oktober entlassen, Nachfolger Sören Lerby musste im März nach einer 0:4-Klatsche in Kaiserslautern gehen.

Für Wirbel in einer Spielzeit, in der die "Ampelkarte" (Gelb-Rot) eingeführt und 40 Mal gezückt wurde, sorgte auch der 1. FC Nürnberg: Außerhalb des Platzes mit Schiedsrichtergeschenken. Auf dem Rasen mit erfrischenden Auftritten, die dem Club Platz sieben einbrachten. Während Leverkusen als Sechster knapp an der UEFA-Cup-Teilnahme vorbeischrammte, durften Köln als Vierter und Vorjahresmeister Lautern, der sich einen Rang dahinter einreihte, europäisch spielen.