Für Menschen mit Behinderung besteht in aller Regel kein Grund, um auf die Mobilität per eigenem Auto zu verzichten. Zahlreiche Fahrzeugmodelle können dem Handicap entsprechend umgebaut werden, die Hilfsmittel reichen von der elektrischen Rampe für den Rollstuhl über Schwenksitze bis hin zu Fußlenksystemen und Handbediengeräten zum Bremsen und Gasgeben. Manche Hersteller (wie Opel oder Volkswagen) bieten ab Werk individuell angepasste Umbauten an, oft in Zusammenarbeit mit einem Spezialisten, auch unabhängig davon gibt es Umrüstfirmen.
Wenn sich dem Autofahren mit Handicap letztlich doch etwas entgegenstellt, dann womöglich der nicht unerhebliche Preis für ein solches Spezialfahrzeug. Hier ist jetzt allerdings mehr Entlastung in Sicht. Wurde der Erwerb eines behindertengerechten Fahrzeugs bislang nur mit maximal 9500 Euro unterstützt, so hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Kraftfahrzeughilfe jetzt kräftig aufgestockt und die Höchstsumme auf 22.000 Euro erhöht. Eingesetzt für den Zuschlag hatte sich der Verband der Automobilindustrie (VDA) gemeinsam mit dem Bund behinderter Auto-Besitzer (BbAB). Anspruchsberechtigt sind Personen mit einer Schwerbehinderung, die es ihnen nicht möglich macht, öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen sicher zu benutzen.
Beruflich aufs Auto angewiesen?
Allerdings gibt es eine entscheidende Einschränkung. Denn die vom Nettoeinkommen abhängige finanzielle Hilfe erhalten auch weiterhin nur Menschen, die sich in einem sozialabgabepflichtigen Arbeitsverhältnis mit über 15 Wochenstunden befinden und bei denen es beruflich nicht ohne Auto geht – etwa, weil sie ihren Arbeits- oder Ausbildungsplatz anders nicht erreichen können. BbAB-Vorsitzender Achim Neunzling kritisiert das scharf: "Für den Personenkreis außerhalb der Arbeitswelt, zum Beispiel Kinder oder Rentner, existiert keine gesetzliche Grundlage für eine finanzielle Fahrzeughilfe zur Teilnahme am gesellschaftlichen oder kulturellen Leben".
Immerhin: Heimarbeit beziehungsweise Home Office wird nicht als Kontraindikation für die Kraftfahreughilfe gewertet, sofern der Arbeitnehmer beispielsweise Ware abholen oder Arbeitsergebnisse physisch abliefern muss. Zudem wird nicht nur die Anschaffung eines Neuwagens unterstützt, sondern auch die eines Gebrauchten - vorausgesetzt, dessen Verkehrswert beläuft sich noch auf mindestens 50 Prozent des Neuwerts.
Dem Antrag auf Förderung muss eine Bescheinigung des Arbeitgebers beigefügt werden, die bestätigt, dass der Mitarbeiter auf das Auto angewiesen ist. Adressat für den Antrag ist der zuständige Rehabilitationsträger, die Renten- oder Unfallversicherung beispielsweise, oder die Agentur für Arbeit. Der Sozialverband VdK macht darauf aufmerksam, dass ein fälschlich adressierter Träger verpflichtet ist, den Antrag passend weiterzuleiten.
Davon abgesehen bieten viele Hersteller schon per se einen eigenen "Behindertenrabatt" an.
Befreit von der Kfz-Steuer
Menschen mit Handicap, in deren Schwerbehindertenausweis die Merkzeichen H (Hilflosigkeit bei den Verrichtungen des täglichen Lebens), BI (blind, hochgradige Sehbehinderung) und aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) eingetragen sind, werden für ein Fahrzeug vollständig von der Kfz-Steuer befreit. 50 Prozent Nachlass gibt es laut ADAC, wenn der Ausweis mit orangefarbenem Flächenaufdruck und Merkzeichen G (gehbehindert) vorgelegt werden kann, auch Gehörlose (Merkzeichen GL) sind entsprechend berechtigt.
Wie es um den (Zusatz-)Führerschein bestellt ist, hängt vom Einzelfall ab. Adressat für den Antrag auf Fahrerlaubnis ist die zuständige Führerscheinstelle, sie verlangt in aller Regel eine genaue Beschreibung des vorliegenden Handicaps, oft auch ein amtsärztliches Gutachten. "Handelt es sich bei der Behinderung um eine geistige Einschränkung, muss möglicherweise eine medizinisch-psychologische Untersuchung durchgeführt werden", sagen Experten der ARAG-Versicherung. Manche Gemeinden fordern auch eine Fahrprobe ein.
Welche Fahrschulen spezielle Ausbildungsfahrzeuge anbieten, lässt sich bei der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (www.fahrlehrerverbaende.de) erfragen. Auch manche Umbau-Spezialisten unterhalten eine eigene Fahrschule.
Wenn ein(e) Führerscheininhaber(in) erst zu einem späteren Zeitpunkt im Leben von einer Behinderung betroffen wird, entscheidet zunächst der behandelnde Arzt darüber, ob aus medizinischer Sicht weiterhin Fahrtauglichkeit besteht oder ob die Fahreignung bei einer dafür qualifizierten Fahrschule neu nachzuweisen ist. Eventuell werden Auflagen wie die Verwendung geeigneter medizinischer Hilfsmittel oder die Beschränkung auf einen bestimmten Fahrzeugtyp erlassen.
Zuschuss zum Führerschein
Auch zum Führerschein gibt es einen Zuschuss, der nach dem Nettoeinkommen des Antragstellers gestaffelt ist. Übersteigt es 1320 Euro nicht, ist volle Kostenübernahme möglich; bis 1810 Euro gibt es zwei, bis 2470 Euro ein Drittel.
Ob Autokauf oder Führerschein: Grundsätzlich ist es wichtig, die richtige Reihenfolge einzuhalten. Erst den Antrag stellen also und die Zusage abwarten – und dann erst das Auto anschaffen beziehungsweise den Führerscheinerwerb in Angriff nehmen.