Den Dolmetscher hätte es womöglich gar nicht gebraucht. Matheus Cunha - ein Jahr beim FC Sion, eineinhalb Jahre bei RB Leipzig, seit Januar in Berlin - spricht manierlich Deutsch. An diesem Dienstag sitzt er im Medienraum von Hertha BSC und antwortet auf die Fragen der Journalisten mit einem Mix aus Portugiesisch und Deutsch. Trainer Bruno Labbadia sagt über den Motor der Hertha-Offensive: "Matheus ist ein Spieler, der über eine individuelle Qualität verfügt, die außergewöhnlich ist - gepaart mit seiner Dynamik und seiner Kraft. Er kann besondere Dinge, aber natürlich muss er auch noch viel lernen."
Nicht immer schafft es der Mann, der im Winter mit Brasiliens U 23 Torschützenkönig des Olympia-Qualifikationsturniers in Kolumbien war, seine Energie auf dem Platz in die richtigen Bahnen zu lenken. Den passenden Mix aus intuitiven, individuellen Aktionen und mannschaftsdienlichem Spiel zu finden, darum wird es in den nächsten Jahren für Matheus Cunha gehen. Labbadia sagt: "Es gilt, das noch strukturierter hinzubekommen, gleichzeitig aber seine individuelle Qualität plus das, was er oft aus dem Bauch heraus macht, beizubehalten."
Der nächste Schritt in seiner Karriere ist gelungen. Brasiliens Nationalmannschafts-Coach Tite hat Matheus Cunha erstmals für die Seleçao nominiert. Am 10. Oktober geht es in der WM-Qualifikation in Sao Paulo gegen Bolivien, am 14. Oktober in Lima gegen Peru. Matheus Cunha über ...
... die Nominierung für die Nationalelf: "Ich habe den Anruf bekommen, als ich im Hotel war und mich mit Hertha auf das Frankfurt-Spiel vorbereitet habe. Es war nach dem Essen, ich wollte mich kurz erholen. Dann kam der Anruf. Ich habe mich riesig darüber gefreut. Ich habe sofort angefangen, vor Freude zu weinen. Dann habe ich meiner Familie Bescheid gesagt, und wir haben alle gemeinsam vor Freude geweint. Ich bin sehr, sehr happy. Das ist ein Traum, der wahr geworden ist."
Ich habe sofort angefangen, vor Freude zu weinen.
Matheus Cunha zu seiner Nominierung für die Seleçao
... den Kontakt zu den Nationalmannschafts-Kollegen: "Es gibt eine Whatsapp-Gruppe. Ich habe reingeschrieben, dass ich mich freue, jetzt dabei zu sein. Und Neymar hat direkt geantwortet: 'Willkommen!' Er ist ein Idol für mich."
... die mäßige Leistung gegen Frankfurt: "Vielleicht wollte ich nach der Nominierung für die Seleçao zu viel. Wir haben es insgesamt nicht so gut gemacht: offensiv nicht, defensiv nicht. Wir wollten eine Leistung wie zuvor in Bremen zeigen. Das hat leider nicht geklappt. Aber der Trainer hat unsere Fehler angesprochen. Wir wollen es schon gegen Bayern besser machen. Ich will mit meiner Energie und meiner Ausstrahlung die anderen anstecken."
... das Bayern-Spiel am Sonntag: "Das ist ein sehr wichtiges Spiel für uns. Sie haben alles gewonnen. Wenn sie alles richtig machen, sind sie klarer Favorit. Man hofft auf Fehler und auf ein gutes Ergebnis. Dafür müssen wir viel arbeiten."
... seine Entwicklung in Berlin: "Ich habe hier mehr Verantwortung übernommen als in Leipzig. Das macht etwas mit einem. Ich bin reifer geworden auf dem Platz. Und sowohl technisch als auch taktisch lernt man immer mehr von neuen Trainern. Man wächst in jeder Hinsicht."
... sein Jahr: "Es war bisher für mich persönlich ein sehr positives Jahr. Ich bin im Winter zu Hertha gewechselt, bin zum ersten Mal Vater geworden und jetzt bei der Seleçao dabei. Das ist ein Traum. Aber das hört hier nicht auf. Ich will bei Hertha weiter die Mannschaft unterstützen: auf dem Platz und auch außerhalb."
Paris St. Germain? "Mein Kopf ist in Berlin"
... den vermeintlichen Flirt mit Paris Saint-Germain im Sommer: "Das waren Gerüchte, das war kein richtiges Thema. Ich persönlich hatte keinen Kontakt nach Paris. Ich bin bei Hertha und von hier aus gerade in die Seleçao eingestiegen. Mein Kopf ist in Berlin."
... sein Ziel mit Hertha: "Ich versuche, jeden Tag besser zu werden. Ich will hart dafür arbeiten, damit Hertha auf den Platz kommt, den dieser Klub verdient. Mein Ziel ist es, mit Hertha europäisch zu spielen. Das wünsche ich mir und der Mannschaft. Hertha gehört in der Tabelle ganz oben hin."