Bundesliga

Bayer Leverkusen: Es geht um 72 Millionen Euro

Verträge von gleich sieben wichtigen Profis enden 2021

Leverkusen: Es geht um 72 Millionen Euro

Wertvoll: Karim Bellarabi, Kevin Volland und Wendell (von links) sind drei, deren Verträge 2021 auslaufen.

Wertvoll: Karim Bellarabi, Kevin Volland und Wendell (von links) sind drei, deren Verträge 2021 auslaufen. imago images

Für diese Strategie gibt es einen guten Grund: Möchte man doch nicht durch (zu) spätes Handeln unter Zugzwang und Druck geraten, wenn andere Klubs um dann sonst relativ bald ablösefreie Leverkusener Spieler buhlen.

Allerdings hat Bayer 04, seitdem Simon Rolfes im November 2018 zum Sportdirektor befördert wurde, nur zwei Kontrakte verlängert: mit Ersatzkeeper Ramazan Özcan (35) und Mittelfeldspieler Julian Baumgartlinger (32). Ansonsten blieb auch der in der ersten Saisonhälfte 2018/19 gestartete Versuch, Charles Aranguiz (30) über den Juni 2020 hinaus zu binden, bislang ohne Erfolg. Daran hat auch die durch die Pandemie (vermeintlich) verbesserte Position im Poker mit dem Strategen bislang nichts geändert, der erneut mit für hohe Gehälter bekannten türkischen Klubs wie Galatasaray und Fenerbahce in Verbindung gebracht wird.

Die Position der Profis wie Volland und Bellarabi ist sehr stark

Jetzt stellt sich die Situation für die Leverkusener knifflig dar. Mit Ausnahme des FC Bayern, der als europäischer Topklub eine viel stärkere Position besitzt, laufen bei keinem Verein der oberen Tabellenhälfte die Verträge so vieler und gleichzeitig so hochwertiger Profis aus wie in Leverkusen. Als da wären:

Kevin Volland (27): Mit dem Stürmer, der im Herbst den Berater wechselte, wollte Bayer im September verlängern, doch die damals vorangeschrittenen Gespräche wurden nicht fortgesetzt. Mit neun Treffern und neun Assists in der Liga hat Volland seinen Marktwert hochgeschraubt. Jetzt müsste Bayer bei einer Vertragsverlängerung sein Gehalt deutlich anheben. Und das ausgerechnet in Zeiten der Pandemie, in denen Experten sinkende Gehälter erwarten. Volland, den die Premier League reizt, besitzt eine extrem starke Position, kann er doch auf eine Erholung der Wirtschaftslage 2021 warten und dann auch noch von seiner Ablösefreiheit profitieren.

Karim Bellarabi (30): Der Rechtsaußen ist seit seiner Vertragsverlängerung 2016 Leverkusens Topverdiener. Den 30-Jährigen kann Bayer aktuell nur mit einem längeren Vertrag ködern. Zu seinem Topgehalt, das bei sechs Millionen Euro liegen soll, dürfte Bayer dies in der Krise nicht favorisieren. Auch für Bellarabi stellt seine mögliche Ablösefreiheit 2021 ein Pfund dar.

Wendell (26): Seit dieser Saison ist der Linksverteidiger nicht mehr gesetzt, da mit Daley Sinkgraven ein Konkurrent auf Augenhöhe geholt wurde, der bei Trainer Peter Bosz die besseren Karten hat. Der Brasilianer liebäugelte bereits wiederholt mit einem Wechsel. Dass er sich frühzeitig an Bayer bindet, ist angesichts seines wackeligen Status eher unwahrscheinlich.

Lars Bender (30): Der Kapitän stellt einen Sonderfall dar. Ob er seine Karriere 2021 fortsetzen möchte, gilt als unklar, hat der Rechtsverteidiger doch erklärt, nur weiterzumachen, wenn sein Körper mitspielt. In dieser Saison hat er sich stabilisiert. Ob Bayer ihn für 25 Einsätze plus x pro Spielzeit über 2021 hinaus einplanen kann, ist in jedem Fall fraglich.

Sven Bender (30): Der Abwehrchef gehört zu den Eckpfeilern der Mannschaft, die Bosz eigentlich nie aus der Startelf nimmt. Der Führungsspieler wird seine Zukunft auch davon abhängig machen, wie stark Bayer sich künftig aufstellt. Gehen nicht zu viele Leistungsträger, dürfte er bei weiterhin hohem Gehalt zu halten sein.

Aleksandar Dragovic (29): Der Innenverteidiger wollte die Werkself schon im Winter verlassen. Dem österreichischen Nationalspieler boten sich diverse Optionen, die er absagen musste, weil Bayer ihm kein Wechselsignal gab. Die Chance auf eine ordentliche Ablöse für den einst 17 Millionen Euro teuren Akteur dürfte mit den Folgen von COVID-19 für den Markt nun endgültig dahin sein. Eine Verlängerung kann für ihn aufgrund seines Reservistenstatus und für Bayer angesichts von fünf weiteren in der neuen Saison unter Vertrag stehenden Innenverteidigern sowie dem Bemühen um Nizzas Malang Sarr (21) keine wirkliche Option darstellen.

Julian Baumgartlinger (32): Der Sechser, auf dessen Position große Konkurrenz herrscht, verlängerte in dieser Saison nur um eine weitere Spielzeit. Zu ähnlichen Konditionen wäre dies wieder möglich. Ansonsten dürfte Österreichs Kapitän 2021 ablösefrei einen guten Markt haben.

Bayer und Rolfes haben einige Baustellen zu schließen. Zwar stellt der Tabellenfünfte mit dem Werk im Hintergrund in Krisenzeiten einen der sichersten Arbeitgeber dar, doch auch durch die Pandemie ist der Klub in eine ungünstige Postion geraten. Er muss jetzt in der Krise entweder hohe Gehälter offerieren, Spieler auf einem eher schwachen Markt verkaufen oder deren ablösefreien Wechsel 2021 riskieren - und das bei inklusive Aranguiz acht Profis, die insgesamt 72 Millionen Euro Ablöse kosteten.

Dieser Artikel ist zuerst in der kicker-Ausgabe vom 14. April erschienen. Den kicker als E-Magazine gibt es hier für nur 99 Cent pro Woche.

Stephan von Nocks