Der Zeitplan ist abgesteckt. Voraussichtlich am 1. Oktober wird Antonio di Salvo erstmals als Cheftrainer die Nominierung des U-21-Kaders vornehmen. Sechs Tage später und fünf Tage vor der Partie in Ungarn darf di Salvo sein Debüt gegen Israel ausgerechnet in seiner Geburts- und Heimatstadt Paderborn feiern. "Das sind Geschichten, die der Fußball so schreibt", sagte 42-Jährige am Freitag bei seiner digitalen Antrittspressekonferenz und freut sich auf eine besondere Partie "mit viel Unterstützung von Familie und Freunden".
Grundsätzlich will di Salvo die unter seinem bisherigen Chef und Vorgänger Stefan Kuntz gestartete Erfolgsstory (EM-Titel 2017 und 2021, EM-Finale 2019) fortschreiben und dabei auf Bewährtes setzen. "Es gibt erst mal keinen Grund, etwas zu ändern. Wir waren extrem erfolgreich, haben im Trainerteam viel diskutiert und immer gemeinsame Entscheidungen getroffen. Das hat Stefan hervorragend gemacht, uns gut mit eingebunden. Diesen Weg will ich fortführen - mit meinem eigenen Stil, meinem Ansatz und meiner Persönlichkeit."
Bei der Sicht auf Fußball gebe es viele Ähnlichkeiten zu Kuntz, so di Salvo, der jedoch beispielswiese zurückhaltender ist als sein bisheriger Chef, kein extrovertierter Frontmann wie Kuntz. Es wird also vor allem in der Ansprache an die Spieler, im Coaching an der Seitenlinie und in der medialen Begleitung Unterschiede geben. "Ich werde meine eigenen Geschichten erzählen, mit anderer Wortwahl und einem anderen Humor", betonte di Salvo.
Unser Ziel ist es immer auch, Trainer weiterzuentwickeln.
Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften
Der Ex-Stürmer sei auf der DFB-Entscheidungsebene schnell als "A-Lösung" in den Fokus geraten, verriet Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften: "Unser Ziel ist es immer auch, Trainer weiterzuentwickeln. Wir arbeiten seit 2013 mit Toni und haben auch viel in ihn investiert. Über Fortbildungen, Hospitationen und seine Co-Trainerjobs bei der U 19 und U 21 hat er viel Wissen generiert, das ihm, dem gesamten deutschen Fußballsystem und zuletzt natürlich vor allem der U 21 zugutegekommen ist." Chatzialexiou lobte vor allem di Salvos Gegneranalysen und Ansprachen. Schon länger sei eine Cheftrainerrolle im DFB für di Salvo als nächsten Schritt angedacht gewesen, die Beförderung nach dem Kuntz-Abgang "ist für uns die logische Konsequenz".
Ein "Weiter so" im besten Sinn
Das liegt auch am guten Verhältnis di Salvos zum Trainerteam der A-Nationalmannschaft. Assistent Marcus Sorg war zu di Salvos DFB-Einstieg dessen Cheftrainer bei der U 19 und Bundestrainer Hansi Flick sorgte 2016 als damaliger Sportdirektor für die Beförderung des früheren Stürmers zur U 21. Gute Voraussetzungen für eine reibungslose Kommunikation zwischen den beiden wichtigsten Männer-Mannschaften im Verband. Chatzialexiou ist zudem davon überzeugt, dass di Salvo den besonderen Spirit in der U 21 weiterleben lasse.
Es soll also ein "Weiter so" im besten Sinn sein - mit etwas anderen Akzenten. So ist nominell der neue Co-Trainer Hermann Gerland der Eins-zu-eins-Ersatz für Kuntz im U-21-Trainerteam und bringt wie der neue türkische Nationaltrainer vor allem das Element Erfahrung ein. Die Verpflichtung des langjährigen Bayern-Assistenten ist ein echter Glückgriff für den DFB. "Es wäre bescheuert gewesen, ihn nicht zu fragen", sagte Chatzialexiou und schwärmte von der Reaktion des Urgesteins auf die entsprechende Anfrage: "Es ist bezeichnend, dass Hermann gesagt hat, dass er dem Fußball insgesamt etwas zurückgeben möchte und sich tierisch freut, wieder mit den Top-Talenten in der U 21 zusammenarbeiten zu können. Das zeigt seine Bescheidenheit und seine Einstellung zu der Aufgabe und wie er als Mensch und Typ ist."
Gerland hat mit zahlreichen Toptrainern wie Heynckes, Guardiola, van Gaal, Ancelotti und zuletzt Flick kooperiert und könne daher laut Chatzialexiou als "Mentor im Trainerteam fungieren und Toni auf seinem Weg begleiten". Der Austausch mit Gerland sei auch für alle anderen U-Trainer ein "riesiger Mehrwert".
Streich lobt "sehr stabilen Faktor" Gerland
Lob für diese Verpflichtung gibt es auch vom dienstältesten Trainer der Bundesliga, Freiburgs Christian Streich: "Es ist super, wenn der Hermann dabei ist. Er ist eine totale Autorität und war über Jahre ein sehr stabiler Faktor bei den Bayern, hat ihnen total gutgetan." Di Salvo, der 2001 kurz unter dem Trainer Gerland als Spieler bei den Bayern Amateuren aktiv war, freut sich auf einen "anderen Blick auf den Fußball" sowie die direkte, offene und ehrliche Art, mit der Gerland Dinge auch mal anders anspreche.
An Klartext wird es innerhalb des neuen U-21-Trainerteams also sicher nicht mangeln. Wenngleich sich di Salvo überzeugt davon zeigt, dass es künftig nicht allzu viel Anlass zur Kritik geben wird und trotz, oder gerade wegen der vielen Erfolge in der Kuntz-Ära nicht allzu viel Last auf seinen Schultern verspürt: "Da ich vorher schon Teil des Teams war, ist der Druck nicht ganz so groß. Ich gebe mein Bestes und bin sehr zuversichtlich, dass es erfolgreich sein wird."