Wo packt man am besten an? Gar keine so einfache Frage, wenn es um die Zukunft des Frauen-Fußballs geht. Klar ist jedenfalls: "Wir müssen mehr Veränderungen wagen." Das jedenfalls betont Tabea Kemme. Die ehemalige Nationalspielerin und aktuelle Präsidentschaftskandidatin bei Turbine Potsdam beteiligt sich deswegen als Referentin und Moderatorin bei der Auftaktveranstaltung der Female-Football-Academy, die der kicker als Medienpartner begleitet. Zwei Tage lang geht es bei der Digital-Konferenz im Rahmen der "re:publica" um die Professionalisierung und Ausrichtung des Frauen-Fußballs.
Female Empowerment, Diversität und Gleichstellung
Beim ersten Aufschlag am Freitag kommen neben Kemme unter anderem die Ex-Nationalspielerin und Botschafterin der Laureus-Stiftung, Nia Künzer, und die US-amerikanische Trainerin Aliceann Wilber zu Wort. Die Themen: Female Empowerment, Diversität und Gleichstellung im Fußball. Wie können Frauen mehr Anerkennung erfahren? Wie kann der Sport professioneller aufgestellt werden?
Denn der Stand der Dinge ist nicht zufriedenstellend. Mädchen zwischen acht und zehn Jahren hätten etwa überwiegend Männer als Vorbilder, erklärt etwa Lisa Kalina von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Streams von Frauen-Spielen im Netz seien außerdem oft unwürdig inszeniert, hätten nicht einmal einen Kommentator, bemängelt die Sportjournalistin Nina Probst. Und Kemme nimmt auch die eigenen Kolleginnen in die Pflicht: Selbst manche Nationalspielerin sei sich ihrer Vorbildfunktion nicht bewusst. Dass viele Spielerinnen trainieren wie Profis, zusätzlich aber noch Vollzeitjobs ausüben müssen, komme hinzu.
Vor allem müssen wir ermöglichen, dass alle Mädchen einen Zugang zum Sport finden.
Nia Künzer
Wo also anfangen, mit der Veränderung? "Vor allem müssen wir ermöglichen, dass alle Mädchen einen Zugang zum Sport finden", fordert Künzer. Da gehe es nicht einmal darum, welche Sportart am Ende ausgeübt werde. Kemme appelliert an mehr Sendungsbewusstsein. Der Frauen-Fußball müsse mehr und bessere Geschichten anbieten und einen konkurrenzfähigen Markt anbieten. Gleichzeitig sollen sich mehr ehemalige Profi-Kickerinnen auch nach der Karriere in Klubs und Verbänden engagieren. "Ich finde es traurig, überhaupt über eine Quote sprechen zu müssen", sagt die 29-Jährige. "Aber wieso sind denn so wenige Ehemalige im Business?", fragt Kemme und sieht einen "steinigen Weg" vor sich: "Die Angebote dafür werden einfach nicht geschaffen." Türen würden von innen zugehalten. Auch deswegen drängen Kemme und Co. auf mehr Verantwortung im Fußball. "Die Dominanz von Männern ist nicht zukunftsfähig", glaubt Künzer.
Diese Veränderung will die Female-Football-Academy am Samstag weiter anstoßen und für mehr Anerkennung und Professionalisierung werben. Ab 16 Uhr folgt der nächste Teil der Veranstaltung. Themen sind unter anderem Sponsoring im Frauen-Fußball, Training und Menstruation sowie die Integration von Frauen-Abteilungen in (Männer-)Vereine.