Die Favoritenrolle ist vor den beiden Relegationsduellen zwischen Bremen und Heidenheim klar verteilt - und zumindest für Werder-Trainer Florian Kohfeldt keine Bürde: "Grundsätzlich bin ich lieber Favorit als Underdog", erklärte der Fußballlehrer auf der Pressekonferenz am Mittwochvormittag, "weil es impliziert, dass man vieles in der eigenen Hand hat."
Allerdings schickte Kohfeldt gleich hinterher: "Entscheidend dabei ist, dass wir den Fokus haben, die Spannung halten und unsere Qualität auch auf den Platz bringen." Die deutliche Botschaft: Während ein Großteil des Publikums Werders Klassenerhalt nur noch als Formsache betrachtet, muss den Beteiligten bewusst bleiben, dass diese Haltung ein fataler Trugschluss wäre.
Ich habe die Befürchtung, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck vorherrscht: Es ist fast schon geschafft.
Werder-Manager Frank Baumann
Das betont auch Manager Frank Baumann: "Ich habe die Befürchtung, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck vorherrscht: Es ist fast schon geschafft. Wir haben in den letzten Tagen versucht, da gegenzusteuern. Wir brauchen in beiden Spielen eine absolute Topleistung." Immerhin: Mit Blick auf die Einstellung seiner Profis plagen Kohfeldt keinerlei Bedenken: "Hier ist keiner, der Heidenheim unterschätzt. Wir haben nach wie vor das Gefühl der totalen Anspannung, der totalen Fokussierung. Wir stehen nach wie vor mit dem Rücken zur Wand. Aber wir waren in dieser Saison schon so häufig weg, haben so viele Täler durchschritten und zu Recht so viel Kritik bekommen. Wir empfinden es als Geschenk, diese zwei Spiele jetzt noch machen zu dürfen. Und wir wollen es so was von unbedingt zu Ende bringen..."
Coach holt sich Rat bei erfahrenen Kollegen
Der 4:1-Erfolg gegen Heidenheim im Pokal Ende Oktober sei "lange her", streicht Kohfeldt heraus, und ohnehin "so nicht wiederholbar". Denn: "Heidenheim ist ein sehr herausfordernder Gegner mit Waffen, die uns wehtun können." Konkret nennt der Coach "vor allem die Spielverlagerung, aber auch Standards, zweite Bälle, physische Präsenz und Geschwindigkeit in der Offensive sowie Mannorientierung und sehr, sehr gutes Zweikampfverhalten gegen den Ball". Bei ihm persönlich, gibt Kohfeldt Einblick in sein Innenleben, sei "die Anspannung sehr, sehr hoch. Noch höher als in den letzten Wochen."
Ein Grund zur Sorge sei das jedoch nicht: "Grundsätzlich mag ich Alles-oder-Nichts-Situationen." Gleichwohl habe er sich auch individuell so akribisch wie möglich vorbereitet, sich bei zwei erfahrenen Kollegen, die bereits Relegationsspiele bestritten haben, Rat eingeholt: "Ich bin immer noch ein junger Trainer, der solche besonderen Spiele noch nicht erlebt hat. Da sollte man nicht arrogant sein. Deshalb habe ich versucht, mich zu informieren." Prompt bestätigt wurde Kohfeldt dabei in dieser Einschätzung: "Es werden keine taktischen Fragen entscheiden. Sondern Mentalität, Intensität und die Bereitschaft, dem Druck standzuhalten."
Groß ist Favorit als Vogt-Ersatz
Und ein bisschen Aufstellungspoker gehört im Vorfeld sicher auch dazu. Ob Niclas Füllkrug wie gegen Köln wieder in der Startelf steht? "Weiß ich noch nicht", sagt Kohfeldt. Ob Marco Friedl links hinten weiter den Vorzug vor Ludwig Augustinsson erhält? "Offen." Und wer den gelb-gesperrten Kevin Vogt ersetzt? "Das weiß ich schon, sage es aber nicht." Infrage kommen vorrangig Christian Groß und Philipp Bargfrede. Letztgenannter, so viel ließ Kohfeldt immerhin durchblicken, könne aber "noch keine 90 Minuten spielen". Was prinzipiell erst einmal für Groß spricht, zumal dieser über die gesamte Saison betrachtet definitiv zu den zuverlässigsten Werder-Profis zählte.