kicker: Herr Zobel, Sie spielten von 1970 bis 1976 für Bayern München. Jahre, die geprägt waren vom Zweikampf mit Mönchengladbach. Wie haben Sie diese Rivalität erlebt?
Rainer Zobel: Eigentlich immer positiv. Das waren herausragende Spiele und ich habe eigentlich immer gut gespielt.
kicker: Was war Ihr bestes Spiel?
Zobel: Ein 3:0-Sieg in Gladbach in der Saison 1972/73. Da habe ich, glaube ich, auch ein Tor gemacht. Johnny Hansen, Franz Krauthausen und ich. Nach einem Motivationstrick von Udo Lattek.
kicker: Wie sah der aus?
Zobel: Der las uns in der Mannschaftssitzung vor, was Weisweiler über uns gesagt hat.
kicker: Nämlich?
Zobel: Er verglich die beiden Mannschaften. Gladbach hätte genauso viele Nationalspieler und die Nicht-Nationalspieler von Gladbach seien besser als die von Bayern. Johnny Hansen war kein deutscher Nationalspieler, Krauthausen und ich auch nicht.
kicker: Das hat genügt?
Zobel: Wir wollten das nicht auf uns sitzen lassen und Weisweiler zeigen, wo der Hammer hängt.
Wir wollten Weisweiler zeigen, wo der Hammer hängt.
Rainer Zobel
kicker: Sie trafen auch im Dezember 1973 nochmal, beim 4:3 in München. Diese Partie galt lange Zeit als bestes Bundesligaspiel aller Zeiten. Überraschenderweise waren Sie per Kopf zum 3:2 erfolgreich...
Zobel: Ja, das war ein Kopfballtor und ein Klassespiel, aber ich war nicht so gut wie damals in Gladbach.
kicker: Kopfballtor Zobel? Das war doch eher ungewöhnlich.
Zobel: Ja, aber nur, weil ich nicht so oft so weit vorne war. Trotz meiner geringen Körpergröße von 1,76 Meter war ich kopfballstark. Sprungkraft hat mit Schnelligkeit zu tun. Ich war schnell, konnte gut hochspringen und war deshalb eingeteilt nach Franz Beckenbauer und "Katsche" Schwarzenbeck den drittstärksten Angreifer bei Flanken im eigenen Sechzehner zu übernehmen.
kicker: In diesen Jahren wurde der Mythos Mönchengladbach geboren. Was zeichnete Borussia damals aus?
Zobel: Sie haben attraktiv nach vorne gespielt, hatten mit Netzer, Heynckes, Danner und Simonsen überragende Offensivkräfte. Sie hatten noch mehr. Wir hatten Gerd Müller und dann Uli Hoeneß. Wir brauchten nicht ganz so viele. Gerd hat eigentlich gereicht. Die Gladbacher waren damals die Fohlen. Sie waren relativ jung, aber ich bin mir nicht ganz sicher, das müsste man mal nachprüfen, ob wir Bayern nicht sogar jünger waren.
Die Fohlen waren älter als die Bayern
kicker: Der Faktencheck aller eingesetzten Spieler zum Stichtag 30. Juni 1974 ergibt für die Saison 1973/74 tatsächlich ein leichtes Plus für Bayern (25,5 Jahre im Schnitt) gegenüber Gladbach (25,6).
Zobel: Dabei haben Sepp Maier und Johnny Hansen den Schnitt etwas kaputtgemacht. Aber ich hatte mit Jupp Heynckes bei Hannover gespielt, der ist älter als ich. Paul Breitner ist jünger als ich, Hoeneß ist drei Jahre jünger, Beckenbauer, Müller sind nur drei Jahre älter als ich. Daher meine Vermutung.
Den Schnitt dieses Alkoholpegels hat nur Viggo Jensen kaputtgemacht. Er hatte sich bereiterklärt, als einziger nichts zu trinken.
Rainer Zobel über das 0:5 gegen Gladbach
kicker: Ein großes Thema dieser Jahre war 1974 das letzte Bundesligaspiel. Einen Tag nach dem Sieg im Wiederholungsspiel des europäischen Landesmeister-Finales gegen Atletico Madrid musste die Partie in Mönchengladbach stattfinden. Wie hoch war der Pegel noch nach den Feierlichkeiten?
Zobel: Den Schnitt dieses Alkoholpegels hat nur Viggo Jensen kaputtgemacht. Er hatte sich bereiterklärt, als einziger nichts zu trinken.
kicker: Warum?
Zobel: Er musste Jupp Heynckes bewachen. Der war der Einzige, der Gerd Müller noch überholen hätte können als bester Torjäger.
kicker: Heynckes traf beim 5:0-Erfolg aber zweimal.
Zobel: Ja, aber damit zog er mit den 30 Treffern von Gerd nur gleich. Die kicker-Torjägerkanone bekamen beide. Jensen hat seine Aufgabe also fast erfüllt. Aber was willst du machen, alleine gegen eine ganze Mannschaft?
Zwei Stunden vor Anpfiff: Mit Bier den Gladbach-Fans zugeprostet
kicker: Wie waren denn die anderen Bayern so drauf?
Zobel: Der Rest war eigentlich nicht so richtig da. Wir hatten noch vor dem Parkhotel in Mönchengladbach nach der Ankunft mit dem Bus aus Brüssel zu Mittag gegessen. Die Zuschauer strömten vorbei auf dem Weg ins nahegelegene Stadion und wir haben denen um 13.30 Uhr, zwei Stunden vor dem Anstoß, mit Bier zugeprostet. Die Euphorie nach dem Sieg im Pokal der Landesmeister war riesig. Die Fans waren unglaublich verständnisvoll, haben uns nicht beschimpft. Sie waren einfach glücklich, dass eine deutsche Mannschaft das mal geschafft hat. Es war eine tolle Atmosphäre. Heute wäre das nicht mehr möglich.
kicker: Sie haben nicht begonnen, kamen erst zur Halbzeit...
Zobel: ... ich saß auf der Bank und bin eingeschlafen. Den Spielanfang habe ich noch mitbekommen, dann kam ein halbhoher Ball auf Breitner, der nicht wusste, wie er den annehmen soll und ins Aus gehen ließ.
kicker: Was hat Udo Lattek gemacht, als er Sie schlafend neben sich sitzen sah?

Nach den Trainerstationen beim moldawischen Erstligisten FC Milsami und beim ägyptischen Erstligisten FC El Gouna sucht er nun Ruhe in seinem Haus in Braunschweig: Rainer Zobel. imago
Zobel: Er hat mich zur Halbzeit geweckt. Wir waren ja alle total daneben. Ich musste dann gegen Hacki Wimmer spielen. In Gladbach war immer auf einer Seite Schatten. Da habe ich zu Hacki gesagt, lauf nicht so viel und geh vor allem mit mir in den Schatten. Das haben wir dann gut durchgezogen. Es fiel nur noch ein Tor.
kicker: Zurück zum Ernst. Wie geht's am Samstag aus?
Zobel: Auf Augenhöhe sind die Gladbacher noch nicht. Aber ein Spiel kann man schon mal drehen. Bayern will sicherlich gewinnen. Mal schauen, ob und wie Pep Guardiola mit Blick auf die Champions League rotieren lässt. Wenn Bayern mit der vollen Mannschaft spielt, hat Gladbach keine Chance. Eventuell geht was über Konter ....
kicker: Ihr Ergebnistipp?
Zobel: 3:1 für Bayern.