Seit dem 10. April 1994 warteten die Hamburger auf einen Heimdreier gegen die Niedersachsen. Bis zum 2:0 am Sonntag. Vor einer Woche hatte das 1:0 zum Jahresauftakt in Nürnberg das Ende der Auswärtsmisere bedeutet. Zuvor hatte St. Pauli letztmalig im Februar des alten Jahres in der Fremde gewonnen (3:1 in Ingolstadt), nun also ist auch der Heimfluch gegen 96 gebannt.
Hürzeler nimmt es mit einem Lächeln zur Kenntnis und sagt dann das, was Trainer an solchen Stellen eigentlich immer sagen: "Es geht uns nicht um Serien." Doch der Ex-Assistent von Timo Schultz sagt noch deutlich mehr als Trainer nach zwei Siegen am Stück mitunter sagen. Nämlich, dass ihm immer noch etwas fehlt. "Es geht darum, dass wir daran arbeiten, wie wir noch besser Fußball spielen können."
Seine Analyse nach dem ersten Sieg in Franken klang noch wie das Verlesen einer einzigen Mängelliste. Nach dem zweiten Dreier ohne Gegentor bekrittelte er eigentlich nur die Anfangsphase: "Wir sind wie gegen Nürnberg nicht gut ins Spiel reingekommen, sind aber mutig geblieben."
Entscheidender Mut
Jenen Mut bei eigenem Ballbesitz hatte er vor einer Woche noch vermisst, am Sonntag nun war er entscheidend für das erste Tor. Wie vom Chef gefordert, hatte sich St. Pauli riskant aus dem eigenen Strafraum heraus nach vorn kombiniert und bei einer Ballverarbeitung von Eric Smith auch ein wenig Glück gehabt - entstanden ist aus der Spieleröffnung aber der Abschluss von Oladapo Afolayan und der Abpraller, den Lukas Daschner zum 1:0 verwertet hat.
"Danach", lobt der Coach, "waren wir sehr präsent, ich habe viele Dinge gesehen, die mir gut gefallen haben." Das "Aber" indes folgt: "Nach der Gelb-Roten Karte gegen Hannover sind wir nicht konsequent genug auf das dritte Tor gegangen."
Hürzeler macht mit seiner Arbeitsweise und seinen Analysen deutlich, dass er die beiden Auftaktsiege lediglich als Startschuss betrachtet. Bei seinen Spielern rennt er damit offene Türen ein. Sie registrieren, dass sein Stil trotz des mutigen Spielaufbaus jene Stabilität erzeugen kann, die über ein gesamtes Kalenderjahr gefehlt hat.
Das war ja eher ein Thema der Medien.
Lukas Daschner zum Abstiegskampf und St. Pauli
"Wir haben die Abläufe jetzt drin", sagt Lukas Daschner, "das ist etwas, was uns in der Hinserie etwas gefehlt hat." Der Offensivallrounder, von Hürzeler gestärkt, zieht auch die letzten beiden Vorbereitungsspiele gegen Mönchengladbach (1:0) und Midtjylland (0:0) hinzu und sagt: "Wir sind jetzt vier Mal in Folge ohne Gegentor geblieben. Das ist der Schlüssel."
Und ein Befreiungsschlag im Abstiegskampf. In dem, versichert der ehemalige Duisburger indes, haben sich die St. Paulianer aber nie so richtig gesehen. "Das war ja eher ein Thema der Medien. Wir wussten immer, dass wir die Qualität haben, jeden Gegner zu schlagen."
Jetzt wird diese auch wieder sichtbar und Daschner kündigt an: "Wir haben noch nicht genug. Wir wollen jetzt auch am nächsten Sonntag gewinnen." Dann kommt Kaiserslautern ans Millerntor. Der Aufsteiger hat fünf Partien in Folge gewonnen. Es könnte also wieder eine Serie beendet werden. Wenn auch dieses Mal nur die des Gegners.