Nach dem Niederschlag von Sandhausen vor einer Woche hatte Daniel Thioune noch den angeschlagenen Boxer gegeben. "Wir sind auf die Bretter gegangen, aber wir werden wieder aufstehen." Donnerstagabend, nach der nächsten Bewerbung für ein viertes Jahr im Unterhaus, wirkte Hamburgs Trainer wie ein geschlagener Boxer. Weil der HSV liegengeblieben ist. Das 1:1 gegen arg ersatzgeschwächte Karlsruher kommt dem K.-o. im Aufstiegskampf gleich.
"Es macht keinen Sinn mehr, über die Mannschaften um uns herum zu reden. Wir brauchen nicht über Dinge zu reden, die sich nicht realisieren lassen, wenn wir keine Fußballspiele gewinnen." In der Rückrunde hat seine Elf dies gerade drei Mal getan - und kam gegen den KSC trotz kurzzeitiger Führung nicht ernsthaft für Sieg Nummer vier in Frage.
Thioune scheint vorerst gescheitert zu sein
Deshalb muss über andere Dinge geredet werden. Auch über den Trainer. Der war im Sommer mit der Ankündigung angetreten, dass niemand mehr wissen solle, wie der HSV spielt. Er wollte weg von der vorherigen Berechenbarkeit, wollte seinem Kader Resistenz vermitteln. In der entscheidenden Saisonphase war nichts von dem zu sehen, der schlimme Vortrag gegen die Badener war so etwas wie das Ausrufezeichen unter die jüngsten Minusleistungen. Thiounes Elf ließ weder eine Spielidee erkennen, noch war sie nervlich der Aufgabe, gewinnen zu müssen, gewachsen. Schon wieder nicht. Der Trainer beschönigt in seiner Analyse nichts. "Wir haben keine Räume gefunden, unser Spiel mit Ball war nicht gut. Es war offensichtlich, dass uns die Leichtigkeit gefehlt hat. Ich darf dem nicht widersprechen, dass wir einen Rucksack aufhaben. Das sieht jeder. Diese fehlende Leichtigkeit im Kopf macht die Beine schwer."
Uns hätte nach der privilegierten Position nach der Hinserie eine ordentliche Rückserie gereicht.
Daniel Thioune
Thioune ist es als drittem Trainer nacheinander nicht gelungen, einen HSV-Kader nach starker Hinrunde durch die entscheidende Rückserie zu führen und er sagt selbst: "Uns hätte nach der privilegierten Position nach der Hinserie eine ordentliche Rückserie gereicht." Es ist bis hierhin eine desaströse geworden. In der Rückrunde spielten die Hansestädter in 14 Spielen sieben Mal unentschieden und verloren vier Mal.
Michael Mutzel und Jonas Boldt wollen grundsätzlich dennoch mit ihrem Trainer in die kommende Spielzeit gehen, doch die dramatische Fehl-Entwicklung auf nahezu allen Ebenen zwingt sie förmlich zu einer tiefergehenden Analyse. Denn offensichtlich ist: Der Ex-Osnabrücker hat in den zurückliegenden Wochen auch bei der Personalauswahl oft danebengelegen: In Sandhausen und Regensburg scheiterte sein Ansatz, fußballerische Lösungen zu suchen, gegen den KSC versuchte er es mit der körperlichen Komponente. Und ausgerechnet Klaus Gjasula, der seine Daseinsberechtigung beim HSV vor allem wegen seiner Zweikampfführung hat, verlor das Luftduell vorm Karlsruher Ausgleich leichtfertig.
Ulreich fehlen "die Grundtugenden"
Sven Ulreich deutet derweil an, dass dem HSV aus seiner Sicht eben nicht nur die vom Coach angesprochene Leichtigkeit fehlt, sondern noch sehr viel mehr. "Die Grundtugenden haben uns gefehlt", schimpfte der Keeper am "Sky"-Mikrofon, "die Zweikampfführung hat einfach nicht gestimmt. So wie wir in die Zweikämpfe gehen, kann man es in der 2. Liga nicht machen." Mit dieser Aussage konfrontiert, kontert Thioune: "Da widerspreche ich meinem Torhüter."
In der Analyse einer am Ende wohl wieder einmal verkorksten Spielzeit muss der Trainer mehr als nur Einsprüche liefern. Sonst könnte er am Ende doch in den Seilen hängen, obwohl seine Bosse eigentlich noch eine zweite Runde anstreben.