2. Bundesliga

HSV-Coach Walter im Angriffsmodus

Klare Kritik an den Kritikern - "In Deutschland wird nur das Negative gesehen"

HSV-Coach Walter im Angriffsmodus

HSV-Coach Tim Walter.

HSV-Coach Tim Walter. IMAGO/Michael Schwarz

Seine Analysen nach den Niederlagen in Kaiserslautern (0:2) und Magdeburg (2:3) hatten sich geähnelt. Weil zuvor auch die Ursachen für die Pleiten identisch waren: Er bekommt seine Mannschaft derzeit nicht konstant stabilisiert. Seine Erklärung dafür ist: "Wir müssen die gesamte Rückrunde über improvisieren, haben Ausfälle, müssen immer wieder umstellen, das ist anders als in der Hinserie."

Der Einwand des 47-Jährigen ist fraglos berechtigt, aber: Spitzenreiter Darmstadt beispielsweise begleiteten schwerwiegende Ausfälle bereits durch die gesamte Spielzeit, und das wiederum wirft zwei Fragen auf: Passt der Trainer der Lilien seine Ausrichtung besser auf die personellen Rückschläge an? Oder ist der Kader der Hessen, obwohl deutlich günstiger, besser komponiert?

Walter: " Unser Spielstil hat uns dahin gebracht, wo wir sind"

Die Fragestellung gibt den sportlichen Verantwortungsträgern, also sowohl Walter als auch Sportvorstand Jonas Boldt Aufgaben auf, die nach Saisonende beantwortet werden müssen. Kurzfristig soll die Mannschaft wieder in die Spur kommen, ohne dass der Kurs gewechselt wird. Dass er die aufkommende Kritik am Spielstil und an fehlender Balance nicht nachvollziehen kann, hat Walter am Mittwoch einmal mehr artikuliert. Und dass er an seinen Prinzipien festhalten wird, ebenfalls. "Unser Spielstil hat uns dahin gebracht, wo wir sind."

Und aus dieser Antwort ergibt sich die nächste Frage: Der HSV ist aktuell Dritter - ist das mit dem teuersten Zweitliga-Kader tatsächlich ein Erfolg? Oder ist es angesichts des vier-Punkte-Vorsprungs auf Heidenheim noch am 21. Spieltag eine Enttäuschung? "Ich bin Überzeugungstäter", sagt Walter, "wir alle sind Überzeugungstäter. Die Mannschaft steht dahinter, wie wir Fußball spielen, sonst würde sie nicht so spielen, wie sie spielt."

Doch genau die Art, wie sie spielt, wirft weitere Fragen auf. Sie kann attraktiv und mitreißend nach vorn agieren, schon seit Jahresbeginn und der Sperre von Mario Vuskovic aber klemmt der Rückwärtsgang bedenklich. Walter entgegnet dem: "Wir müssen noch konsequenter in den einzelnen Aktionen sein." Er verweist auf das zweite Gegentor in Magdeburg und die eingehaltene Positionierung in der Entstehung: "Gruppentaktisch haben wir es da richtig gemacht, waren in Überzahl. Es war eigentlich unmöglich, aus der Situation ein Tor zu kassieren."

Folglich fordert er: "Jeder Einzelne muss sich noch mehr an die eigene Nase fassen, noch intensiver an seinem Zweikampfverhalten arbeiten." Und doch bleibt der Eindruck: Wenn es immer an dem gleichen mangelt, sollten mögliche Veränderungen zumindest eine Option sein.

Walters Beliebtheitswerte innerhalb der Hansestadt waren lange Zeit deutlich höher als die außerhalb. Die HSV-Anhängerschaft honorierte seine klare Haltung, seine Unerschrockenheit, mit der er eine lange vermisste Mentalität im Kader erzeugt hat. Inzwischen kommen Zweifel auf, ob der Trainer tatsächlich vor allem verdammt konsequent oder nicht doch auch verdammt stur ist. Seine Reaktion auf die Konfrontation mit den kritischen Stimmen, lässt beide Lesarten zu. "Wir sind intern so klar und einig, wir lassen alles von außen gar nicht an uns ran. Es interessiert mich nicht."

"Wir sehen das Positive"

Völlig desinteressiert an der öffentlichen Meinung indes wirkt Walter doch nicht. "In Deutschland ist es Gang und Gäbe, das Negative zu sehen. Aber anders als es hier üblich ist, sehen wir das Positive. Wir glauben ans uns. Ja, es sind vier Punkte Rückstand nach oben. Aber es sind auch sechs Punkte Vorsprung nach hinten." Was hinter ihm in der Tabelle passiert, hatte der Coach noch vor wenigen Wochen beteuert, interessiere ihn nicht. Die Zeiten haben sich geändert in Hamburg. Tabellarisch sowieso. Und wenn nach dem direkten Duell mit Paderborn der Blick nach hinten noch bedeutender werden sollte, weil der Vierte womöglich den Abstand verkürzt hat, spätestens dann würden sich die Zeiten auch atmosphärisch ändern.

Sebastian Wolff

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