Bundesliga

Hertha hofft auf Jetzt-erst-recht-Effekt - "Wir hadern nicht, wir kämpfen"

Jarstein zwischenzeitlich im Krankenhaus - Klub-Boss Schmidt rechnet mit 14 Tagen Quarantäne

Hertha hofft auf Jetzt-erst-recht-Effekt - "Wir hadern nicht, wir kämpfen"

Herths BSC setzt nach den drei Spielabsagen auf einen Zusammenhalt im Team.

Herths BSC setzt nach den drei Spielabsagen auf einen Zusammenhalt im Team. imago images

"Die Ereignisse haben sich in den vergangenen zwei Tagen überschlagen", sagte Carsten Schmidt, der Vorsitzende der Geschäftsführung von Hertha BSC, am Freitagmittag in einer digitalen Medienrunde. "Wir hadern nicht mit dieser Situation, wir nehmen sie an und werden kämpfen, um unser Mindestziel - den Klassenverbleib - zu sichern. Unsere Gedanken sind jetzt in erster Linie bei unseren erkrankten Trainern und Spielern."

Am Donnerstagvormittag hatte der Klub, bei dem vor zwei Wochen bereits Rune Jarstein an COVID-19 erkrankte, die Corona-Infektionen von Cheftrainer Pal Dardai, Co-Trainer Admir Hamzagic und Stürmer Dodi Lukebakio öffentlich gemacht. Zudem wurde neben dem Trio auch Co-Trainer Andreas Neuendorf als Kontaktperson 1. Grades in häusliche Isolation geschickt. Nachdem nach dem Training am Donnerstag auch bei Marvin Plattenhardt die PCR-Testung ein positives Ergebnis ergeben hatte, beorderte das zuständige Gesundheitsamt Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf das komplette Team, den Staff und die engsten Mitarbeiter rund um die Mannschaft für 14 Tage in häusliche Quarantäne. Am Donnerstagabend hatte der Liga-Fünfzehnte bei der DFL die Absetzung der drei nächsten Spiele (Mainz/A, Freiburg/H, Schalke/A) beantragt, dem hat die DFL inzwischen stattgegeben. DFL und Verein sind seit dem Freitagmorgen im Austausch über die Neu-Terminierungen.

Friedrich über Jarstein: "Rune hat es am schwersten erwischt"

Während Dardai ("Schlappheit und Gliederschmerzen") und Lukebakio nach Angaben von Sportdirektor Arne Friedrich nur über leichte Symptome klagen und Hamzagic leichtes Fieber hat, hatte Jarstein einen vergleichsweise schweren Verlauf und hohes Fieber. "Rune", sagte Friedrich, "hat es am schwersten erwischt. Er musste zwischenzeitlich ins Krankenhaus." Der Sportdirektor geht "nicht davon aus", dass der norwegische Torhüter in dieser Saison nochmal eingreifen kann. Wer am Anfang der Infektionskette stand, ist aus Friedrichs Sicht "schwer nachzuverfolgen". Jarstein zog sich nach der Rückkehr von der norwegischen Nationalmannschaft, wo er im Spiel gegen die Türkei zur Halbzeit über Unwohlsein geklagt und um seine Auswechslung gebeten hatte, nach Klub-Angaben in der Kabine separiert von der Mannschaft um und trainierte vorwiegend regenerativ - ehe er sich nach positivem Test in Isolation begab.

Ich bin der Trainer mit der kürzesten Laufbahn der Bundesliga-Geschichte.

Arne Friedrich

Friedrich hatte die Übungseinheit am Donnerstag geleitet, assistiert von U-23-Coach Malik Fathi. "Ich hatte mich darauf eingestellt, die Mannschaft in den nächsten drei Spielen zu betreuen", sagte Friedrich, der im Besitz der Trainer-A-Lizenz ist. "Dann wurde das nochmal getoppt. Ich bin der Trainer mit der kürzesten Laufbahn der Bundesliga-Geschichte." Da es Dardai relativ gut geht, wird er sich beim geplanten digitalen Training des Teams einbringen. Friedrich konzentriert sich wieder auf die Rolle als Sportchef und hat zusammen mit dem Stab bereits veranlasst, dass die Profis in ihren Wohnungen Fahrräder und Laufbänder erhalten. Zudem ist für Freitagabend ein virtuelles Meeting, das via Teams abgehalten werden soll, geplant. "Wir wollen ein digitales Live-Training machen und digitale Treffen initiieren", sagte Friedrich. "Es ist extrem wichtig, den Zusammenhalt, den wir in den letzten Wochen verbessert haben, aufrechtzuerhalten. Es gibt kein Lamentieren, wir werden gestärkt da rausgehen." Auch CEO Schmidt kündigte an: "Wir werden in einem wettbewerbsfähigen Zustand in die Rest-Saison gehen. Es geht für uns um sehr viel. Ich habe volles Vertrauen in das Team um das Team herum, die Motivation ist maximal." Schmidt verspürt nach eigenen Worten "einen Jetzt-erst-recht-Spirit" und hofft, "dass der bei den Spielern ankommt".

Hertha-Boss Carsten Schmidt (hier ein Archivfoto von 2019) geht von 14 Tagen Quarantäne für die Mannschaft aus.

Hertha-Boss Carsten Schmidt (hier ein Archivfoto von 2019) geht von 14 Tagen Quarantäne für die Mannschaft aus. imago images

Berichten, wonach das Gesundheitsamt Charlottenburg-Wilmersdorf im Fall neuer Corona-Fälle die Team-Quarantäne über den 29. April hinaus verlängern werde, widersprach der Hertha-Boss. "Wir haben das mit dem Gesundheitsamt geklärt", sagte Schmidt. "Sollte es neue Fälle in der Quarantäne-Frist geben, muss nur die betroffene Person eine Verlängerung der Isolation antreten und nicht die ganze Gruppe. Wir richten uns auf 14 Tage Quarantäne ein."

Schmidt: "Wir sind keine Ausnahme"

Nachdem nach immer neuen Fällen in der 2. und 3. Liga Corona jetzt auch mit voller Wucht die Bundesliga im laufenden Betrieb erreicht hat, räumte Schmidt auf kicker-Nachfrage ein: "Ich mache mir schon Gedanken, dass wir in eine Situation kommen, die wir schwer beherrschen." Eigene Versäumnisse sieht Hertha nicht, im Gegenteil. "Wir haben alle Forderungen im Rahmen des DFL-Hygiene-Konzeptes eingehalten oder sogar übertroffen", erklärte Friedrich und verwies darauf, tägliche Schnelltests bereits während der Länderspielpause im März eingeführt zu haben, noch ehe die DFL sie am 1.4. zur Pflicht erklärte. Auch Schmidt betonte: "Deutschland hatte gestern den zweithöchsten Tageswert mit Neu-Infizierungen in diesem Jahr. Das Risiko wird größer. Wir sind keine Ausnahme, obwohl das DFL-Hygiene- und Verhaltenskonzept von uns jeden Tag sehr seriös umgesetzt wurde und wird und dieses Konzept sehr tragfähig ist."

Steffen Rohr