Bundesliga

Hertha BSC und die Last Olympiastadion

Der Spieltagskommentar von Chefreporter Oliver Hartmann

Hertha BSC und die Last Olympiastadion

Die Laufbahn sorgt für Distanz: das Olympiastadion in Berlin.

Die Laufbahn sorgt für Distanz: das Olympiastadion in Berlin. imago

Lediglich 40.385 Fans kamen trotz bestem März-Wetter zur Partie gegen Ingolstadt. Mit einem Zuschauerschnitt von bislang knapp 46.000 Besuchern liegt Hertha noch unter dem des Vorjahres (47.324), als es bis zum letzten Spieltag – wie so oft in letzter Zeit – ums sportliche Überleben in der Liga ging.

Jetzt aber ist der Klub drauf und dran, in die Champions League einzuziehen, was ihm vor der Saison niemand zugetraut hätte. Unter Pal Dardai, der vor 13 Monaten eine verunsicherte und in ihren Mitteln arg limitierte Truppe übernommen hatte, hat sich eine Mannschaft entwickelt, die fußballerische Lösungen präsentiert, die entschlossen, passicher, zweikampfstark und kreativ auftritt.

Spielbericht

Auch die Darbietung gegen den starken Aufsteiger Ingolstadt, der mit seinem aggressiven Pressing schon viele Kontrahenten vor Probleme stellte, war ein Beleg für Herthas Reife. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass dem Führungstreffer von Genki Haraguchi ein Foulspiel von Per Skjelbred an Dario Lezcano vorausging . Warum der unmittelbar daneben stehende Referee Patrick Ittrich dies nicht ahndete, behielt er leider für sich.

Die schwächste Stadion-Auslastung im Ligavergleich

zum Thema

Zurück zu Hertha und der Frage, warum sich die alte Dame so schwer tut, die Massen in der Hauptstadt zu mobilisieren. Der Zuschauerschnitt in den vergangenen Jahren ist immer in der gleichen Größenordnung, egal wie die Mannschaft spielt, egal ob sie oben oder unten steht. Hertha unterschreitet im Saison-Mittelwert die 40.000er-Marke nicht, kommt aber auch nicht über 50.000 hinaus. Mit dem aktuellen Schnitt kann sich Berlin gerade noch in der oberen Tabellenhälfte der Liga halten, mit nicht einmal 70 Prozent ist das Olympiastadion die im Ligavergleich am schwächsten ausgelastete Arena.

kicker-Chefreporter Oliver Hartmann

Ein Kommentar von kicker-Chefreporter Oliver Hartmann

Womit gerade das der entscheidende Grund für Herthas Fanproblematik ist. Die denkmalgeschützte, knapp 76.000 Besucher fassende Arena mit ihrer beeindruckenden Architektur ist eine wunderbare Bühne für die großen Spiele, der passende Rahmen für ein DFB-Pokalfinale oder den Länderspiel-Klassiker am Samstag gegen England. Für den Bundesliga-Alltag aber ist das Stadion nicht mehr zeitgemäß, sondern ungemütlich, kalt und zugig, es wirkt auch bei 40.000 Besuchern eher halbleer denn halbvoll.

Im Olympiastadion kann Hertha seinem Ziel, sexy zu wirken und neue Fans anzulocken, auch in Zukunft nicht entscheidend näherkommen.

kicker-Chefreporter Oliver Hartmann

Durch die Laufbahn herrscht eine Distanz zwischen Spielfeld und Fans, in der nur schwerlich der Funke überspringt. Im Olympiastadion kann Hertha seinem Ziel, sexy zu wirken und neue Fans anzulocken, auch in Zukunft nicht entscheidend näherkommen. Das kann der Verein nur mit einem neuen Stadion erreichen, einer reinen Fußball-Arena wie sie von Hamburg bis München die Konkurrenten haben.

Vor acht Jahren, zum Ende der Ära Dieter Hoeneß, beschäftigte sich der Klub intensiv mit dem Gedanken eines Neubaus, kündigte die Erstellung einer Machbarkeitsstudie an. Die beiden Abstiege 2010 und 2012 sorgten dann aber dafür, dass sich die Verantwortlichen um Präsident Werner Gegenbauer und Manager Michael Preetz mit anderen, existenzbedrohenden Sorgen auseinandersetzen mussten. Die Stadion-Pläne verschwanden in der Schublade. Jetzt aber wäre ein guter Zeitpunkt, sie wieder herauszuziehen und sich mit der Vision eines Neubaus zu befassen. Denn der Mietvertrag fürs Olympiastadion läuft im nächsten Jahr aus.