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Heinle: "Wir wollen mit dem Ball etwas anfangen können und nicht einfach umeinanderpuffen"

Der angezählte Ried-Trainer im Interview

Heinle: "Wir wollen mit dem Ball etwas anfangen können und nicht einfach umeinanderpuffen"

Angezählt: Ried-Trainer Christian Heinle. 

Angezählt: Ried-Trainer Christian Heinle.  GEPA pictures

Herr Heinle, die SV Ried ist Letzter, die Fans sind unzufrieden. Wie stressig ist es gerade für Sie?

Das gehört in gewisser Weise zum Trainerberuf dazu. Aber ich bin total am Kämpfen, weil ich unbedingt will, dass es funktioniert. Für mich und das Trainerteam ist extrem wichtig, dass wir jeden Tag voller Elan an die Sache herangehen und vorangehen. Das ist unsere Aufgabe.

Müssen Sie derzeit noch mehr arbeiten als sonst?

Es sind schon lange Abende und Tage, aber ich habe den Aufwand, den ich mir auferlege. Und der ist nicht größer als sonst. Ich arbeite jeden Tag daran, dass wir besser werden, dabei gibt es Phasen, die erfolgreicher oder weniger erfolgreich sind.

Haben Sie Verständnis für die Unzufriedenheit der Fans?

Es ist natürlich bitter, wenn die Tabellensituation so ist. Ich verstehe die Fans, dass sie damit nicht zufrieden sind, denn wir sind es auch nicht. Unser Job ist es, auch losgelöst vom Ergebnis unser Spiel inhaltlich zu bewerten, um es zu verbessern und wieder in positive Resultate ummünzen zu können. Daran arbeiten wir jede Minute, um auch unsere Fans wieder ins Boot zu holen. Die sind in Ried überragend und unterstützen uns so gut es geht, wenn sie merken, dass wir alles geben. Wenn ich das LASK-Spiel hernehme, haben wir mit Ausnahme der letzten zwei Minuten gegen einen starken Gegner ein gutes Spiel gemacht. Und ich muss schon auch sagen: Wir sind im Verein mit drei Zielen in die Saison gestartet. Erstens: Wir wollten im Cup so weit wie möglich kommen und stehen jetzt im Halbfinale. Zweitens: Wir wollten jungen Spielern aus der eigenen Akademie und aus der 2. Liga die Möglichkeit geben, in Ried erstmals Bundesliga zu spielen. Hier ist schon viel weitergegangen. Aber natürlich ist das wichtigste Ziel, dass wir den Klassenerhalt schaffen.

Wir wissen aus den vorigen Jahren, dass in der Quali-Gruppe jedes Spiel ein Endspiel ist. Wir haben das zweimal hintereinander positiv gemeistert - dennoch kämpfen wir auch bis dorthin um jeden Punkt.

Christian Heinle

Sie wurden zuletzt für Ihre Aussage, dass Ried erst in der Qualifikationsrunde "scharf" sein muss, kritisiert. Wie haben Sie das gemeint?

Das war völlig aus dem Kontext gerissen. Ich war nach der Hartberg-Niederlage extrem enttäuscht und habe dann sinngemäß gesagt, dass wir bis zur Teilung jeden Punkt mitnehmen müssen und wenn dann unsere Verletzten Ziegl, Stosic und vielleicht Sahin-Radlinger wieder fit sind, hundertprozentig scharf sein müssen. Es wurde mir dann so ausgelegt, als ob es wurscht wäre, was bis dahin passiert. Aber das kann man uns wirklich nicht vorwerfen. Ich habe eine sehr gründliche Herbstanalyse gemacht, habe mir wirklich jede Phase im Spiel mit hunderten Szenen noch einmal genau angeschaut, um herauszufinden, woran es liegt, dass wir gewisse Situationen nicht lösen konnten. Die Analyse habe ich der sportlichen Leitung vorgelegt. Unterm Strich war es die fehlende Dynamik. Daran haben wir in der Vorbereitung drei Monate lang gearbeitet. Und die Statistik der ersten Spiele zeigt auch, dass wir schon deutliche Fortschritte gemacht haben. Aber dann haben wir gegen Hartberg vier Hunderter, müssen zur Pause klar führen und spielen dann eine wirklich schlechte zweite Halbzeit und das Spiel kippt noch. Wir wissen aus den vorigen Jahren, dass in der Quali-Gruppe jedes Spiel ein Endspiel ist. Wir haben das zweimal hintereinander positiv gemeistert - dennoch kämpfen wir auch bis dorthin um jeden Punkt.

Ried hat mit Abstand die wenigsten Tore geschossen. Fehlt es auch an Qualität im Angriff?

Wir wissen, das wir ein gewisses Personal zur Verfügung haben und dass dieses Personal gut genug ist, um in der Bundesliga zu bestehen. Aber wir haben aufgrund der fehlenden Dynamik in den Umschaltphasen zu viele Chancen verpuffen lassen. Wir haben auch die meisten Stangenschüsse in der Liga und am Anfang der Saison hatten wir eine Phase, da hatten wir mehr Rote Karten als Tore. Das hat auch nicht geholfen.

Christoph Monschein kommt auch in Ried nicht auf Touren, beim LASK hat man das Spielsystem dafür verantwortlich gemacht. Woran liegt es jetzt?

Man kann sicher nicht sagen, dass er zu wenig Chancen bekommen hat. Er hat im Herbst von 16 Spielen 14 gemacht und dabei zwei Tore geschossen. Beide aus Elfmetern, wobei er einen dritten Elfer noch verschossen hat. "Monschi" ist in einer Phase, wo es ihm nicht leicht von der Hand geht. Wenn er einmal ein Tor macht, werden auch die nächsten Tore kommen. Aber er muss die Tore auch erzwingen. Am Spielstil liegt es nicht. Gerade gegen den LASK hätte er eine Konterchance gehabt, hat es aber durch einen schlechten ersten Kontakt verabsäumt, alleine aufs Tor zu ziehen. Für ihn heißt es wie für den Rest der Mannschaft - hart weiterarbeiten.

Der LASK präsentiert seine neue Heimstätte

Vorgeworfen wird Ihnen auch, dass Sie zu spät wechseln. Tatsächlich haben Sie als einziger Bundesliga-Trainer in dieser Saison noch kein Tor eingewechselt.

Was soll ich zu dieser Statistik sagen? Wir haben ja insgesamt nur 13 Tore geschossen. Ich weiß, dass im Cup gegen Horn Chabbi als Wechselspieler getroffen hat. In der Liga hat er zweimal die Stange getroffen. Ich kann nur sagen, dass Start- und Wechselspieler immer alles geben. Wir kommen zu vielen Chancen, tun uns aber schwer beim Verwerten. Aber wir werden deshalb nicht Trübsal blasen.

Was ist der Grund, dass Routinier Julian Wießmeier zuletzt auf der Tribüne Platz nehmen musste?

Es war das erste Mal, dass Julian auf der Tribüne war. Und es hatte nichts mit Trainingsleistungen zu tun. Wir haben im Cup gegen den Sport-Club zwei Ausfälle gehabt, die beide zurückgekommen sind. Ich wollte nicht vier Flügelspieler auf der Bank haben und habe mich aufgrund unserer Grundausrichtung und der Art, wie wir den LASK erwartet haben, für Pomer und Lutovac entschieden. Aber ich weiß, dass Wießmeier ein Top-Profi ist und sowohl im Training als auch in den Spielen wieder aufzeigen wird.

Erfreulich waren bisher die Leistungen von Jonas Wendlinger im Tor. Dennoch mussten Sie sich auch Fragen gefallen lassen, wozu Sie dann Strebinger geholt haben.

Ich bin froh, dass er sich für uns entschieden hat, weil wir noch einen erfahrenen Torhüter dazuholen wollten. Er kann aufgrund seiner Erfahrung mit Drucksituationen umgehen und ist außerdem ein sehr positiver Typ. Er hat sieben Monate kein Spiel gemacht, aber er ist jetzt so weit, dass er sofort spielen könnte. Aber Jonas Wendlinger hat seine Sache bisher sehr gut gemacht, es gibt keinen Anlass, jetzt zu wechseln.

Keine Ahnung, ich habe es auch nur gelesen. Mit mir hat keiner aus dem Präsidium darüber gesprochen.

Christian Heinle über sein "Spiel der letzten Chance".

Es war zu lesen, dass das Spiel in Salzburg am Sonntag Ihr "Spiel der letzten Chance" wird. Ist das überhaupt eine Chance?

Keine Ahnung, ich habe es auch nur gelesen. Mit mir hat keiner aus dem Präsidium darüber gesprochen. In Salzburg hängen die Trauben natürlich hoch, wir haben nach einem neuerlichen Kreuzbandriss keine leichte Situation. Aber wir werden als Team zusammenstehen und trotzdem hinfahren, um etwas mitzunehmen. Mehr als probieren können wir nicht.

Sie sind jetzt seit jetzt rund einem Jahr Cheftrainer. Unter Ihrem Vorgänger Heraf war man zwar mit der Punkteausbeute zufrieden, nicht aber mit dem Spielstil. Wünschen ihn sich einige wieder zurück, weil er zuletzt unter den Zuschauern gesichtet wurde?

Da müssen Sie die Personen schon selber fragen. Jeder Trainer hat seinen Spielstil, mit dem er glaubt, erfolgreich sein zu können. Heraf hat einen anderen Ansatz als ich und und ein anderer Trainer in der Bundesliga hat wieder einen anderen Ansatz. Das ist ja völlig legitim, sonst wäre ohnehin alles gleich. Aber ich habe in den zehn Spielen nach ihm im Schnitt nicht weniger Punkte gemacht als er und wir haben Sturm aus dem Cup geworfen. Ich bevorzuge eine aktive Art von Fußball. Ich habe lieber den Ball, als ihm ständig nachzulaufen. Ich weiß schon, man muss in allen Phasen gut sein und ich wurde am Anfang als Ballbesitztrainer abgestempelt. Aber mir ist es auch recht, wenn wir nur 30 Prozent Ballbesitz haben, wenn wir mit dem Ball etwas anfangen können und nicht auf Zufall aufgebaut umeinanderpuffen. Gegen den LASK war es so. Da hatten wir am Ende 33 Prozent Ballbesitz, aber viel mehr Chancen als der Gegner.

Wie soll es weitergehen, schaffen Sie den Turnaround?

Wir müssen es schaffen, alle wieder zu vereinen. Das Wichtigste ist, dass Ruhe einkehrt, weil wir Punkte holen. Nach Salzburg kommt die Austria, dann Altach und der WAC. Das sind schon Gegner, die wir an einem guten Tag auch schlagen können. Im Fußball zählen die Ergebnisse und wenn einer entscheidet, dass die Ergebnisse nicht gut genug sind, muss der Trainer gehen. Das ist so.

Interview: Horst Hötsch