DFB-Pokal

Holstein Kiel feiert Pokal-Coup: FC Bayern bald Gegner in Bundesliga?

Kiel feiert den Pokal-Coup mit Autokorso, Werner denkt an die Liga

Großer Jubel, großes Ziel: Die Bayern sollen wieder kommen

Die Helden einer historischen Nacht für Kiel: Fin Bartels und Ioannis Gelios.

Die Helden einer historischen Nacht für Kiel: Fin Bartels und Ioannis Gelios. imago images

Die Freude musste raus. Auch in Zeiten von Corona-Beschränkungen. Oder vielleicht gerade deshalb. Irgendwie. Also setzen sich Kiels Fußballanhänger am späten Mittwochabend um kurz vor Mitternacht in ihre Autos und fuhren zum Holstein-Stadion. Autokorso und Hupkonzerte statt Standing Ovations auf den Tribünen an einem Abend, an dem alles anders war: das Ergebnis, der Jubel. Ole Werner saß derweil im Inneren des Stadions auf der Pressekonferenz, verriet mit seinem Mienenspiel nur wenig über einen Pokalfight, den seine Störche gleichermaßen sensationell wie verdient mit 6:5 im Elfmeterschießen gegen den FC Bayern gewonnen hatten und fand treffende Worte. "Ich höre, was draußen los ist und kann mir denken, was es bedeutet. Es ist ein historisches Erlebnis für unseren Verein, und es ist schön, dass wir den Leuten eine Freude machen konnten in Zeiten, die uns alle viel abverlangen."

Holstein nutzte die Schwachstelle beim Rekordmeister

Der in der Nähe von Kiel geborene Coach hatte auch im Vorfeld die richtigen Worte gefunden. Und die richtigen Lösungen. Der Ausgleichstreffer durch Fin Bartels zum zwischenzeitlichen 1:1, verriet er, sei ziemlich exakt dem ausgearbeiteten Plan entsprungen. Mit einem langen Ball hinter die Kette. Er brach während dieser Analyse nicht in Triumphgeheul aus, weil er eine Schwachstelle beim Rekordmeister ausgemacht hatte, sondern erklärte nüchtern und sachlich: "Dass wir uns auf solche Spielsituationen vorbereitet haben, bringen ja auch die Kräfteverhältnisse mit sich. Es war klar, dass Bayern viel mehr Ballbesitz haben würde und wir früher als üblich den langen Ball einsetzen müssten." Doch Holstein hatte im auf dem Papier ungleichen Duell nicht nur den langen Ball im Repertoire, spielte mutig Fußball. Auch das war ein Plan des 32-Jährigen. "Ein Schlüssel war, dass wir es uns zugetraut haben." In jeder Phase. Nach dem unglücklichen, weil aus dem Abseits erzielten und von Ioannis Gelios begünstigten 0:1. Und nach dem traumhaften 1:2 durch Leroy Sané unmittelbar nach der Pause. "Wir sind immer bei uns und bei unserem Plan geblieben", schwärmte Werner von seinen Spielern.

Vor dem Stadion gab es einen spontanen Autokorso

Die Freude musste raus: Vor dem Stadion gab es einen spontanen Autokorso. Getty Images

Bartels: "Es ist unfassbar"

Dass Keeper Gelios in der Verlängerung zum Retter und schließlich zum Helden wurde, passt ebenso in diesen wundersamen Verlauf eines historischen Abends wie die Sternstunde von Bartels. Der hatte als Bundesligaprofi mit Hansa Rostock, St. Pauli und Werder Bremen bis zum Mittwoch sämtliche zwölf Aufeinandertreffen mit den Münchnern verloren, im 13. Anlauf spielte er als gebürtiger Kieler eine Hauptrolle: Erst stärkte er mit seinem 1:1 den Glauben ans Wunder, dann verwandelte er den entscheidenden Elfmeter. "Es ist unfassbar", rang der 33-Jährige nach Worten, "aber wir haben immer daran geglaubt."

Karlsruhe als "Herausforderung für den Kopf"

Holstein hat eindrucksvoll demonstriert, was möglich ist mit einem Kader, der in diesem Sommer punktuell verstärkt wurde, und Werner lässt deshalb auch keine Zweifel daran aufkommen, dass der Alltag nach dem Festtag im Fokus bleibt. "Wir müssen uns auf unser Kerngeschäft konzentrieren." Das heißt am Sonntag Karlsruhe, und der Coach ahnt: "Es wird eine Herausforderung für den Kopf nach diesem außerordentlichen Erlebnis, aber auch für den Körper. Das Spiel kann unsere Brust aber auch noch breiter werden lassen." Denn das Ziel des aktuell Dritten ist klar: "Wir wollen in der Liga was erreichen." Die Bayern sollen möglichst wieder kommen in der nächsten Spielzeit.

Sebastian Wolff